Zum Notar hin und zurück //2298

Aus Gründen, die euch nichts angehen, musste ich in der Nähe der alten Heimat zu einem Notartermin.

Ich fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und musste in der Kreisstadt umsteigen. Da ich dort etwas Zeit hatte, nutzte ich die Gelegenheit, mich ein wenig in der Gegend umzusehen. Schließlich habe ich dort das Gymnasium besucht und den Führerschein gemacht.
Tja, es ist ganz seltsam – manches ist absolut gleich geblieben, manches ist völlig anders geworden. So haben sie beispielsweise bei der Bushaltestelle, die ich zum Einsteigen bevorzugte, wenn die Schule mal früher aushatte, ein riesengroßes Kaufhaus hingebaut. Hätte mir früher etwas genützt. Jetzt nahm ich es nur verwundert zur Kenntnis, und ließ mir schnell einen Kaffee am Automaten raus.

Dann kam mein Bus. Den Zielort kenne ich von früher noch einigermaßen von einigen Ausflügen. Auch dort hatte ich noch Zeit, weil ich extra eine Verbindung früher herausgesucht hatte. Einmal, weil ich dem öffentlichen Verkehr nicht so ganz traue und nicht zu spät kommen wollte. Zweitens, weil ich die Absicht hatte, bei gutem Wetter spazieren zu gehen, oder mich bei schlechtem Wetter gemütlich in ein Café zu setzen. Hey – das ist Touristengebiet! Das Café, in dem ich früher ab und zu mit meinen Eltern war (und bei dem ich mich ausdrücklich vorher vergewissert hatte, dass es noch existiert), hatte Betriebsurlaub. Ein anderes hatte Ruhetag, das nächste wegen Renovierung geschlossen, weitere Gaststätten erst abends offen. Inzwischen hatte es begonnen zu regnen, und Windböen zu wehen. Ich hatte noch nichts gegessen, und hielt Ausschau, ob ich wenigstens eine Bäckerei finden würde. Die Bäckerei, die ich von früher vage in Erinnerung hatte, hatte längst zugemacht. Aber auch sonst fand ich in der ganzen Innenstadt keine Bäckerei. Erst, als ich mich auf den Weg zum Notar machte, fand ich in einer Seitengasse doch noch eine kleine Bäckerei mit einigen Tischen für Gäste. Die Zeit war inzwischen aber zu knapp, um mich noch hineinzusetzen, weshalb ich nur etwas Laugengebäck kaufte, das ich beim Gehen aß.
(BTW – wie ich kürzlich von meiner Mutter erfahren habe, gibt es die Stadtbücherei meiner Heimatstadt, die in meiner Jugend mein einziger Lichtblick war, auch nicht mehr, bzw. sie ist angeblich in einen abgelegenen Stadtteil umgezogen.)

Beim Notar angekommen, bat mich die Notargehilfin, zunächst im Wartebereich Platz zu nehmen. Sie kam dann kurz danach, um meinen Pass und andere mitgebrachte Unterlagen zu holen. Ein blutjunges Mädchen, lebt vermutlich schon ihr ganzes Leben lang in dieser Provinz, und schafft es trotzdem, sich den Anschein von Professionalität durch eine gewissen Arroganz zu geben.
Der Notar selber rasselte später halt seinen Text herunter. Ich hatte vorher bereits ausreichend Gelegenheit gehabt, ihn zu lesen, und stellte deshalb nur wenige Zwischenfragen, wo es noch Unklarheiten gab.

Wäre das Wetter schöner gewesen, hätte ich erst den nächsten Bus in zwei Stunden genommen. So jedoch war ich froh, dass ich nur eine Viertelstunde warten musste. Die Bushaltestelle war verlegt worden, aber ich fand mich zurecht.
Der Bus war einigermaßen pünktlich. Der Busfahrer prüfte ausgiebig meine Fahrkarte, und fragte mich, wo ich aussteigen wolle. Es stellte sich heraus, dass die Haltestelle in der Kreisstadt, die für mich am günstigsten gelegen wäre, von dieser Linie nicht angefahren würde. Also entschied ich mich für eine andere, was etwa zehn Minuten zusätzlichen Fußweg bedeutete, und setzte mich dann auf einen Platz, wo ich die Beine einigermaßen ausstrecken konnte.
An der nächsten Haltestelle stiegen die zwei Fahrgäste, die bereits im Bus gesessen waren, aus. Außer mir und dem Busfahrer war der Bus dann leer.
Im Laufe der Fahrt versuchte der Busfahrer immer wieder, Konversation mit mir zu machen, indem er mich beispielsweise fragte, wohin ich noch weiter fahren wolle. Ich hatte eigentlich den Kopf voll mit anderen Gedanken, so dass mir nicht nach einer Unterhaltung, geschweige denn einem Flirt zu Mute war, antwortete daher eher knapp denn freundlich.
Als ich schließlich ausstieg, wünschte mir der Busfahrer noch einen „besonders schönen Abend“. Ich bedankte mich, und wünschte ihm desgleichen.

Einer der Züge, mit denen ich dann später fuhr, war zwar nicht überfüllt, aber sehr voll, so dass anscheinend alle Sitzplätze besetzt waren. Mir war es zwar gelungen, einen Platz in Fahrtrichtung neben einer anderen Frau zu finden, aber gegenüber mir saßen auch Leute, so dass unsere Knie in Konflikt kamen. Ich setzte mich zwar soweit nach hinten, wie möglich, aber die Sitzgelegenheiten in öffentlichen Verkehrsmitteln sind einfach nicht für große Menschen ausgelegt. Es war sehr eng und unbequem, weshalb ich froh war, nach einer halben Stunde schon wieder umsteigen zu müssen.
Nicht allzu spät am Abend kam ich dann daheim an. Carsten war kurz zuvor ebenfalls heimgekommen, so dass wir uns erst einmal ausgiebig begrüßten.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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11 Antworten zu Zum Notar hin und zurück //2298

  1. Mia schreibt:

    Wie eben überall in der Provinz: Die öffentlichen Verkehrsmittel sind ein Krampf, und die Infrastruktur liegt in den letzten Zügen. Aber immerhin gibt es noch einen Notar in dem Kaff!
    Die als Arroganz gedeutete Professionalität einer blutjungen Notargehilfin, in Deutschland auch als Notarfachangestellte bekannt, ist sicher deiner subjektiven Wahrnehmung geschuldet. Welche mittelalte Frau lässt sich schon gerne von einem Küken auf der Wartebank platzieren.

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  2. blindfoldedwoman schreibt:

    Löblich auf das Auto zu verzichten, aber mit erheblicher Einschränkung der Bequemlichkeit verbunden. Für mich wäre das nichts. Und das schöne am Smartphone, man sieht gleich, wo was offen hat und mit welchem Angebot.

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Selbst im ICE stoßen die Knie am 4er Tisch zusammen. Immerhin war es nicht so lang bei dir und du hattest den Sitz in Fahrtrichtung.

    Nichts ist so stetig wie die Veränderung. Selbst in so einem Nest, in dem Du aufgewachsen bist.

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  4. Pingback: Tweets und Twittereien //2424 | breakpoint

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