Fünf ominöse Störche auf einem Feld //2103

Es begann mit einem Routinebesuch beim Zahnarzt.
Meine letzte Röntgenaufnahme liegt schon etliche Jahre zurück. In den letzten paar Jahren hatte ich den Zahnarzt immer überzeugt, dass es „nächstes Jahr“ auch noch reicht. Schließlich will ich unnötige Strahlenexposition vermeiden. Aber diesmal gab ich nach.

Mein Zahnarzt macht das ja immer noch analog. Wenn es stimmt, dass keine Filme mehr produziert werden, wird er nicht drumherum kommen, sich in den nächsten Jahren umzustellen. Immerhin benutzt man dort noch die traditionellen Bleischürzen. Ich möchte meine Brüste eigentlich nicht der Sekundärstrahlung durch Fluoreszenz, die bei bleireduziertem Abschirmmaterial verstärkt vorkommt, aussetzen.
Die Assistentin fragte mich, ob ich schwanger sei. Sofern nicht der heilige Geist mitgemischt hat, konnte ich dies definitiv verneinen. Wenn es bis zur nächste Röntgenaufnahme wieder so lange dauert, war dies vielleicht das letzte Mal, dass ich diese Frage beantworten musste. Soweit ich das im Hinterkopf habe, ist bei 45 die vorgeschriebene Grenze, und soooo weit bin ich jetzt auch nicht mehr davon entfernt. Ich gebe ja zu, dass mich diese Frage früher genervt hat, aber andererseits ist sie mit Jugend, Fruchtbarkeit und sexueller Attraktivität verknüpft.

Als ich nach der Aufnahme noch ein paar Minuten auf den Zahnarzt warten musste, fiel mir urplötzlich ein, dass mein Kind jetzt fast fünf Jahre alt wäre. Ich überlegte, wie es wohl ausgesehen hätte .. ein Dreikäsehoch mit Carsten’s Augen, oder ein kleines, ruhiges Mädchen mit langen Haaren.
Ja, ich erinnere mich, wie ich mich gegen diese Schwangerschaft gesträubt hatte. Aber gerade dann, als ich mich damit abgefunden hatte, und auch allmählich die guten Seiten sah, war sie auch schon wieder zu Ende. Das hat mich damals sehr mitgenommen. Und jetzt stelle ich mir vor, wie mein Leben mit Kind verlaufen wäre.
Ich bin da äußerst zwiespältig. Es stimmt, dass ich nie Kinder wollte, und furchtbar genervt war, wenn meine Verwandten mich darauf ansprachen. Aber wenn das Ende der fruchtbaren Zeit sich naht, sieht die Sache halt dann doch ganz anders aus.
Die biologische Uhr tickt immer lauter und durchdringender.

Da gibt es immer noch die eingefrorenen Samenproben .. Ich hatte ja mal einen Aprilscherz damit gemacht. Inzwischen wäre es tatsächlich allerhöchste Eisenbahn! Schon bald wird es endgültig zu spät sein, wenn meine Fertilität auf 0 runter ist. Dann wäre diese Option unwiederbringlich dahin. Eine Chance verpasst.

Sollen wir vielleicht doch noch einen Versuch wagen? Da ist ein rein körperliches, hormonell gesteuertes Bedürfnis. Ein Kind würde mein Leben völlig auf den Kopf stellen. Nein, eigentlich will ich das nicht. Mein Kopf sagt eindeutig Nein. Mein Uterus dagegen ruft: „Nur her mit dem Sperma!“

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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12 Antworten zu Fünf ominöse Störche auf einem Feld //2103

  1. keloph schreibt:

    wer motiviert den uterus mit welchen argumenten? offensichtlich hat das schicksal mit euch anderes vor. ich glaube, dass man dem schicksal nicht entgehen kann, egal, was kopf oder bauch wollen.

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  2. Plietsche Jung schreibt:

    Lass es bleiben.
    Kinder werden erwachsen und verlassen das Haus. Sie kümmern sich nicht um ihre Eltern, schon gar nicht im Alter. Dies ist leider der erschreckende Ernst der Entwicklung.

    Der Spass mit dem Kind hört im Alter von 6 Jahren auf. Dann geht’s in die Schule, die Niedlichkeit ist dahin und die Sorgen steigen linear mit dem Alter des Kindes. Alle Eltern, die meinen, es sei anders. kennen die andere Seite der Kinderlosigkeit nicht besonders.

    Stimmt, ich kann es schon hören: Ich bin egoistisch. Aber sicher nicht kinderfeindlich. Ich geb sie nur wieder gern nach einer Zeit zurück. An ihre Eltern 🙂

    Deinen Uterus kannst du ja vielleicht anders überzeugen, wenn schon nicht intellektuell 🙂

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    • Ach, ich werd’s ja gar nicht umsetzen. Mit jedem Monat, der vergeht, sinkt sowieso die Wahrscheinlichkeit, dass es noch klappen könnte.
      Ich möchte halt nicht in ein paar Jahren bereuen, dass ich vielleicht etwas versäumt habe.

      Wie das mit großen Kindern ist, habe ich bei meinen Stieftöchtern genügend gesehen.

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