Da das Zeitfenster für die U4 geöffnet ist, musste ich mit dem Chefchen zum Kinderarzt.
Nach der Anmeldung betrat ich das Wartezimmer, in dem bereits zwei andere Frauen mit ihren Kindern warteten. Die eine hatte zwei Kinder dabei, denen sie aus einem Buch etwas vorlas, die andere ein Baby auf dem Schoß, das etwa so groß wie meines aussah.
„Hallo, Anne!“, begrüßte sie mich.
Ich war perplex. Ihre Maske machte es nicht einfacher, sie zu erkennen. In meinem Kopf rotierte es, bis ich zum Schluss kam, dass sie wohl im Geburtsvorbereitungskurs gewesen sein müsse. Das würde das Baby im ähnlichen Alter erklären, allerdings nicht, warum sie mich noch mit Namen kannte, und im weiteren duzte.
Ich kam aber nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn sie stellte mir ein paar Fragen zu meinem Baby, die ich knapp beantwortete, bevor sie mich volltextete, dass sie ihren Elias zur U5 brächte, und sein Vater zwar notgedrungen Unterhalt zahlen würde, sich darüber hinaus aber nicht um ihn kümmerte. Währenddessen versuchte ihr Elias mehrmals, aber vergebens, ihr die Maske vom Gesicht zu ziehen.
Kurz danach kam die Arzthelferin herein, und rief sie auf. Als jene den Nachnamen nannte, fiel bei mir der Groschen. Es war Natascha gewesen, die inzwischen Verflossene von meinem Schwager Norbert.
Dass ich sie nicht erkannt hatte, liegt wohl in erster Linie an meiner Gesichtsblindheit und der Maske, aber auch dass sie eine ganz andere Frisur hatte, ungeschminkt und ungestylt war, und Turnschuhe statt Plateauschuhen trug. Aus meiner Sicht sah sie also völlig anders aus, so dass ich sie überhaupt nicht mit dieser Person, die ich höchstens drei- oder viermal flüchtig getroffen (und ich erinnere mich noch nicht mal, dass wir per du gewesen wären) hatte, in Verbindung gebracht hatte.
Hm .. so wie ich das sehe, ist Elias der Cousin von Verena, Fiona, Lukas und dem Chefchen. Ich bin wohl seine Tante, weil mit seinem leiblichen Onkel verheiratet. Aber Natascha ist ganz bestimmt nicht die Tante vom Chefchen.
„Nahe Verwandte sind besser zu ertragen, wenn sie weiter weg sind.“ – Kalenderspruch
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So ähnlich geht es mir ja auch, aber ich fürchte, mit dieser Meinung sind wir in der Minderheit (so erscheint es zumindest, wenn man gerade hört, wie viele Leute sich wegen der Ausgangssperre und Kontaktbeschränkungen an Weihnachten aufregen).
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Selten hatte ich so eine gute Entschuldigung, Weihnachten ganz bei mir zu sein. Man muss nichtmal Krankheit vortäuschen (was einem ja immer das ungute Gefühl gab, dass das Universum das zu ernst nimmt und sich mit tatsächlicher Krankheit an den Feiertagen rächt). Unter diesem Gesichtspunkt (u.a., das führte allerdings jetzt zu weit) finde ich die Pandemie gar nicht so schlecht. Sekundärer Coronagewinn.
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Ja, zu schade, dass es vor zehn, fünfzehn Jahren diesen Vorwand nicht gab.
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Was für eine verkorkste Familie. Armes Kind. Deinem Schwager würde ich erstmal eine Ansage machen. (falls es tatsächlich so ist, dass er sich nicht kümmert)
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Wer weiß, was dafür die Gründe sind. Letzten Endes ist es Privatsache zwischen den Elternteilen. Da sollten sich Außenstehende nicht einmischen und schon gar nicht irgendwelche „Ansagen“ machen.
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Welche Familie?
Ich häng‘ mich da nicht rein, zumal ich auch viel zu wenig weiß, was da im Einzelnen abgelaufen ist.
