Vierhundertfünf

Eigentlich hätten wir uns gewünscht, dass heute bereits der Assistent anfängt. Aber leider kann dieser erst im Juni hier die Stelle antreten.

Also muss Carsten noch einen Monat ohne diese Unterstützung zurechtkommen. Er hat sich ja für meinen Wunschkandidaten entschieden, ohne dass ich ihn überreden musste.
Der Alternativkandidat hatte sich tatsächlich eingebildet, er würde mehr Geld bekommen, nur weil er promoviert ist. Da fiel Carsten die Wahl dann leicht.

Ich habe im Laufe der Zeit so viele Doktoren kennengelernt, dass mir der Respekt vor diesem Titel vollständig abhanden gekommen ist. Da gibt es genug Trantüten und Deppen, bei denen man nur den Kopf schütteln kann. Insbesondere diejenigen, die besonders viel Wert auf ihren Titel legen, sind sehr häufig eher geistige Tiefflieger (da brauche ich noch nicht einmal Beispiele aus der Politik zu nennen).
Die Doktoren, die wirklich etwas auf dem Kasten haben, sind oft gar nicht auf ihren Titel fixiert. Manche führen ihn nicht einmal offiziell.

Um Fragen vorwegzunehmen: Nein, ich selbst habe nicht promoviert. Bei Abschluss meines Studiums habe ich mir das zwar überlegt, aber dann doch vorgezogen, mich gleich richtig ins Berufsleben zu stürzen, mit der Option, die Promotion später nachzuholen.
Tja, das habe ich dann nicht mehr weiterverfolgt, und bin auch ganz zufrieden, so wie es ist.

In den Naturwissenschaften bekommt man so einen Titel ja nicht nachgeschmissen wie z.B. in der Medizin. Ich erinnere mich etwa an eine Bekannte. Die machte ein halbes Jahr lang irgendeine statistische Auswertung (was immer Mediziner unter Statistik verstehen), und hatte schwuppdiwupp ihren Dr. med.. Bei uns dauerte schon eine Diplomarbeit doppelt so lang.
Während ich einen Bachelor-Abschluss noch am ehesten mit dem Vordiplom vergleichen würde, entspricht der Master eher einem FH-Diplom (die meisten Fachhochschulen haben sich in den letzten Jahren in Hochschule für Angewandte Wissenschaften o.ä. umbenannt – aber das ändert nichts an ihrem eher praktisch ausgelegten Schwerpunkt) und kommt IMHO nicht an das Uni-Diplom heran.

Bevor ich mir noch mehr Feinde, die den Abschluss alla bolognese befürworten, mache, beende ich lieber diesen Eintrag.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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12 Antworten zu Vierhundertfünf

  1. DerMaskierte schreibt:

    Das ganze „verschulte“ Bologna-Studierwesen ist totaler Käse. Klassischen studieren ist eine komplett andere Liga.

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  2. Murgs schreibt:

    Ich fange mal mit dem kürzesten Teil an:
    Auf den Bologna-Prozess gehört nur ein dicker Stempel: „FAILED“

    Das Thema Promotion ist sehr lang. Kurzfassung: Ich kein Dr. aber alle Schwäger (2xPhysik, 1x Chemie), die aber allesamt keinen Wert darauf legen.
    Ansonsten absolut Deiner Meinung!

    Zum Anfang: Promotion führt zu höherem Einstiegsgehalt, ist aber von der Stellenbeschreibung abhängig, d.h. mehr Geld nur für mehr Arbeit, mehr Verantwortung wegen Dr.-Titel; sonst gleiches Geld für gleiche Arbeit.
    Große Konzerne gehen noch wesentlich schematischer vor, um Arbeitsklima und Aufstiegschancen der Mitarbeiter nicht zu stören.

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    • breakpoint schreibt:

      „die aber allesamt keinen Wert darauf legen“
      Das spricht für sie. :yes:

      Bei großen Unternehmen wird das Gehalt sicherlich anders gehandlet als bei KMU.

      In diesem speziellen Falle war die Stelle ausgeschrieben gewesen für einen Hochschulabsolventen (entsprechend geplant auch das Gehalt).
      Wenn sich dennoch ein Doktor darauf bewirbt, kommt der zwar – wenn sonst alles passt – in die engere Auswahl, aber mehr Geld ist trotzdem nicht vorgesehen.
      Und falls ihm das zu wenig ist, kriegt eben ein anderer Bewerber den Vorzug. 😀

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      • Murgs schreibt:

        Wer den Titel vor sich hertragen muß, hat sonst halt nix zu bieten!
        Meine Weiterbildung zum „Fachapotheker für Offizinpharmazie“ (heute „Apotheker für Allgemeinpharmazie“) hänge ich nur raus, wenn mir jemand schriftlich dumm kommt. Meinen Kunden kann und darf das Wurst sein.

        Im Pharmaindustrie-Bereich geht das so:
        Apotheker: Produktion, Dokumentation, Außendienst
        Promotion: Forschung und Entwicklung
        Habilitation: unbrauchbar

        Bei euch war die Vorgabe klar, einen finanziellen Bonus gibt es nur für unternehmensförderliche Sonderfähigkeiten, aber die sind bei diesem „Allrounder“-Posten fast unmöglich zu finden. Baut lieber einen flexibleren neuen Mann auf, da habt ihr mehr davon.

