Asymptotische Finsternis //2504

Sonja befindet sich momentan in Quarantäne. Seit Verena mit den Kindern im Sommer weggezogen ist, wohnt sie allein.
Jene hatte mich gebeten, ein paar Einkäufe für sie zu erledigen, und vor ihre Tür zu stellen.
Ich kam erst abends dazu, die besorgten Waren zu ihr zu bringen. Eile war geboten, denn schließlich ist ab 21 Uhr Ausgangssperre. Dann darf niemand mehr draußen sein, so dass mir daran lag, rechtzeitig wieder daheim zu sein. Die Zeit war bereits knapp.

Zwei oder drei Grundstücke vor Sonja’s Haus stand in einem Vorgarten ein vollgehängter Nadelbaum, dessen Beleuchtung alle zwei oder drei Sekunden aus- und wieder eingeschaltet wurde. Ich halte ja wirklich nichts von Verboten, aber so etwas Nerviges und den Nachbarn gegenüber Rücksichtsloses, von der Energievergeudung gar nicht zu reden, hat IMHO keinerlei Daseinsberechtigung.
Im Vorgarten daneben stand eine hohe phallusartige Skulptur aus Schnee. Obwohl ich Schnee nicht leiden kann, gefiel die mir ganz gut. Das Beste, was man aus Schnee machen kann.

Ich betrat also im Dunklen Sonja’s Vorgarten, ging die Treppe zur Haustür hoch, legte die Einkäufe ab, und klingelte, damit sie Bescheid weiß, und das Zeug reinholen kann. Ich hatte telefonisch mit ihr besprochen, dass ich gleich wieder gehe, ohne zu warten, und so wendete ich mich direkt um und stieg die paar Treppenstufen vorsichtig wieder hinab.
Ihr Vorgarten war nicht beleuchtet. Das Licht der Straßenlaternen wurde größtenteils von Bäumen und Sträuchern abgeschirmt.

So traf es mich völlig unvorbereitet, als ich mit einem bewegten Hindernis kollidierte.
„Aua!“, ich fasste mir an meinen getroffenen Oberarm.
„Tut mir leid“, ertönte eine männliche Stimme aus der Dunkelheit, „haben Sie sich verletzt?“
„Nichts passiert“, erwiderte ich, „ich war nur erschrocken, hatte Sie nicht gesehen.“
Inzwischen hatten sich meine Augen soweit an das schwache Licht gewöhnt, dass ich seine Umrisse erkennen konnte. Er trug einen Karton. Für einen Paketboten war es eigentlich bereits zu spät.

„Ich bringe Sonja einige Unterlagen aus der Schule“, erklärte er. Er wohne ganz in der Nähe, so dass er diese Aufgabe übernommen hätte, obwohl er Sonja nicht näher kenne.
„Die Deutschlehrerinnen halten sich von uns Mathelehrern lieber fern“, fügte er hinzu.
Ich musste lachen: „Das haben kontravalente Mengen so an sich.“ Dann stellte ich mich ebenfalls vor, und erklärte, dass ich meiner Schwägerin Sonja ein paar Einkäufe gebracht hätte.
Wir machten noch ein paar mathematische Scherze und lästerten über typische Marotten von Sprachlehrerinnen.

Leider musste ich mich dann aber beeilen, heim zu kommen. Die Sperrstunde nahte. Sonst hätte ich mich gerne noch weiter mit diesem sympathischen Mathelehrer unterhalten.
Wir machten aber aus, uns einmal auf einen Kaffee zu treffen, sobald diese ganze Coronachose vorbei ist.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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50 Antworten zu Asymptotische Finsternis //2504

  1. Mia schreibt:

    Ihr habt bereits Telefonnummern ausgetauscht?

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  2. Sempersolus schreibt:

    Not all math puns are awful. Just sum.

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Nachtigal, ick hör dir trapsen …

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  4. blindfoldedwoman schreibt:

    Wo war denn das Chefchen?

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  5. Sempersolus schreibt:

    Am besten gefällt mir natürlich der Hinweis auf die Schneeskulptur. Ich bin ja bekennend kunstaffin. Das scheint im Übrigen, was ich bis zur dadurch angestoßenen Recherche noch gar nicht wusste, eine Kunstform mit einer gewissen Tradition zu sein.

