Welt im Chaos //1616

Über die Chaostheorie habe ich hier, soweit ich mich erinnere, noch nichts gebloggt.
Chaos kann immer dann entstehen, wenn Nicht-Linearitäten die Dynamik eines Prozesses bestimmen, also etwa bei Nicht-linearen Differentialgleichungen.
Das bedeutet, dass eine kleine Änderung im Anfangszustand große Änderungen im Endzustand bewirken kann. Allgemein gilt dafür der sogenannte Schmetterlingseffekt als gutes Beispiel: Der Flügelschlag eines Schmetterlings in Tokio kann am nächsten Tag das Wetter in London beeinflussen.
Deshalb sind chaotische Prozesse – sogar in einem deterministischen System, bei dem man sämtliche Zusammenhänge und Abhängigkeiten exakt kennt – nicht vorhersehbar und berechenbar. Während jedoch kleine Änderungen einen großen Einfluss haben können, sind chaotische Systeme gegenüber großen Änderungen relativ stabil.

Bei linearen Dynamiken ändert eine kleine Abweichung bei den Eingabeparametern nur wenig am Ergebnis. Das kann jeder bestätigen, der sich einmal mit Fehlerrechnung abgeben musste. Besonders einfach ist die Fehlerfortpflanzung bei Potenzprodukten zu berechnen, wo sich das Quadrat des relativen Fehler ergibt aus der Summe der Quadrate der mit den Potenzen gewichteten relativen Fehlern der Einzelfaktoren (eine gröbere Abschätzung für die Obergrenze des relativen Fehlers erhält man noch viel einfacher mit Hilfe der Dreiecksungleichung, indem man lediglich die Beträge aufsummiert).

Als einfaches Beispiel für das Entstehen chaotischen Verhaltens betrachten wir eine Folge von Zahlen. Dabei soll sich jede Zahl x[n+1] aus ihrem Vorgänger x[n] berechnen lassen als x[n+1] = 4 * x[n] * (1 – x[n]). n beginnt dabei mit einem Startwert, und wird bei jeder Iteration inkrementiert. x soll zwischen 0 und 1 liegen. Es ist einfach, dies mit einem Excel-Sheet darzustellen. Vergleichen wir ähnliche Startwerte x[0] wie beispielsweise 7/22, 1/pi und 1/sqrt(10), so laufen die folgenden Werte schon sehr schnell auseinander, und haben bald nichts mehr miteinander zu tun.
Jeder kann selbst einmal damit herumexperimentieren, was passiert, wenn man die Startwerte ändert, oder den multiplikativen Faktor 4 variiert.

Ich will nicht weiter ins Detail gehen mit Attraktoren und Bifurkationspunkten, oder wie Fraktale entstehen.
Der eigentliche Grund, warum ich das gerade heute blogge, ist ein ganz anderer.
Das Leben stellt auch manchmal auf unvorhergesehene Weisen seine Weichen. Ein kleines Versehen einer dritten Person kann das Leben zweier anderer völlig umkrempeln, ohne dass irgendjemand dies vorher hätte erahnen können.
So geschehen heute vor sechs Jahren. Mit den Konsequenzen müssen wir uns immer noch tagtäglich auseinandersetzen.


Beispieltabelle:
(Oben steht jeweils der Startwert n0, in den Tabellenzellen darunter ist bei Excel =4*R[-1]C*(1-R[-1]C) einzugeben.)

n x0 = 1/√(10) x0 = 1/π x0 = 7/22
0 0.316228 0.31831 0.318182
1 0.864911 0.867955 0.867769
2 0.46736 0.458437 0.458985
3 0.995738 0.99309 0.993271
4 0.016974 0.027449 0.026735
5 0.066742 0.106781 0.104079
6 0.24915 0.381515 0.372987
7 0.748298 0.943846 0.93547
8 0.753393 0.212004 0.241462
9 0.743168 0.668233 0.732632
10 0.763477 0.88679 0.783529
11 0.722319 0.401573 0.678446
12 0.802298 0.961249 0.872628
13 0.634464 0.148999 0.444594
14 0.927677 0.507192 0.987721
15 0.268368 0.999793 0.048514
16 0.785386 0.000828 0.184642
17 0.674218 0.003307 0.602197
18 0.878592 0.013186 0.958223
19 0.426672 0.052047 0.160128
20 0.978492 0.197353 0.537947

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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14 Antworten zu Welt im Chaos //1616

  1. Plietsche Jung schreibt:

    Oh, ich steh auf Mandelbrot Fraktale und Apfelmännchen 🙂
    Damals auf dem 386/486 war es selbst mit CoPro ein Geduldsspiel.
    Aber schön und … faszinierend.

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  2. idgie13 schreibt:

    Über Fraktale bin ich zum Programmieren gekommen. Hab sogar meine Facharbeit in der 12. darüber geschrieben in LK Mathe.

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