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        • breakpoint schreibt:

          Was macht eigentlich eure Suche nach einer Angestellten?

          Eine meiner Schulkameradinnen hatte auch Pharmazie studiert. Danach fand sie eine Anstellung in einer Apotheke.
          Ich habe sie einmal (provokativ :>) gefragt, ob sie da nicht nur eine Art Verkäuferin sei, die halt den Kunden die Medikamente aushändigt.
          Sie meinte, dass manchmal auch Salben o.ä. frisch zusammengemischt werden müssten.
          Macht das tatsächlich einen größeren Anteil am Geschäft aus?

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          • Murgs schreibt:

            Neue Runde 😦
            Die interessanteste Kandidatin ist abgesprungen.
            Meine „Stellvertreterin“ liegt leider mehr, als ihr lieb ist. Das Gleichgewichtsorgan kommt nicht so schnell zur Ruhe.
            Wir suchen eben keinen, der hier nur pro forma die Stellung hält. Es gibt eine Menge zu tun. Von akademischen Schubladenzieher kann keine Rede sein, wenn man es richtig macht.
            Die Herstellung patientenspezifischer Medikamente: „Rezeptur“ macht zwar viel Arbeit, aber trägt nicht so sehr zum Umsatz bei.
            Unser Augenmerk ist die Beratung, wobei auch die sehr ungleichmäßig auf die Kunden verteilt ist.

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            • breakpoint schreibt:

              Ach ja, eine offene Stelle zu besetzen kann sich hinziehen. 😦 Dann kommen noch Kündigungsfristen hinzu, ..
              Viel Glück für die neue Runde!

              Wie oft wird denn so am Tag/Woche/Monat/? eine „Rezeptur“ verlangt, auch wenn sie keinen großen Umsatz bringt?

              Niemand bestreitet wohl, dass Apotheker ein sehr verantwortungsvoller Beruf ist.
              Trotzdem frage ich mich immer wieder, wenn ich denn mal in eine Apotheke komme, ob dafür ein akademisches Studium wirklich notwendig ist.
              OK, ich sehe nur die „Verkäuferinnen“, die den Kunden die Medikamente übergeben. Von Beratung oder anderen Aufgaben kriege ich normalerweise nichts mit.

              Du als Inhaber hast dazu noch zusätzliche z.B. kaufmännische Aufgaben (sofern du das nicht delegieren kannst). Aber von Pharmazie selbst ist das weit entfernt.

              Ganz gewiss will ich dich nicht ärgern, aber für einen Außenstehenden besteht kein großer Unterschied zwischen der Tätigkeit in einer Apotheke und z.B. einer Bäckereiverkaufsfiliale oder einem Elekrofachgeschäft.

              Bezüglich Beratung bzw. eigentlich eher Beipackzettel hätte ich auch eine spezifische Frage.
              Aber ich mach’s jetzt mal spannend und werde dafür demnächst einen eigenen Eintrag vorsehen (gerne vorab per PN, wenn du willst – dann könnte ich vielleicht gleich dein Feedback miteinbauen).

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  3. idgie13 schreibt:

    Bei dem Thema kann ich Dir auch nur zustimmen.

    Ich bin ja aus allen Wolken gefallen, als mein Cousin (30 Jahre, mit Ach und Krach nach vielen Anläufen seinen Popel-FH-Master geschafft, mit Fach-Abi oder wie immer das heisst) grosskotzig verkündet hat, er wäre jetzt das gleiche wie ich.

    In dem Alter hatte ich neben einem allgemeinen Abi mit Latinum, ein Uni-Diplom Maschinenbau mit ner 1 vorne, ein Uni-Vordiplom Elektrotechnik und 7 Jahre Berufserfahrung.

    Ausser einer grossen Klappe haben die meisten mit ihren heutigen Popel-Abschlüssen nichts vorzuweisen.

    Der Ansatz, das Studium leichter zu machen, weil die Wirtschaft schreit „wir brauchen Ingenieure“, ist ja wohl mal komplett falsch. Hinterher darfst Du Dich mit den Loosern rumärgern, die von Mathematik (Gott bewahre!), Physik oder Grundlagen absolut keine Ahnung haben und auch nicht gelernt haben, sich mal selber was zu erarbeiten und mal das Hirn einzuschalten … *grr*

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    • breakpoint schreibt:

      Tja, für deinen Cousin warst du wohl doch ein Vorbild, und er war stolz darauf, wenigstens einen „Popel-Master“ :)) zu haben.

      Schade ist diese Entwicklung auch für diejenigen Studenten, die wirklich etwas auf dem Kasten haben und auch das Potential hätten, mehr zu schaffen. Denn es gibt ja nach wie vor fähige Leute.
      Für die Arbeitgeber ist es natürlich noch schwieriger geworden, die Spreu vom Weizen zu trennen.

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      • ednong schreibt:

        Die Arbeitgeber sind aber selbst schuld. Letzlich waren die es doch, die auch diese ach so tollen Bachelor und Master haben wollten. Vereinheitlichung und so. Ich konnte damals auch nur mit dem Kopf schütteln …

        Und mit Mathe war es damals genauso – bloß den Anspruch senken, damit die Noten gut werden. Haben mir damals schon während der Schulzeit die Mathelehrer immer wieder bestätigt, dass das Level wohl von Jahr zu Jahr sinken würde.

        Schade eigentlich. Deutschland richtet sich selbst hin. Stück für Stück.

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