breakplaining: Geld //2798

Normalerweise erkläre ich bei breakplaining-Einträgen ausgewählte MINT-Begriffe. Nach reiflicher Überlegung habe ich diese Kategorie trotzdem gewählt, weil Geld immerhin quantifizierbar, also durch Zahlen darstellbar ist, so dass man damit sogar wie mit reellen Skalaren rechnen kann (bei Computer-Programmen sind dezimale Festkommazahlen sinnvoll als Datentyp).
Die Idee zu bloggen, was Geld überhaupt ist, kam mir neulich bei Twitter.
Über das – äußerst komplexe und vielschichtige – Thema könnte man ganze Bücher füllen. Im Rahmen eines Blogeintrags kann ich bei weitem nicht so ausführlich auf Einzelheiten und Querbezüge zu anderen Bereichen eingehen. Ich versuche, einen leicht verständlichen und überschaubaren Überblick zu geben, auch wenn dabei viele Details und Besonderheiten verloren gehen.

Also was ist Geld?
Geld ist ein Tauschmittel. Ursprünglich wurden Waren (Naturalien wie Nahrungsmittel, Tierfelle, ..) oder zu leistende Arbeiten direkt getauscht. Es war aber bestimmt umständlich, immer jemanden zu finden, der gerade das, was du haben willst, hat und gegen das, was du hast und herzugeben bereit bist, eintauschen will. Deshalb begann man, gegen Gegenstände wie Muscheln, Perlen oder kleine Edelmetallstückchen zu tauschen. Diese Tauschmittel hatten gemeinsam, dass sie klein waren, unverderblich und so selten, dass man sie sich nicht einfach mal so in größeren Mengen besorgen konnte, was ihnen einen gewissen Wert verlieh.
Aus den Edelmetallstückchen entwickelten sich die Münzen, deren Metallwert ursprünglich ihren Wert deckte.
Später gab es Geldscheine, Giralgeld, Sonderformen wie Kryptowährungen, etc. Dazu könnte ich auch noch einiges schreiben, aber das würde zu weit führen.

Was den Wert des Geldes heute ausmacht, ist, dass es allgemein als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Das heißt, jeder Empfänger muss genügend Vertrauen in die erhaltene Währung haben, selbst wieder eine entsprechende Gegenleistung zu bekommen, wenn er das Geld weitergibt.
Früher war der Gegenwert der ausgegebenen Geldscheine gedeckt durch wertvolle Waren (z.B. die Goldreserven der Amerikaner in Fort Knox). Eine vertrauenswürde Instanz verbürgte sich dafür, dass jedem Geldschein eine entsprechende Menge z.B. Gold gegenübersteht.
Heutzutage begründet sich die Stabilität einer Währung eher auf der (zu erwartenden) Wirtschaftsleistung. Das Geld ist nicht (nur) durch materielle Güter gedeckt, sondern durch die Produktivität und Arbeitsleistung der Bevölkerung. Geld (bzw. der Wert, den es darstellt) kann nicht einfach so aus dem Nichts erzeugt werden, sondern muss erwirtschaftet werden.
Um die Währung zu hüten, gab es früher für die D-Mark die Deutsche Bundesbank (die ihren Job viele Jahre lang sehr erfolgreich und zuverlässig ausführte), und heute für den Euro die Europäische Zentralbank. Diese (offiziell politisch unabhängigen) Institutionen sind dafür verantwortlich, die Stabilität der Währung zu gewährleisten. Gleichzeitig muss genügend Geld für Investitionen zur Verfügung stehen. Für die geldpolitische Steuerung hat die Zentralbank einige Instrumente zur Verfügung. Dies genauer zu erläutern, führt zu weit weg vom Wesentlichen. [BTW hatte ich als viertes Abiturfach Wirtschaft&Recht, in dem ich die mündliche Abiturprüfung ablegte. Ich hatte mich dafür auf die Geldpolitik der Bundesbank spezialisiert, weil ich das Thema relativ interessant fand. Mit Diskontsatz, Lombardsatz u. dgl. kannte ich mich damals aus, auch wenn die Einführung des Euros bereits absehbar war.]