    So geben sich die Skulpturenbauer an der Kemptner Hochschule wohl mittlerweile im vierten oder fünften Jahr das Zepter und den Staffelstab der anonymen Schneeskulpteure in die Hand
    ( https://www.allgaeuer-zeitung.de/bayern/da-steht-er-wieder-der-skurrile-schnee-penis-von-kempten_arid-10811 ). Und auch im Erzgebirge finden sich Kunst und ihre Anhänger, allerdings eher die des Flachreliefs ( https://urbanshit.de/wer-hat-den-riesen-penis-in-den-schnee-gemalt-penis-am-berghang-im-erzgebirge/ ). In Sachsen ist zwar der Schnee verschmutzt, das Oeuvre aber gleichwohl standfest und imposant, zumindest, so lange es nicht taut ( https://www.saechsische.de/dippoldiswalde/lokales/glashuette-obskure-skulpturen-luchau-schneepenisse-5352708-plus.html ) und in Dresden ( https://www.tz.de/welt/riesiger-schnee-phallus-steht-mitten-dresden-fotostrecke-2659812.html ) scheint man sogar anatomisch sehr beschlagen und ausgesprochen detailverliebt zu sein, dort gibt es sogar eine Freiluftausstellung in renommierter Galeristenhand ( https://www.bild.de/regional/dresden/winter/fg-schneeschniedel-34363214.bild.html) .

    Skulpturen, die mehr der anatomisch-weiblich orientierten Kunstszene zuzuordnen wären scheinen mir dagegen weitaus seltener zu sein, dafür aber saisonunabhängiger, ernsthafter und weniger verspielt, wie Juliana Notari in Brasilien oder Anish Kapos aus Indien beweisen.

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  6. Peter schreibt:

    Was zum Teufel sind denn mathematische Witze??? Der einzige – nicht stubenreine ist: treffen sich 2 Freunde den Tag dem Disco-Besuch. sagte der eine: „Hey, ich habe heute morgen meine Wurzel aus einer Unbekannten gezogen..“

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    • LOL.

      Also einer meiner liebsten Mathe-Witze ist folgender:

      Treffen sich eine Funktion und ein Operator im Hilbertraum und geraten in Streit.
      Droht der Operator: „Ich bin der Ableitungsoperator. Wenn du nicht nachgibst, wende ich mich auf dich an.“
      Die Funktion ganz unbekümmert. „Pfft, das stört mich nicht. Ich bin e hoch x.“
      Darauf der Operator mit diabolischem Grinsen: „Jaa .. aber ich bin d nach dy.“

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      • Leser schreibt:

        Der ist so gut, dass ihn leider nur Eingeweihte verstehen. Ich glaube, in der Schulmathe hatten wir nicht mal den Hilbertraum, und natürlich weiß man, ohne damit mehr oder weniger regelmäßig zu tun zu haben, auch nicht, wofür e, x, d und dy stehen.

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  7. Sempersolus schreibt:

    Was steht auf dem Grabstein eines Mathematikers? Damit hat er nicht gerechnet.

    Zehn Leute fahren in einem Bus, an der Haltestelle steigen elf aus. Der Biologe: die haben sich vermehrt! Der Physiker: 10% Abweichung ist tolerabel! Der Mathematiker: wenn jetzt noch einer einsteigt, dann ist der Bus leer!

    Ein Philosoph, ein Physiker und ein Mathematiker stehen auf dem brennenden Hochhaus. Der Philosoph: das Leben ist eh nur Illusion – springt – tot. Der Physiker: errechnet eine komplizierte Formel (Windgeschwindigkeit, Fallhöhe, Abdrift) – springt – landet im Pool – überlebt. Der Mathematiker: errechnet eine komplizierte Formel – zückt den Taschenrechner – tippt sie ein – springt – fliegt nach oben und verschwindet in den Wolken?! – Vorzeichenfehler!

    et et et

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  8. Sempersolus schreibt:

    Zwei Physiker stehen an der Uni und starren auf einen Fahnenmast, als ein Germanistikprofessor vorbeikommt: „Was machen Sie denn hier?“ – „Wir wollen bestimmen, wie hoch der Mast dort ist und denken noch über die richtige Formel nach.“ – Der Germanistikprofessor hebt den Mast aus der Verankerung, legt ihn auf den Boden, zieht ein Bandmaß aus der Tasche hervor und misst: Sieben Meter. Er stellt den Mast wieder in die Halterung und geht. Darauf einer der Physiker: „Ignorant! Wir reden von der Höhe und er gibt uns die Länge an!“

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  9. Peter schreibt:

    echt jetzt – laden dich wirklich normale Menschen auf Partys ein, oder kriegen die Weinkrämpfe wenn die deinen Namen auf der Gästeliste sehen??! 😱 Diese Witze sind so, so, so… anders.. um mindestens ein 10er Potenz.. 😂😂😂

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