Wie langjährige Leser wissen, beteilige ich mich gerne an Blogparaden, wenn das Thema passt. Nicht nur die Anzahl, sondern auch das Niveau ist in den letzten Jahren leider erheblich zurückgegangen. Kürzlich bin ich dann doch wieder auf eine Blogparade gestoßen, die aber bereits morgen abläuft. Es war also gar nicht viel Zeit zur Vorbereitung. Insbesondere musste ich mich praktisch sofort entscheiden, ob ich mich noch daran beteiligen will.
Dabei iritierte es mich auch, dass es zur Teilnahme verlangt wird, auf zwei separate Aufrufseiten zu verlinken. Außerdem wurden ausdrücklich nur Frauen zur Teilnahme eingeladen, was ich schon als unangebracht sexistisch empfinde.
Die Fragestellung lautet: „Was kannst du?“
Das ist ein Thema, zu dem man durchaus etwas schreiben kann. Allerdings endeten die Seltsamkeiten damit noch nicht. Weiter im Text heißt es, dass man dies ja gar nicht „gut“ können müsse. Hallo? Was soll das? Wenn man etwas nicht wenigstens halbwegs gut kann, dann „kann“ man es eben nicht. Dieses „gut“ wäre eine Bewertung? Ja, und? Sonst dreht sich immer alles um Werte, aber hier sollen Bewertungen plötzlich unerwünscht sein?
„Können“ rangiert ja von ganz einfachen, banalen oder notwendigen Fähigkeiten („ich kann atmen“) über unnützen Kram („ich kann die Zunge längs rollen“) bis hin zu wirklich wichtigen und komplexen Fertigkeiten.
OK, dann werde ich einfach mal – wenn auch aufgrund der knappen Zeit nur quick’n’dirty – etwas zum Thema schreiben, so wie ich es verstehe.
Als Nerd bin ich gut mit Zahlen, denke strukturiert, systematisch, analytisch und logisch. Wenn es das Problem erfordert, kann ich von konkreten Sachverhalten wegabstrahieren. Dabei bin ich kreativ und findig.
Über berufsspezifische Fähigkeiten will ich mich hier gar nicht weiter auslassen, sondern schreibe eher über den ganzen Rest.
Ich kann stricken, auch wenn das in den letzten Jahren zu kurz gekommen ist. Häkeln, Knüpfen, Weben habe ich auch gemacht und könnte es wieder, wenn es nötig wäre. Was dagegen Nähen betrifft, habe ich in meiner Jugend zwar auch schon einfache Stücke genäht, würde es mir aber nicht mehr zutrauen. Ich habe da großen Respekt vor denen, die es tatsächlich können.
Meine Singstimme ist ganz nett, allerdings bin ich auch da aus der Übung. Ein bisschen Flöte konnte ich auch mal, habe es aber bei weitem nicht zur Virtuosität gebracht.
Grundsätzlich ist für Können halt auch Praxis nötig. Selbst wenn man Bewegungsabläufe erlernt hat, und nicht mehr vergisst, wird man ohne regelmäßigen Einsatz trotzdem keine Höchstleistungen erbringen können.
Früher konnte ich mal Horoskope erstellen. Ich schwelgte (damals noch ohne Computer) in Ephemeridentafeln und Auswertetabellen. Das machte ich in meiner Jugend just for fun, und selbstverständlich ohne dass ich an den Schmarren geglaubt hätte.
Vieles habe ich auch vergessen. Von Französisch und Spanisch sind nur noch noch kleine Wortschätze übrig. Immerhin kann ich noch einigermaßen im Präsenz konjugieren.
Sprachlich kann ich mich ziemlich gewandt ausdrücken (auch wenn ich gar nicht so selten korrekte Schreibung oder Synonyme nachschlagen muss).
Vor ein paar Jahren hätte ich noch explizit gesagt, dass ich nicht kochen kann. Inzwischen maße ich mir zwar noch nicht an, zu behaupten, dass ich es könne. Aber ich kriege doch schmackhafte Gerichte zustande, die uns allen schmecken. Das Kochen kostet halt viel Zeit.
Wie jeder gesunde Mensch, der dem Kleinkindalter entwachsen ist, kann ich selbständig und rechtzeitig Toilettengänge erledigen. Ich kann mit Messer und Gabel umgehen (allerdings nicht mit Stäbchen), und meine Nahrung zerkauen und runterschlucken. Ich kann lesen und schreiben, sogar griechische Buchstaben. Ich kann quadratische Gleichungen lösen. Ich kann Zöpfe flechten und Schleifen binden. Ich kann Papierschiffchen falten und den Daumen an zwei Gelenken einknicken.
Ich kann mich alleine beschäftigen, ohne dass ich dauernd Rückkopplung von anderen bräuchte. Langeweile bedeutet für mich nichts Negatives. Das sind Mußestunden für mich selbst.
Ich kann in vielen Situationen ruhig und gelassen bleiben, auch wenn um mich herum bereits Panik ausbricht.
Durchaus stolz bin ich auf die seltene Fähigkeit, Selbstkritik zu üben und auch mal über mich selbst lachen zu können.
Mit etwas mehr Zeit wären mir vermutlich noch mehr nennenswerte Fähigkeiten eingefallen, aber so belasse ich es dabei. Vollständig wird die Aufzählung eh nicht.
Außerdem möchte ich wirklich nicht darauf reduziert werden, was ich „kann“. Wichtiger ist doch, was ich „bin“. Mein Körper ist attraktiv und jugendlich schlank. Meine Haare sind lang, (wieder) dicht und glänzend. Meine Haut ist (im Wesentlichen) glatt und rein. Das alles ist in meinem Alter längst nicht mehr selbstverständlich. Das schafft man nur, wenn man auf seine Gesundheit achtet und seinen Körper wertschätzt.
Was schert es schon, ob ich Tensoren multiplizieren kann, oder ein animiertes Tortendiagramm auf einen device context male. Dass ich sexy und begehrenswert bleibe, ist von weit größerer Relevanz.