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Ich wusste, woran mich der Titel erinnert:
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Genialer Sketch von Loriot. #MiddleFritham
An den hatte ich bei der Titelgebung aber gar nicht gedacht.
Hm .. vielleicht unbewusst doch ..?
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da steht wohl eine überarbeitung des stammbaums an 🙂 so kanns gehen.
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Ja, das habe ich noch für dieses Jahr vorgesehen. Vielleicht schaffe ich es sogar noch vor den Feiertagen.
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deine follower warten 😉
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Ein paar Tage Geduld, bitte.
Hab heute und morgen noch dringenderes zu erledigen.
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ja klar doch. immer 😉
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Hi Anne,
warte erstmal ab, wenn die Krabbel- und Kindergartengruppe loslegt. Da gibt es dann Gruppenzwänge und Lebensgeschichten, die du gar nicht wissen willst.
Zu Alleinerziehenden habe ich bereits eine Meinung. Und keine besonders gute, denn der Schritt, sich zu trennen, zeigt eine hohe Bereitschaft zu Egoismus und Verantwortungslosigkeit. Ein Phänomen, besonders in Städten.
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Ach, Plietschi, ich habe nicht vor, mich an solchen Gruppen zu beteiligen.
Hm, die Trennung ging (soweit ich das gehört habe) von Norbert aus.
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Beim Begriff „Alleinerziehend“ stellen sich meine Nackenhaare auf. Ein Kunstbegriff aus der untersten Etage der sozialistischen Grabbelkiste.
Vermeintlich erwachsene Menschen, die nicht zur ihrer Verantwortung als gemeinsame Eltern (denn unbefleckte Empfängnis gibt es nur in der Weihnachtsgeschichte) und Erziehungspflichtige stehen wollen oder meinen, ihre eigenen Trennungskonflikte auf dem Rücken ihrer Kinder austragen zu müssen.
Auch sehe ich nicht, warum die Gesellschaft „Alleinerziehenden“ einen besonderen Schutzstatus zugesteht, im Gegenteil. Niemand nimmt das Recht der Kinder auf zwei vollwertige Eltern angemessen wahr, stattdessen soll Unterstützung vom Staat elterliche Fürsorge ersetzen. In anderen Ländern ist der Default bei Trennung ein paritätisches Wechselmodell, dass beide Eltern in ihre Erziehungsverantwortung zwingt. In Deutschland tun wir so, als müssten wir Eltern vor all zu goßen Anforderungen durch ihre Kinder schützen und unterstützen (meistens Mütter) bei Aufopferungsirrtum und Missbrauch von Unterhaltsgeldern.
Wer ein Kind in die Welt setzt, der ist verantwortlich. Wer sich dieser Verantwortung entzieht (und dieser Entzug kann aktiv z. B. durch säumigen Unterhalt aber eben auch passiv z. B. durch brüske Ablehnung der Partnerrechte am Kind, gatekeeping, etc. erfolgen), der muss bestraft werden – wegen Kindesmissbrauch.
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Wobei der Fairness halber zu ergänzen ist, dass es auch Alleinerziehende gibt, die ohne eigenes Tun oder Unterlassen in diese Situation gekommen sind, z.B. durch Tod des Partners.
Diese sollten von der Gesellschaft durchaus weitestmöglich unterstützt werden.
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Ja, du hast natürlich Recht. Ich nehme caritative und z. B. kriminelles Tun entstandene Situationen da unbedingt aus, prognostiziere aber gleichzeitig, dass das nicht die Mehrheit der Fälle ist. Und ich glaube noch eines: insgeheim kennen die Betreffenden ihre Anteile ganz genau.
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LOL. Obacht!
https://breakpt.wordpress.com/2020/10/22/ich-bin-alleinerziehende-2458/
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Das hast du gut dargelegt. Und sei dir sicher, dass du damit auch ein Geächteter bist 🙂
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Damit kann ich gut leben 😉.
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