Der springende Punkt ist, dass man nicht einfach beliebig Geld drucken kann, um seinen Wert zu vermehren. Der Gesamtwert ändert sich ja dadurch nicht, jedoch verringert sich der Wert der Währungseinheit. Es kommt – ggf. zeitverzögert – zur Inflation.
Genauso wenig lassen sich unbegrenzt Schulden anhäufen. Ein Staat kann Anleihen ausgeben, um Geld für Ausgaben übrig zu haben. Das geliehene Geld ist üblicherweise durchaus in seinem Wert gedeckt.
Je weniger sicherer die Anleihe (durch Rating-Agenturen eingestuft), desto höher in der Regel der Zinssatz. Und irgendwann wollen die Gläubiger ihr Geld zurück. Das Geld, das als Tilgung und Zinsen (cave! Zinseszins steigt exponentiell) zurückgegeben werden muss, fehlt dann wieder an anderer Stelle. Die Bonität sinkt. Neue Kredite sind nur noch unter noch schlechteren Konditionen zu bekommen. Wenn diese Spirale erst einmal in Gang gekommen ist, gibt es kaum noch einen Weg heraus. Ersparnisse werden vernichtet, Wohlstandsverlust und Armut drohen, insbesondere für die nächste Generation.

Belassen wir’s bei diesem Einblick. Es wäre schon viel gewonnen, wenn das Verständnis der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft wenigstens auf diesem Niveau wäre.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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11 Antworten zu breakplaining: Geld //2798

  1. Loki schreibt:

    Darf eine Bank durch Ausgabe neuer Kredite nicht ihre Bilanz verlängern und so neues Geld erzeugen? Ich meine da war was … ?

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  2. Plietsche Jung schreibt:

    Papiergeld ist nicht mehr als ein Versprechen.
    Physische Werte sind immer besser und solider in einer Krise.

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  3. keloph schreibt:

    und auch bei den bürgern, wenn sie wählen. das ist elementar.

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  4. beweis schreibt:

    Gibt es wirklich einen Gegenwert für Geld heutzutage?
    Wenn alle ihre Ersparnisse abheben würden und ihre Aktien verkaufen, dann würde doch alles kollabieren. Oder wenn alle ihr virtuelles Vermögen in Sachwerte überführen würden.
    Ist das nicht alles in Wirklichkeit nur eine Blase, die sich Finanzexperten und Regierungen zurechtmodellieren?
    Ich habe wirklich keine Ahnung davon, wundere mich aber, wie schnell immer wieder die virtuellen Gelddruckmaschinen zum Glühen gebracht werden. 10 Mrd. für Waffen, 200 Mrd. für Entlastungspaket X …
    Wo sind denn da die Gegenwerte oder wo ist die Produktivität, wenn alle zuhause sitzen und Corona-Hilfen beziehen?

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    • Ein Run auf eine gesunde Bank bringt diese zum Erliegen.
      Zum Glück gibt es gar nicht so viel Bargeld, wie dem Werte entgegenstehen. Immoblien etc. bleiben – unabhängig von Bargeld – erhalten.

      Tja, diese ganze Wummserei .. das sind Tausende von Euro pro Bundesbürger. Ich frage mich auch, wer das bezahlen soll. Irgendwann machen auch die langmütigsten Steuerzahler die Grätsche.

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    • pirx1 schreibt:

      Ist fremdes Geld verjuxen ohne hinterlegten Gegenwert (sog. Pilotenspiel) nicht politisches Prinzip?

      Beispiel „Mütterrente“: Keinen Beitragscent eingezahlt – aber lustig aus der Rentenkasse bedient werden. Pseudobegründung: Mütter sorgten ja für zukünftige Rentenbeitragszahler. Klassischer Denkfehler mit Folgenverlagerung in die ferne Zukunft, denn Mütter sorgen doch gleichzeitig auch für zukünftige Rentenbezieher.

      Was bleibt von den vollmundigen Versprechungen in den sog. Grundsatzprogrammen aller Parteien letztlich übrig? Lediglich der freche Griff in fremde Taschen und der oberlehrerhaft dozierende, dreiste Eingriff in fremde Lebenspläne.

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  5. pirx1 schreibt:

    Geld nach heutigem Verständnis ist längst selbst zur volatilen Ware verkommen.

    Natürlich kann man beliebig viel Geld drucken, sieht man doch aktuell. „Wir ham´s ja!“. Man muss nur dafür sorgen, dass man von niemandem erwischt und zur Rechenschaft gezogen wird. Das geht am besten durch Zünden diverser Nebelkerzen, z. B. wenn man lautstark über die „unverständliche, aber zunehmende Altersarmut und klaffende soziale Schere“ jammert (und die Verantwortung dafür möglichst weit von sich weist).

    Interessante Nebenbemerkung: Für die oft beschworene Rückkehr zum Zustand vor Bretton-Woods („Goldstandard“) reichten zur Besicherung der kursierenden Geldmengen rein physikalisch selbst alle auf der Welt je geschürften Goldmengen nicht mehr aus.

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