Sechshundertzwei

Mittlerweile habe ich die Arbeitsanweisung für die Innenreinigung der Computer-Gehäuse fertiggestellt. Bevor es offiziell wird, muss der Chef noch sein OK geben.
Aber der hatte an einigen Formulierungen etwas auszusetzen.

Besonderen Wert hatte ich auf EGB-gerechtes Verhalten gelegt, insbesondere dass die Mitarbeiter sich vorher erden.
Unter anderem hatte ich geschrieben: „Um sich zu erden, muss man mit der nackten Hand an das Rohr fassen, damit das gewünschte Potenzial erreicht wird und überschüssige Ladung abfließt.“
Zugeben, nicht die optimale Formulierung, aber von Computertechnikern darf man schon erwarten, dass sie sich hinreichend mit Erdung auskennen. Ich hatte den Satz eben auf das Wesentliche konzentriert.
Der Chef meinte jedoch, dieser Satz sei absolut inakzeptabel, woraufhin ich ihn halt nach längerer Diskussion mit ihm noch ausführlicher schrieb: „Um sich zu erden, muss man mit einer unbehandschuhten Hand an einen unisolierten Bereich eines Heizungsrohres fassen, damit eine elektrisch leitende Verbindung zur Erde aufgebaut wird. So kann die überschüssige elektrische Ladung abfließen, wodurch das gewünschte Erdpotential (0 V) erreicht wird. Dies verhindert, dass elektrostatisch gefährdete Bauteile (EGB) möglicherweise geschädigt werden.“

„Jetzt ist diese Passage mehr als doppelt so lang, und nicht mehr so treffend und einprägsam“, kritisierte ich.
„Dafür liefert sie kaum mehr Interpretationsspielraum, und darauf kommt es an.
So, dann hier weiter unten steht: ‚Der Schlauch/Rüssel wird eingeführt. Dann beginnt man mit dem Blasen.‘ Diese Sätze musst du ebenfalls ändern.“
„Wie nennst du denn das lange Ding am Blasebalg? Und das andere Ende kommt in das Gehäuse hinein.“
„Wie wäre es mit ‚Das freien Ende des Blasebalges wird in das Gehäuse gehalten. Dann wird der Blasebalg betätigt.‘?“
„Das hört sich schon etwas sperrig an. Aber wenn du das so willst. Bittesehr.“

„Den Abschnitt über das Kontrollieren der Stecker musst du ebenfalls entschärfen. Außerdem stört mich schon etwas der inflationäre Gebrauch des Wortes ‚Blasen‘. Vielleicht solltest du die Gehäuse lieber aussaugen lassen.“
„Ganz wie du willst. Aber dann schreibe ich die Anleitung in englisch.“

Einen Moment lang dachte ich, ich hätte diesmal den Bogen überspannt, doch dann lachte er. „Vielleicht sollte ich dich doch nichts für den Firmenblog schreiben lassen. Es sei denn, ich selbst habe es vorher gereviewt. Also überarbeite dieses Dokument nochmal, wie wir es besprochen haben.“

„Ganz wie du willst. Aber da wäre noch ein Punkt.“
„Ja?“
„Die Blasebälge, die wir angeschafft haben, bleiben nicht stabil auf dem Boden, wenn man sie betätigt, sondern rutschen weg. Dafür bräuchten wir noch Vorrichtungen, damit sie standfester sind.“
„OK. Du darfst solche Vorrichtungen bestellen. Allerdings unter einer Bedingung.“
„Und die wäre?“
„Bezeichne sie in der Arbeitsanweisung nicht als Ständer!“

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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19 Antworten zu Sechshundertzwei

  1. Leser schreibt:

    ROFL, nicht Dein Ernst, Samtpfötchen? Das ist ja schon fast süß, wie naiv Du da doch zweideutige Formulierungen eingebaut hast, „dann beginnt man mit dem Blasen“ usw….

    Naja, jedenfalls würde ich aufpassen, Passagen aus der Arbeitsanweisung unverändert im Blog zu übernehmen, es könnte jemand per Suchmaschine hierher geführt werden, den Du hier nicht haben willst…

    Und überhaupt, gibt es für solche Arbeitsanweisungen keine absolut unverfänglichen, hochoffiziell klingenden, überaus trockenen Vordrucke/Formulierungen, die man einfach übernehmen kann?

    „Dann beginnt man mit dem Blasen…“, ich schmeiß mich weg! 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Wenigstens hatte mein Text eine hohe Informationsdichte.

      Zugegeben, dieses Dokument war eine „Spezialversion“ nur für den Chef (und was ich hier gebloggt habe ist nochmal leicht modifiziert).
      Die offizielle Freigabe hatte ich nie ernsthaft beabsichtigt.

      Aber vielleicht überdenkt er so noch einmal seine etwas eindimensionale Ansicht über meinen Schreibstil.
      Zum andern weicht das hoffentlich etwas seine Kein-Sex-im-Büro-Konditionierung auf. 😉
      Und schließlich – auch wenn er das vielleicht nicht zugeben würde – amüsiert ihn das. Ich muss da schon gelegentlich eine unerwartete Aktion bieten, damit es ihm nicht zu langweilig wird.

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  2. gelschter User schreibt:

    Bist du eigentlich auch fähig, Texte zu verfassen, die nicht vor Notgeilheit und Anzüglichkeiten nur so triefen?
    Deine zotigen und rolligen Depeschen erwecken den Eindruck, als ob sich deine Gedanken unentwegt nur um’s Begatten und Begattetwerden drehen.

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  3. engywuck schreibt:

    Als ich damals „Tastaturkondome“ bestellt habe hat sich auch niemand aufgeregt… Seltsamen chef hast da ^^

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    • breakpoint schreibt:

      Safer Keyboarding war bisher bei uns noch kein Thema. Vielleicht bei der nächsten Kleckerei.

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      • engywuck schreibt:

        Wenn bei uns die Drucker (Menschen, nicht die mit Centronics-Schnittstelle) an den Rechner müssen hast leichter n Kondom über allem, was sie berühren… Und es ist *echt* erstaunlich, wie schnell eine Tastatur ca. 1 Meter neben einem Tintendrucker von „bürograu“ zu „mattschwarz“ wechseln kann (die Teile drucken Informationen und Barcodes aus zwanzig Zentimeter Entfernung auf vorbeifahrende Kartons. Nachschub in Literflaschen. Nein, du willst nicht wissen, was passiert, wenn man eine Verstopfung des Druckkopfs mit Druckluft zu reparieren versucht).
        [In deinem Schreibstil wäre das oben eher sowas wie „wenn die abspritzen …“ geworden, oder? :-D]

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  4. breakpoint schreibt:

    SiebenhundertsiebzehnBin heute etwas später dran. Das liegt daran, dass mein Rechner am Morgen nicht hochgefahren ist. Und mein Notebook hatte Carsten bereits mit ins Büro genommen.

    Natürlich habe ich sofort alle Stecker außen überprüft, aber ich hatte so früh am Morgen…

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  5. breakpoint schreibt:

    TausendeinundzwanzigIn den letzten Tagen war es extrem heiß. Überall war von π/5 die Rede, obwohl eigentlich 309 K gemeint waren.
    Entweder ist es ungemütlich kalt, oder dann gleich wieder übermäßig heiß. Eine Temperaturrange zwischen etwa 22 und 26°C tagsüber wäre mir…

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  8. kosinsky schreibt:

    Ich habe vorhin meinen Laptop-Lüfter abgesaugt und eine Fusselanhäufung entfernt. Trotzdem rattert vermutlich der Lüfter immer noch.

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