Zwölfhundertsiebenundsiebzig

Warum mir meine Annenühmität so wichtig ist, hatte ich kürzlich schon im Rahmen einer WMF-Blogparade geschrieben.
In diesem Eintrag folgen ein paar weitere Gedanken dazu.
Vorher möchte ich aber noch ein paar Ergänzungen zum ersten Teil machen – ja das passiert eben, wenn man außerplanmäßig Einträge aufsplittet. Ein dritter Teil rentiert sich meines Erachtens nicht.

Im Gegensatz zu meiner geschäftlichen Website, die ich selbstverständlich mit meinem realen Namen verbinde, verfolge ich mit dem Bloggen keinerlei kommerziellen Interessen, weder will ich etwas verkaufen noch Vermittlungsprovisionen für Werbung einstreichen, noch sonst etwas in der Art.
Es gibt also keinen Grund, hier namentlich bekannt zu sein. Ich mache mit meinen Besuchern keine Geschäfte, noch sonst etwas, für das meine rechtsgültige Identität notwendig oder auch nur sinnvoll wäre .
Nach fast fünf Jahren Bloggen mit tausenden von Einträgen, Kommentaren und Tweets, also mehreren Megabytes Text habe ich aber wohl schon ein gewisses Vertrauen in der Online-Community gewonnen.
Wer bei mir regelmäßig liest, weiß, dass ich hier innerhalb der bestehenden Gesetze schreibe, und die Anonymität nicht zum Trollen, Beleidigen anderer, oder sonstiger rechtswidriger Zwecke ausnutze (OK – was Jugendschutz betrifft, soll es auch schon andere Meinungen gegeben haben).
Auch wenn es sich nur ein Pseudonym handelt, habe ich mir dennoch damit einen Ruf aufgebaut, der in Teilen der deutschen Blogosphere bekannt ist, und den ich mir, so wie er ist, erhalten möchte.

Im Laufe der Zeit habe ich viele Details über meine Vorlieben und Abneigungen preisgegeben.
Ich ertappe mich immer öfter, dass ich mich im realen Leben selbst zensiere.
So traue ich mich kaum noch, bei entsprechendem Wetter mit Kopftuch herumzulaufen, oder mit Minirock bei Kunden zu erscheinen.
Das sind offensichtliche Erkennungszeichen, die mich – insbesondere in Kombination mit anderen Einzelheiten, die ich gelegentlich genannt habe, und hier ganz bestimmt nicht wiederholen werde – schon ziemlich unverwechselbar machen.

Insbesondere bei Leuten, die ich nur flüchtig kenne, verkneife ich mir meine typischen nerdy-dirty Scherze und Wortspielereien, erzähle nichts von meinem Musikgeschmack oder favorisierten Speisen, halte mich bei Männer- oder Frauenthemen zurück, und und und.
Irgendwie bin ich mir immer bewusst, dass so eine Kleinigkeit mich auffliegen lassen könnte, oder zumindest einen Verdacht begründen kann, wenn meine Gesprächspartner zufällig schon in meinem Blog gelesen haben. (Tatsächlich hat mich einmal jemand, den ich von früher kenne, auf meinem Blog wiedererkannt. Aber dieser Mensch ist keine Gefahr für mich, und wird mich bestimmt nicht öffentlich enttarnen.)
Immerhin habe ich in weiser Voraussicht auch die eine oder andere Nebelkerze hier verstreut, so dass ich nicht völlig ungeschützt bin. Und es gelang mir auch, ein paar Dinge aus meinem Leben aus dem Blog herauszuhalten. Außerdem habe ich noch ein paar Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die verhindern, dass man mich so einfach identifizieren kann. Aber ihr könnt bestimmt nachvollziehen, dass ich die hier nicht konkret nennen werde.

Ich habe also noch weniger Gesprächsthemen mit mir nicht näher bekannten Menschen, und sage fast gar nichts mehr.
Vielleicht sollte ich eine längere Auszeit vom Bloggen nehmen, um mein Verhalten im Real Life wieder zu normalisieren.
Die Halbwertszeit des Vergessens im Internet ist kurz.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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32 Antworten zu Zwölfhundertsiebenundsiebzig

  1. aliasnimue schreibt:

    Ich hoffe doch, Du erlaubst Dir einen kleinen Scherz.

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  2. Pendolino70 schreibt:

    Leute die deinen Blog so genau lesen müssten dich doch nicht für unsympathisch halten. Der Mächenmannschaft wirst du in deinem RL doch kaum über den Weg laufen 😉

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  3. sevens2 schreibt:

    Du bewegst dich in einem Berufsfeld, und einem sozialen Feld, dass dein Wesen weitgehend durchaus zu schätzen weiß (Männer, Nerds, Tendenz klassisch-liberal). Ein größeres Problem hättest du im Bereich Linksliberaler, wobei du da unter Verweis auf „sex-positivity“ wohl genug interne Konflikte auslösen kannst, dass dich das nicht sonderlich treffen würde. Zudem – und das ist hervorzuheben – hast du deine Leistungsfähigkeit über Jahre (des Blogs) unter Beweis gestellt.

    Du solltest deine Überlegungen umkehren. Statt dein besonderes Wesen aufzulösen, solltest du auf Exzellenz und Außergewöhnlichkeit setzten.

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  4. Leser schreibt:

    Ich hoffe, das mit der Auszeit vom Bloggen war nicht ganz so ernst gemeint.
    Ansonsten kann ich das mit der verstärkten Zurückhaltung im RL zwar verstehen, aber ich frage mich dabei eben auch: Wenn Du gegenüber allen Leuten, die Du nicht kennst, so bist, wie lernst Du dann neue Menschen kennen? Oder ist Dir das nicht wichtig? Ich meine, als Menschen sind wir ja schon irgendwie sowas wie soziale Wesen, d.h. können nicht wirklich gut ohne Kontakt zu unseresgleichen überleben. Nicht, dass Du den nicht hättest, aber sagst Du Dir einfach, jetzt reichts, ich habe genug Leute in meinem Umfeld? Ich hätte dann immer die Befürchtung, einen Menschen zu „übersehen“, der sich als überaus interessant herausstellen könnte, und dadurch etwas zu „verpassen“.

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    • Wenn es dich beruhigt .. ich habe derzeit nicht wirklich vor, eine Auszeit zu nehmen. Im August, wenn ich in Urlaub bin, wird es aber wohl ruhig hier.

      Ich war eigentlich nie ein geselliger Mensch, sondern eher Einzelgänger und (freiwilliger) Außenseiter.
      Insofern lege ich keinen großen Wert darauf, persönlich mehr mit anderen Leuten zu tun zu haben, als notwendig.

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  5. Engywuck schreibt:

    „Nebelkerzen“ und „ein paar Dinge aus dem Blog heraushalten“. Hmmm….

    Du bist also in Wirklichkeit evangelisch, männlich, dick, um die 60, arbeitslos und gelernter Musiker, hast drei Kinder und fünf Enkel und seit fünfzig Jahren im Musikverein und bei der CSU?

    Oder so extrem neblig dann doch wieder nicht? 🙂

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  6. Jezek1 schreibt:

    Liest sich etwas wie ein Abgesang auf Raten…

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