Epitrochoidale Krümmung //2947

Die Entscheidung, mein eigenes kleines Ingenieurbüro aufzugeben, um als Teilhaberin und technische Geschäftsführerin von Novosyx zu arbeiten, war mir damals nicht leichtgefallen.
Was mich vor allem dazu bewogen hatte, waren meine Verpflichtungen gegenüber Carsten, aber auch die Aussicht, selbst in der Entwicklung zu gestalten und meine technischen Visionen umsetzen zu können. [Insgeheim hatte ich wohl auch ein wenig gehofft, ich hätte etwas mehr Zeit, um mich als Privatgelehrte meinen wissenschaftlichen Forschungen zu widmen.]
Stattdessen darf ich mich jetzt mit Kunden rumärgern, mit Behörden rumärgern, mit Mitarbeitern rumärgern, bürokratische Vorgaben umsetzen, die ich sinnlos oder gar widersinnig finde. Und das alles in Krisenzeiten, die vor sechs oder sieben Jahren noch überhaupt nicht absehbar gewesen waren (sonst hätte ich mich bestimmt nicht darauf eingelassen). Vermutlich hätte ich in „normalen“ Zeiten mehr Freiraum gehabt.
Ich muss mit Leuten verhandeln. Dabei wäre ich viel lieber im Hintergrund geblieben und hätte nur die Fäden locker in der Hand behalten.
War die Teilhaberschaft ein Fehler? Hätte ich mein Engagement anders einsetzen sollen?

Die Nachfrage nach unseren Produkten ist ungebremst. Wir könnten mehr verkaufen, als wir herstellen können.
Wir werden also die Fertigungskapazitäten erhöhen. Aber nicht mehr in Deutschland. Hier lohnen sich keine größeren Investitionen mehr. Ich fürchte, Industriewirtschaft hat hier keine erfreuliche Zukunft mehr. Stattdessen werden wir Standort 5 ausbauen. Dort gibt es noch Potential. Die Fachkräfte sind günstiger, Energiekosten erst recht, die staatliche Reglementierung wesentlich geringer, die Steuer- und Abgabenlast sowieso.
[Das ist eine rein pragmatische Entscheidung, nachdem unsere Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende unternimmt, dieses Land möglichst schnell und irreparabel herunterzuwirtschaften. Das mag nicht das eigentliche Ziel sein, wird aber kalt lächelnd in Kauf genommen, um sich als vermeintlicher Weltretter zu profilieren.]
Und unser „Made in Germany“-Zeichen? Tja .. beeindruckt das überhaupt noch einen Kunden?

Die Erweiterung von Standort 5 bedeutet unvermeidbare Reisen dorthin. Ich kann zwar einen Teil der nötigen Besprechungen online durchführen, werde aber nicht drum herum kommen, häufiger persönlich dort anwesend zu sein. Das ist so doof und lästig. Carsten wird zwar – vorläufig! – einen Teil übernehmen, aber auf Dauer bleibt es dann doch an mir hängen.
Nach unserer Roadmap bin ich eigentlich inzwischen gleichrangig wie der Chef (er weiß es nur noch nicht). Zum Glück sind wir ja wenigstens meistens gleicher Meinung.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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13 Antworten zu Epitrochoidale Krümmung //2947

  1. blindfoldedwoman schreibt:

    Nach 5 Jahren gefällt es Dir also keinen Deut besser als zuvor. Nicht gut.
    Im Grunde machst Du den Job nur, weil Du musst und wegen Deines Verantwortungsgefühls.
    Du solltest mit Carsten darüber sprechen.
    Er wird sicher versuchen es abzutun und Dir schmeicheln. Und Du, wirst Du klein beigeben, um ihn nicht zu enttäuschen?

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  2. pirx1 schreibt:

    „Der Olaf“ ist der prototypische deutsche Biedermann und seine nationalen, wie internationalen politischen Auftritte ebenso: unbemerkt. Dieweil übertreffen sich die Ampelmännchen in kleinkariertem Opportunismus, wo es nur geht. Selbst der eigenen, vermeintlichen Wählerklientel wird keiner der Potentaten mehr gerecht. Profillosigkeit bestimmt das Handeln.

    Wenn wundert es da, dass skrupellose Lebenslauffälscher das Vakuum auf Wahllisten füllen und Pseudostreit über alte Schulgeschichten die Alltagspolitik bestimmt?

    Grund für den Aufstieg Radikaler war immer ein Versagen der demokratischen Gemäßigten.

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Selbst und ständig. So geht Unternehmertun.
    Du kannst es ändern.
    Und die Entscheidung, außerhalb DE zu produzieren, ist logisch und nachvollziehbar.

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