Hundertzweiunddreißig

Ich habe die dritte Jour fixe Besprechung hinter mich gebracht.
Diesmal waren die Mitarbeiter der IT-Abteilung fast vollzählig, so dass es länger dauerte, bis jeder seinen Bericht abgegeben hatte.

Ich habe Carsten tatsächlich dazu gebracht, die Kleiderordnung etwas zu lockern: Ich darf jetzt Röcke tragen, die maximal 10 cm oberhalb des Knies enden. Carsten hat zwar angekündigt, im Zweifel nachzumessen, aber mit Messungenauigkeit und Bund verschieben komme ich jetzt locker auf bis zu 15 cm. Und damit lässt sich schon arbeiten. Außerdem erkenne ich ohnehin nur den rein vertikalen Abstand an, also nicht die transversale Komponente, die sich ergibt, wenn man parallel zum Femur misst. Und selbstverständlich erfolgt die Messung ab Oberkante Knie und nicht schon ab der Mitte, wie sich Carsten das wohl vorstellt.

Nach der Berichtsrunde erklärte ich, dass in Zukunft Sicherheit eine wesentlich größere Rolle spielen würde. Ich erläuterte die Tests, die der Hacker demnächst durchführen würde. Dazu zeichnete ich einige Darstellungen auf die Flipchart.

Ich hatte dieses Medium mit Bedacht gewählt. Natürlich hätte ich stattdessen auch eine Slideshow vorbereiten können, aber dann wären meine Beine hinter dem Schreibtisch versteckt gewesen.
So registrierte ich sehr genau, wie die einzelnen Mitarbeiter sich verhielten. Insbesondere, als ich den Penetrationstest erklärte, was ich schaffte, ohne eine Miene zu verziehen.
Natürlich gab es etwas Getuschel und Lachen. Das werde ich alles angemessen berücksichtigen, wenn ich die Auswahl für den zukünfigen CIO treffe.

Früher hätte ich die Gelegenheit genutzt, und mir noch ein paar Spielchen erlaubt. Aber in Anbetracht meiner Beziehung zu Carsten, die mich ausfüllt – was bei einer Elefantenkuh wie mir schon etwas heißen will -, ließ ich es lieber bleiben.
Das war auch gut so, denn irgendwann kam Carsten herein und setzte sich auf einen freien Stuhl.

Für den Rest der Besprechung zog ich es vor, ohne Flipchart auszukommen.
Nach einer weiteren Viertelstunde war ich mit der Agenda durch und beendete die Besprechung. Beim Verlassen des Raums raunte Carsten mir zu: „Wie war das mit den 10 cm?“
„Du kannst gerne nachmessen“, bluffte ich zurück.
„Das werde ich heute abend auch.“
„Ich freu mich schon drauf“, gab ich zurück, wohlwissend, dass ich mich bis dahin längst umgezogen haben würde, so dass ein 30-cm-Lineal nicht für eine einfache Messung reichen würde.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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2 Antworten zu Hundertzweiunddreißig

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