Zwölfhundertfünfzehn

Am Wochenende hatte es Carsten ziemlich erwischt, so dass er die meiste Zeit im Bett verbrachte.
Wenn ich krank bin, dann ziehe ich mich zurück, will nichts hören und nichts sehen, sondern nur meine Ruhe haben. Solange ich noch selbst kann, kümmere ich mich selber um meine Bedürfnisse, die sich dann meist auf etwas zu trinken und gelegentliche Toilettenbesuche beschränken. Es widerstrebt mir, anderen zur Last zu fallen, und ich lasse mir nach Möglichkeit meine Unpässlichkeiten nicht anmerken, solange nur irgend möglich.

Ganz anders Carsten. Wenn er krank ist, dann ist er un-aus-steh-lich.
Ständig hat er andere Wünsche, und gar nichts ist ihm recht zu machen, und alles muss sofort passieren.
Dann will er was essen, dann will er was trinken, dann dauert das zu lange, dann ist der Tee zu heiß, dann friert ihn, dann will er noch eine Decke, dann ist der Tee zu kalt, dann schmeckt dies nicht, dann schmeckt das nicht, dann will er Saft, dann will er Meerrettich, dann will er eine Infrarotbestrahlung, dann braucht er dringend einen Eimer, weil er glaubt, erbrechen zu müssen, dann will er bestimmte Medikamente, dann will er etwas lesen, und ich soll ihm Dokumente besorgen, dann merkt er, dass das doch zu anstrengend ist, dann will er Hustenbonbons, dann ist das nicht die richtige Sorte, dann soll ich ihn mit irgendeinem Öl einreiben, dann will er Knoblauch mit Honig, dann will er einen Kakao, dann will er eine CD hören, dann schwitzt er, dann braucht er neue Taschentücher, damn will er eine andere CD hören, doch die ist unauffindbar, dann will er eine heiße Zitrone, dann soll ich seinen Bruder anrufen, dass der herkommen soll, dann erreiche ich den aber nicht, und er ist sauer, dann will er Kaffee, dann soll ich zur Apotheke, dann .., dann, .. dann ..
Und ich werde rumgescheucht, er ist trotzdem mit nichts zufrieden, und gibt keine Ruhe, findet immer wieder noch etwas anderes, das unmittelbar sofort geschehen muss, so dass ich selbst kaum ein paar Minuten für mich selbst finde.

Normalerweise prallt seine schlechte Laune bis zu einem gewissen Punkt an mir ab, weil ich das nicht persönlich nehme. Aber diesmal war das einfach zu viel.
Da ich momentan auch nicht so recht fit bin, und sowieso zu Kreislaufproblemen neige (die ich normalerweise nicht einmal erwähne, da ich meist gut damit klarkomme, solange ich morgens ganz langsam anfange – Bloggen in Gesellschaft einer Tasse Kaffee ist ideal), war ich selbst auch bald am Ende meiner Kräfte, und reagierte zunehmend genervt und gereizt.

Naja, und dann hat er mich abends, als es ihm etwas besser ging, in die Arme genommen, und gesagt, wie froh er ist, mich zu haben, und dass es ihn glücklich macht, wenn ich da bin.
Verdammt! Wie kann ich da noch sauer auf ihn sein?

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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24 Antworten zu Zwölfhundertfünfzehn

  1. baerlinerinn schreibt:

    …LIEBEEEEEEEEEEEE!!! ♥ Ihr zwei könnt euch sooo glücklich schätzen, einander zu haben und umsorgt zu sein. Schnelle Genesung deinem Mann und hoffentlich bist auch du schnell wieder sicherer auf den Beinen.

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  2. Plietsche Jung schreibt:

    Lass es ihn ausleben, so ist er. Er wird sich revanchieren.

    Ich bin eher wie du. Ruhe und sich selbst versorgen ist auch mein Weg, mit dem Kranksein fertig zu werden.

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  3. Molly L. schreibt:

    Ohhhhhhh, wie süß, *strahl*
    Wenn ich richtig fett krank bin, neige ich auch dazu, jammerig zu sein. Das hat sich aber im Laufe der Jahre gebessert, heute reichen mir ab und zu ein frischer Tee, ein feines Süppchen und ab und an ein wenig Aufmerksamkeit.
    Ist einfach Typsache, so wie Du Dich dann zurückziehst.
    Ich wünsche Euch beiden gute Besserung. Ein wirklich besonders schön geschriebener Beitrag, liebe Anne! 🙂

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    • Danke für den Hinweis.

      Aber was solche Personen von mir denken, ist mir völlig egal.
      Mich verwundert nur ein wenig, wie solche substanzlosen Texte und unrealistischen Einschätzungen auf derart hohe Kommentarzahlen kommen.

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      • N.N. schreibt:

        Die Margret nennt Dich sexistisch, weil Ihr keine Frauenquote bei Euch wollt.
        Die hat sich auf Dich eingeschossen.

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        • Wenn rationales Verhalten sexistisch ist, dann bin ich eben sexistisch. 🙄
          Margret ist rhetorisch geschickt und sprachgewandt, aber davon, wie es in einem deutschen Wirtschaftsunternehmen zugeht, hat sie 0 Ahnung, und ihr fehlt wohl auch das Abstraktionsvermögen, sich da hineinzudenken.
          Schon gut, dass sie keine Verantwortung tragen muss, die über ihre vier Wände hinausgeht.

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  4. ednong schreibt:

    LOL – tja, er weiß, wie er dich wieder gut stimmt 😉

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  5. Herrische Schwäche.

    Ich ziehe vor, dann für mich zu sein. Wobei es durchaus nett ist wenn sie ein gewisses Interesse an meinem Überleben zum Ausdruck bringt. Kuchen, Lächeln, Wiedersehen.

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  6. Pingback: Vorösterliche Tweets //1410 | breakpoint

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