Es heißt ja, dass man im Deutschen (im Gegensatz zum Englischen) „so schreibt, wie man spricht“. Schon als Kind ist mir aufgefallen, dass das nicht immer so stimmt.
Der „Weg“, also der Pfad oder die Gasse, wird mit einem langen E ausgesprochen wie „Wehg“, während „weg“, also fort, kürzer gesprochen wird, etwa wie „wegg“. Nur drei gleiche Buchstaben (ob groß oder klein, ist hier ohne Bedeutung), aber dennoch spricht man sie unterschiedlich aus.
Ein weiteres Beispiel ist „Hochzeit“. Das kann einmal eine Zeit der Blüte sein, wenn man es mit langem O („Hoochzeit“) ausspricht, oder eine Heirat, dann mit offenem O wie in Loch.
Wörter, die zwar gleich geschrieben werden, aber unterschiedlich ausgesprochen, nennt man Homographen (nicht zu verwechseln mit Teekesseln oder Homonymen, bei denen das gleiche Wort unterschiedliche Bedeutungen hat). Wohlgemerkt, es geht hier nur um deutsche Wörter. Wenn man mit Englisch oder anderen Sprachen mischt, gäbe es noch viel mehr (ich erinnere nur an „die Bart, die“ oder „lies“).
Lustig wird es, wenn ein Wort allein durch seine Betonung eine gegensätzliche Bedeutung erhält. Wenn ich die Pylonen umfahre (mit der Betonung auf dem „fah“), dann stehen sie anschließend noch. Wenn ich sie dagegen umfahre (mit der Betonung auf „um“), dann sind sie danach umgekippt, vielleicht kaputt.
Für Muttersprachler ist das selbstverständlich, aber wer Deutsch erst später lernt, der tut sich zwangsläufig damit schwer. [Woher weiß man etwa, dass man die Vokalfolge in „soeben“ oder „beinhalten“ getrennt als Diärese aussprechen muss, statt als Diphtong? Das macht wohl auch allen Leseanfängern erst mal Probleme.]
Im Laufe der Zeit habe ich einige weitere Beispiel gesammelt, die ich hier aber nur ohne weitere Erläuterung aufzählen werde.
Graphen, modern, Erbrecht, Hinweg, Ableisten, Rumkugeln, Sucht, flucht, Gebet, Legenden, Relief, Präsenz, Urinstinkt, Rentier, ..
Noch zur Ergänzung: Worte, die trotz unterschiedlicher Schreibweise gleich ausgesprochen werden, heißen Homophone (z.B. „die weißen Weisen weisen die Waisen in ihren Weisen auf die Weisen hin“). Die Bedeutung in der gesprochenen Sprache muss sich aus dem Kontext erschließen.
Schon erstaunlich, dass es in natürlichen Sprachen nicht noch öfter zu Missverständnissen kommt.
Sprache ist dynamisch und ein Werkzeug zur Verständigung und keine Politbühne.
Darum ist auch jede Art der Festlegung, womöglich sogar per Verordnung oder Gesetz, zum Scheitern verurteilt und bestenfalls temporär gültig, eine Modeerscheinung, etwa so, wie Schlaghosen oder spitze Hemdkragen – erfreulicherweise, wie ich finde (nein, nicht die Schlaghosen …).
Schade nur, dass diese Erkenntnis (die des Scheiterns künstlicher Setzungen) in Bürokratenköpfen offenbar nicht ankommen will.
p.s.:
Bisweilen tödlich übrigens, wenn man die Betrachtungen auch noch um die Anordnung von Satzzeichen ergänzt („Komm wir essen Opa“).
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insbesondere, wenn man das geschriebene nicht sieht finde ich manchmal. dann kann man mehr denken, was geemeint sein könnte.
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Das „Umfahren/umfahren“ Bild auf Whatsapp hat dich inspiriert ?
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Wie? Was? Das kenn‘ ich nicht. Ich nutze kein Wotsäpp.
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Tja, da war ich offenbar nicht die erste Person, der das aufgefallen ist.
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Kommst du damit klar ? 😉
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Irgendwie werde ich das schon verkraften. 😈
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Hahaha …. Ich denke schon 😉
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Und richtig lustig wird es erst, wenn die Schreibung durch diverse Reformen verbessert und vereinfacht werden soll.
Da wird dann durch neuartige Getrenntschreibung aus einem „vielversprechenden Kanzler“ ein „viel versprechender Kanzler“.
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Die deutsche Sprache ist sowieso schon so schwer, auch ohne dass man sie wohl meinend aufstylet.
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Hm, aber „Präsenz“ und „Präsens“ sind doch weder Homographen (da sie verschieden geschrieben werden) noch Homophone (das 1. wird auf dem „e“ betont, das 2. auf dem „ä“) noch Homonyme. Oder habe ich die Definitionen von Homographen, Homophonen und Homonymen nicht richtig verstanden?
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Hoppla, du hast natürlich recht. Danke für den Hinweis.
Das muss ich mir wohl irgendwann mal falsch eingeprägt haben, und seither immer wieder verkehrt gemacht.
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