Sechshundertfünfundachtzig

Weiter geht’s mit meiner Zusammenfassung von Heidi’s Kommunionfeier.

Auch Kathrin war mit ihrem neuen Freund da. Eine Zeitlang unterhielt sie sich mit Carsten. Seit sie nicht mehr für ihn arbeitet, verstehen sich die zwei viel besser und haben einen viel entspannteren Umgang miteinander. Endlich duzen sie sich sogar.

Ständig musste man aufpassen, nicht über David zu stolpern, der überall herumwuselte. Einmal schob er seine Windel hinunter, entblößte sich ostentativ, und ging dann in die Hocke. Bevor noch schlimmeres passierte, hatte ihn Sabine schon eingefangen und weggetragen.

Obwohl ich den Speisen reichlich zusprach, fanden sich wieder alte Tanten, die meinten: „Mädle, du musst mehr geäss!“, „Immer noch so dünn, es Annele!“ oder „Wo willsten du ämol higewachs?“ Jetzt bin ich Mitte dreißig, längst ausgewachsen und verheiratet, und denen fällt immer noch nichts besseres ein als vor zwanzig Jahren!
Dachte ich. Dann hat Großtante Emilie (so ähnlich, nur mehrere Jahrzehnte jünger, stelle ich mir immer Mrs. Wolowitz vor) das noch getoppt, indem sie – im vergeblichen Bemühen, hochdeutsch zu reden – behauptete: „Dei Moo will doch ah ä Fraa wu äbbes dran is, odder nedd?“
Ich quittierte das mit Schweigen, während Carsten, der bestimmt nicht einmal die Hälfte verstanden hatte, grinsend daneben stand. Denn er amüsiert sich immer prächtig, wenn mir etwas peinlich ist (vielleicht geht er deshalb so gerne zu meinen Familienfeiern). Damit wird er mich bestimmt wieder aufziehen.
Immerhin kam er mir dann doch noch zu Hilfe, und erklärte Tante Emilie geduldig, dass ich so schlank, wie ich nun mal bin, genau richtig für ihn sei, und ideal, um mich zu umarmen.

Nachmittags war ich kurz im Haus meiner Eltern. Auf dem Speicher stehen noch etliche Kisten mit meinen Büchern. Wir luden einige Kisten ins Auto. Die können genauso gut im Landhaus lagern.

Von der Begegnung mit Richard einmal abgesehen, war die Feier ja ganz nett, mit gutem Essen. Für 17 Uhr war noch einmal ein Kirchenbesuch geplant, aber wir zogen es vor, uns vorher zu verabschieden und wieder nach Hause zu fahren, um den Rest des Sonntags noch in Zweisamkeit zu genießen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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22 Antworten zu Sechshundertfünfundachtzig

  1. sweetsurrender schreibt:

    Kathrin hat schon einen neuen Freund? Das ging aber schnell. 8|

    Mrs. Wolowitz…dass muss ich mir jetzt besser nicht auch vorstellen. :)) Und glaube ich, dass sich Dein Mann amüsiert hat, geht mir beim lesen genau so. 😉

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  2. Leser schreibt:

    Nette Umschreibung, „umarmen“ – aber die Tante hätte man wohl auch kaum in eine sachliche Diskussion darüber, wozu ein thigh gap alles sinnvoll ist, und dass es als Schönheitsideal gilt, verwickeln können. Als Zuschauer einem solchen Versuch beizuwohnen wäre allerdings im höchsten Maß amüsant gewesen! 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Die Tanten hätten sich schon früher nicht einmal davon überzeugen lassen, dass man aufgrund der Erhaltungssätze zwar nicht dick werden kann ohne übermäßige Nahrungszufuhr (von nix kommt nix).
      Dass aber der Umkehrschluss nicht gilt, da bei einem nicht abgeschlossenen System die Überschüsse auch unverwertet wieder (auf dem dafür von der Natur vorgesehenen Weg) abfließen können (vgl. Kontinuitätsgleichung).

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  3. ednong schreibt:

    Herrlich. Geschrieben ist das alles kein Problem – gesprochen hätte ich wohl auch nur die Hälfte dessen verstanden. Und meine Ohren, meine Ohren hätten sich wohl gewunden unter den fremdartigen Lauten …

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    • breakpoint schreibt:

      Für Carsten ist es immer wieder ein Kulturschock (den er sich aber gerne antut).

      Jetzt frage ich dich mal ganz vorsichtig:
      Was glaubst du denn, verstanden zu haben?

      Die Verschriftung der heimischen Laute ist nämlich nicht ganz trivial und eindeutig.

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  4. W2013 schreibt:

    Lass Dich nur nicht so einen Quatsch von Deinen Tanten einreden!
    Die sollten sich lieber um den kleinen Exhibitionisten kümmern. 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Nee, die können mich nicht beeinflussen.
      Früher hat mich solches Gerede schon geärgert, aber mittlerweile stehe ich drüber.

      David kam in die Obhut seiner Großeltern, die er ziemlich auf Trab gehalten hat.

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  5. idgie13 schreibt:

    Jaja… Die lieben Verwandten… B)

    Ich bin ja regelmässig froh, dass mein Freund bei mir daheim das meiste nicht versteht…. 😉

    Für ihn ist das eh immer Comedy live …

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    • breakpoint schreibt:

      Ist schon manchmal heftig, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen.
      Ja, man muss es wirklich mit Humor nehmen. 🙂

      Mit meinen Eltern klappt die Kommunikation ja noch einigermaßen, aber diese Großtanten sind noch eine Generation weiter zurück. Das macht es häufig schwierig.

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  6. Bellona schreibt:

    schwäbisch! 😀

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  7. Bellona schreibt:

    Aha,was ist das dann? Allgäuer Raum? Oder Augsburg? Schwaben gibt’s ja auch in Bayern…

    Was soll „Guscheische“ sein? Das SCH wird zwar viel im Schwäbischen benutzt, aber nicht so verquer. 😉

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  8. breakpoint schreibt:

    NeunhundertachtundneunzigWir waren von Eugen, einem von Carsten’s Geschäftsfreunden, zum Essen eingeladen worden, und fuhren deshalb gestern nachmittag in eine etwas entferntere Stadt, wo wir uns in einem Restaurant verabredet hatten.

    Eugen sprang leutselig auf, als wir vom…

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