Die Wurzeln der Natur //2705

Es ist eine metaphysische, naturphilosophische Fragestellung, was denn eigentlich unsere Naturgesetze bestimmt. Ich mache mir immer mal wieder Gedanken darüber, ohne freilich eine befriedigende, abschließende Lösung finden zu können. Warum verhält sich unsere Natur so, wie sie es eben tut? Wieso hat unser Universum genau die Eigenschaften, die es hat? Wäre ein Kosmos mit ganz anderem Verhalten möglich?
Es gibt da wohl ein paar grundsätzliche Konzepte, an denen die Wirklichkeit nicht vorbeikommt.

Zunächst ist da die Topologie zu nennen, also die Struktur des „Raumes“ (der nicht zwingend unserer Vorstellung von 3-dimensionaler Räumlichkeit entsprechen muss). Wo befinden sich Objekte, wo gibt es Löcher oder Knoten? Die Topologie gibt da eventuell Beschränkungen vor, was möglich ist, und was nicht.
Eng damit verbunden sind Symmetrien, die über das Noether-Theorem Erhaltungssätze begründen. Auch in anderen denkbaren Universen folgen Erhaltungsgrößen aus Symmetrien. Das gibt die Mathematik vor.
Ein weiteres Prinzip beruht auf stochastischen Prozesse. Diese schlagen sich etwa bei der Diffusion oder im Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik nieder. Aus ihnen folgt, dass Entropie zunimmt, während Ordnung abnimmt. Daraus begründet sich unser „Zeitpfeil“ aus der Vergangenheit in Richtung Zukunft. [Ich möchte das einmal an einem kleinen Beispiel erläutern: Stellen wir uns einen quaderförmigen Behälter vor, in dem sich ein (ideales) Gas aus n Teilchen befindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich sämtliche n Teilchen in der o.B.d.A. linken Hälfte des Behälters befinden, ist (bei hinreichend großem n) verschwindend gering. Sie werden sich auf das gesamte Volumen verteilen. Wenn wir jedoch jetzt eine Wand öffnen, die den Behälter mit einem weiteren verbindet, werden sich die Teilchen in kurzer Zeit auch auf das zusätzliche Volumen verteilen. Der umgekehrte Prozess ist nicht möglich, jedenfalls nicht ohne zusätzlichen Aufwand.]

Wäre ein Universum ohne (mehrdimensionale) Raumzeit grundsätzlich möglich? Wie könnte man es sich vorstellen? Gibt es in einem Universum mit anderen Naturgesetzen etwas Vergleichbares zu unserer (verdichteten) Materie?

Topologie, Symmetrien und Stochastik sind rein mathematische Grundlagen. Die dürften als „universell“ gültig sein, auch in jedem beliebigen anderen Kosmos. Über die Mathematik kann sich die Natur nicht stellen. 1 + 1 bleibt 2.
Etwas anders könnte es mit dem Hamilton’schen Prinzip sein, das besagt, dass ein System den Zustand extremaler „Wirkung“ einnimmt. Aber möglicherweise ist dies auch nur eine Frage, wie genau man „Wirkung“ definiert. Das könnte in einem anderen Universum vielleicht ganz anders sein als bei uns.


Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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14 Antworten zu Die Wurzeln der Natur //2705

  1. pirx1 schreibt:

    Eine Frage die mich dabei umtreibt: Ist ein Individuum, das sich als Bestandteil einer gegebenen Realität entwickelt hat überhaupt in der Lage, natürliche Gegebenheiten, die sich außerhalb dieser wahrgenommenen Singularität befinden zu erfahren, geschweige denn zu beschreiben oder zu bewerten?

    Wir haben z. B. keinen naturgegebenen Radioaktivitätssinn, aber trotzdem Möglichkeiten gefunden, Radioaktivität mit Hilfsmitteln zu erkennen. Aber lässt sich dieses Prinzip der Werkzeuganwendung zur Beschreibung unmittelbar unerfahrbarer Entitäten beliebig ausdehnen? Ja: Hätten wir überhaupt einen Begriff von Radioaktivität, wenn sie nicht schädigend auf unseren Organismus einwirkte?

    Oder erweiternd: Kann man z. B. die Funktionsprinzipien eines menschlichen Gehirns allein mit den begrenzten Kapazitäten eines menschlichen Gehirns als Beschreibungs- und Beobachtungswerkzeug vollständig erfassen oder bräuchte es nicht ein „erweitertes Übergehirn“ mit höherer Komplexität, um dies zu tun – und fortgedacht in die Unendlichkeit: bedarf es einer immer komplexeren Realität, um eine weniger komplexe überhaupt zu beschreiben und mit welchen Mitteln beschreibt man dann diese neue, komplexere Beschreibungsrealität?

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  2. keloph schreibt:

    ist das geben der rahmenbedingungen nicht durch die axiome abgedeckt? es bleibt alles andere natürlich theoretisch möglich. und die frage, ob ein anderes universum vorstellbar ist, oder die universalität der durch menschen formulierten regeln gilt, wird dem menschen nicht entscheidbar sein. uiuiui…. 😉

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    • Bloß was genau sind die Rahmenbedingungen? Welche Axiome sind relevant?
      Was sind die Voraussetzungen für die Existenz von Raum, Zeit, Feldern, Materie, ..? Und könnte es nicht alternativ etwas ganz anderes geben? Auch wenn das für den menschlichen Geist nicht greifbar ist?

      Man erkennt bei diesen Überlegungen, dass die Mathematik der Natur übergeordnet ist. Die Mathematik braucht sich an keinerlei Constraints der Natur auszurichten, sondern kann beliebig abstrakte, ideale, konstruierte, phantastische „Räume“ beschreiben, ohne die mit der Wirklichkeit abgleichen zu müssen oder sich physikalischen Beschränkungen der Berechenbarkeit zu unterwerfen.

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      • keloph schreibt:

        genau das macht mathematik so schön,. m. e. gilt das alles genau so für die philosophie. und die frage, welche axiome „richtig“ sind, ist für manche die frage nach gott, eben weil der mensch mit seinem grips eine beschränkung hat, die die natur nicht braucht.

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  3. pirx1 schreibt:

    1+1 war übrigens noch nie mit Gewissheit 2

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  4. Plietsche Jung schreibt:

    Ich kann dir leider nicht helfen, aber vielleicht rufst du mal Mr. Spock an. Du weißt schon, see mit den langen Ohren 😉

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