Vierzehnhunderteinunddreißig

Im Allgemeinen genügt die Klassische Physik (also z.B. Newton-Mechanik), um Phänomene unseres Alltagslebens zu beschreiben. Solange man keine zu großen Geschwindigkeiten oder zu kleinen Entfernungen berücksichtigen muss, wird sie auch heute noch benutzt, obwohl ihr Gültigkeitsbereich beschränkt ist. Aber exaktere Berechnungen liefern (nahezu) das gleiche Resultat, sind jedoch erheblich aufwändiger.

Die Idee von Atomen als unteilbare Teilchen geht auf den altgriechischen Philosophen Demokritos zurück. Und in der Tat erweitert die Atomphysik unsere Sichtweise auf die Natur.
Beim Bohr’schen Atommodell etwa umkreisen die einzelnen Elektronen, die man sich als winzige Globuli vorstellen kann, ihren Atomkern in einer Art Orbit. Obwohl dies einige Phänomene des Mikrokosmos gut beschreibt, widerspricht es dennoch den Gesetzen der Elektrodynamik.
Nach diesen müssten nämlich die Elektronen auf ihrer Kreisbahn elektromagnetische Strahlung (das gute alte englische Wort „Bremsstrahlung“) aussenden. Da sie das nicht tun, ist auch das Bohr’sche Atommodell offensichtlich unzureichend.
Nun kommt die Quantenmechanik zur Geltung. Jedes einzelne Elektron wird dabei durch seine Wellenfunktion als eine Art Dichteverteilung beschrieben.
Auch hier muss man sich darüber im Klaren sein, dass dies nur ein Modell ist. Egal ob Schrödinger’s Katze, Heisenberg’s Unschärfe, Kopenhagener Deutung, Higgs-Mechanismus .. wir haben hier lediglich mathematische Modelle, die die Natur – soweit wir sie beobachten können – einigermaßen beschreiben. Aber nicht erklären.
Die Natur „ist“ nicht so.
Superstrings, dunkle Materie, .. Hypothesen wie diese sind wunderschön in der Theorie. Aber man sollte sich immer bewusst sein, dass es sich dabei um reine Spekulation handelt, nichts, was im eigentlichen Sinne „existiert“, sondern das, was wir durch mathematische Formeln versuchen nachzubilden, um damit Vorhersagen berechnen zu können.
Wenn Experimente diese Vorhersagen bestätigen, so heißt das nicht, dass die Theorie dahinter „stimmt“, sondern nur, dass das Modell innerhalb seines Gültigkeitsbereichs zutreffende Aussagen macht.

Als einfaches Beispiel nenne ich einen Wechselstromkreis, der sich wunderbar berechnen lässt, wenn man komplexe Zahlen nutzt. Trotzdem ist der Widerstand einer Induktivität oder Kapazität nicht „wirklich“ imaginär. Das ist schlicht ein mathematischer Trick, der eben zu zutreffenden Ergebnissen führt.
Ähnlich kann man zwar geteilter Meinung sein, inwieweit ein (skalares) Potenzial noch anschaulich ist. Spätestens beim Vektorpotenzial überwiegt die mathematische Vorstellung.

Die Mathematik behandelt ihre eigenen, völlig abstrakten und konstruierten, mathematischen Räume. Die haben erst einmal überhaupt nichts mit der Realität zu tun. Erstaunlicherweise ist aber ein – winzig kleines – Subset der Mathematik geeignet, die Natur – wie wir sie wahrnehmen und beobachten können – zu beschreiben. (Und nur dieses winzige Subset trägt zur Angewandten Mathematik bei, für die es eine brauchbare Verwendung gibt).
Vieles in der Mathematik ist denkbar, und in ihrer eigenen, abgeschlossenen, rein idealisierten Welt konsistent und logisch, hat aber keinerlei Bezug zur realen Wirklichkeit, also keinerlei praktischen Nutzen.

Für alle, die bis hierher durchgehalten haben:
Da Benjamin kürzlich erkrankt war, haben wir es nicht mehr geschafft, uns noch einmal in diesem Jahr zu treffen. Per Telefon und Mail (hauptsächlich am Wochenende) haben wir immerhin noch ein neues Paper (das allerdings nichts an meiner Erdös-Zahl ändert)fertiggestellt. Und wie schon gesagt: Völlig nutzloser Inhalt.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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11 Antworten zu Vierzehnhunderteinunddreißig

  1. Plietsche Jung schreibt:

    Es war nicht schwer, durchzuhalten.

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  2. Dieter schreibt:

    Eine lange Einleitung für einen kurzen Schlusssatz 🙂

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  3. Miria schreibt:

    Mathematik hat für mich noch einen weitern Sinn: sie macht Spaß!
    Ich fand z.B. die Vektorrechnung im n-dimensionalen Raum immer wie ein bisschen Science Fiction, da es in der Realität ja nur drei Dimensionen gibt, aber rechnen kann man mit unendlich vielen. Ähnlich cool find ich auch die imaginären Teile in der Elektrotechnik. 🙂

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    • Oh ja, den Spaßfaktor wollen wir nicht vergessen. Auch nicht die Faszination, die von mathematischen Konzepten ausgeht.

      Bei der Beschreibung der Natur sind mathematische Formalismen jedoch nur Mittel zum Zweck, die – von Theoretischen Physikern – so lang zurechtgebastelt werden, bis sie passen.
      Nur diejenigen, die „richtige“ (also durch das Experiment oder Beobachtung bestätigte) Ergebnisse liefern, werden weiterverfolgt und ausgebaut. Der Rest wird verworfen.

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