Die Geschichte der drei Flaatsche //2944

Da ich nicht so richtig weiß, wo ich am besten anfange, halte ich mich am besten streng an die chronologische Reihenfolge. Denn wenn ich in medias res spränge, müsste ich dauernd Rückblenden machen.
Ich erinnere mich, dass meine Mutter einmal einen Insektenstich hatte, dessen Rötung sich weit ausdehnte. Sie nannte ihn Flaatsch, und irgendwann war er dann auch wieder verschwunden. Ich studierte damals wohl schon, so dass ich keine weiteren Einzelheiten mitbekam.

Jahre später hatte ich ein ähnliches Phänomen. Ich bin mir sicher, dass es kein Zeckenbiss war, aber es war mir unheimlich, wie sich das Ding auf meiner Haut ausbreitete. So weit ich mich erinnern kann, bereitete es keine nennenswerten Beschwerden, juckte höchstens gelegentlich leicht. Es wurde aber im Laufe mehrerer Wochen immer größer. So entschloss ich mich schließlich, gelegentlich zum Hautarzt zu gehen, kam aber vorläufig nicht dazu.
Dann erkrankte ich – unabhängig davon – an einer Lungenentzündung. Als ich eigentlich bereits auf dem Weg der Besserung war, schaffte ich es endlich, mich zum Arzt zu schleppen. Der verschrieb mir ein Antibiotikum. Und siehe da, nachdem ich dieses eingenommen hatte, war am nächsten Tag der Flaatsch verschwunden, als hätte es ihn niemals gegeben. Es muss sich also um eine bakterielle Infektion gehandelt haben.

Letztes Jahr Anfang Juli muss mich wieder etwas in den Oberschenkel gestochen haben. Ich bekam es gar nicht mit, auf einen Zeckenbiss deutete nichts hin.
Auch diesmal wieder begann sich die Rötung auszudehnen. Ich spürte aber niemals etwas, weder Jucken, noch Schmerzen, noch nicht einmal Hautspannen. Optisch verschandelte es halt mein Bein. Das war das einzige Problem.
Eine Zeitlang vermaß ich täglich die Achsenlängen des elliptischen Gebildes. Diese nahmen ziemlich linear bis zu einem Zentimeter täglich zu (was bedeutet, dass die Fläche quadratisch wuchs). Der Flaatsch war schon auffällig und blieb deshalb Carsten nicht lange verborgen.
Carsten drängte mich, einen Arzt aufzusuchen, weil es auf Borreliose oder sonst eine ernsthafte Infektion, eventuell auch der inneren Organe, hindeuten könnte. Aber da ich keinerlei Beschwerden hatte, einen ähnlichen Flaatsch schon einmal gehabt hatte, der harmlos gewesen war, und sowieso keine Lust hatte, deswegen zum Arzt zu gehen, wiegelte ich erst einmal ab. Außerdem war ich noch mit meinen Messungen beschäftigt. Mich interessierte einfach, ob das Wachstum noch länger in dieser Geschwindigkeit vor sich gehen würde.

Dann waren wir im Urlaub. Der Flaatsch war viele Stunden ungehindert dem Sonnenlicht ausgesetzt. Er verblasste. Offenbar sind die Bakterien photosensitiv, so dass eine Strahlenbehandlung wirkt. Ich glaube, wenn wir zwei oder drei Tage länger dort gewesen wären, wäre er ganz weg gewesen.
So jedoch wurde er daheim wieder dunkler. Ich vermaß ihn aber nicht mehr. Mit dem Herbst war dann wieder wärmere Kleidung nötig, und meistens galt einfach „aus den Augen, aus dem Sinn“. Ich dachte kaum noch an ihn, da ich ihn ja nicht spürte.
Im Laufe des Winters breitete er sich dann weiter aus. Inzwischen war er längst nicht mehr durch eine geschlossene, zusammenhängende Kurve begrenzt, sondern verteilte sich auf einzelne Streifen. Beim ursprünglichen Bein verlief der gerötete Streifen bis über die Mitte der Wade. Oben hatte er sich zum anderen Bein hin ausgebreitet und war oben am Oberschenkel erkennbar. Auch am unteren Rücken zog sich ein schwacher Streifen entlang.

Als ich wegen einer anderen gesundheitlichen Beeinträchtigung, einen Arzt aufsuchte, brachte ich auch den Flaatsch zur Sprache, und dass ein gut verträgliches, geeignetes Antibiotikum ihn vermutlich beseitigen würde. Aber der Arzt warf nur einen kurzen Blick darauf und wollte mich an einen Hautarzt überweisen.

Als es wieder sonniger wurde, so dass ich im Freien mehr unbestrumpfes Bein zeigen konnte, verblassten der Streifen an der Wade. Der am Oberschenkel jedoch wurde vom Rocksaum bedeckt und breitete sich langsam weiter nach unten aus.
Auch dieses Jahr verschwand dieser Streifen im Urlaub fast. Aber eben nicht vollständig. Der Streifen am Rücken dagegen war schon vorher nur schwach gewesen. Der überstand die Bikini-Zeit nicht.
So kurz sind meine Röcke (zumindest die, die ich im Büro anziehen kann) nun doch nicht, dass sie Sonnenbestrahlung auf den verbliebenen Streifen am Oberschenkel zuließen. Außerdem regnete es erst mal mehrere Tage lang und kühlte deutlich ab.
Den Spätsommer habe ich dann noch – wann immer möglich – genutzt, den Streifen solar-photonischer Exposition auszusetzen. Die Freizeitröcke waren mittlerweile schon praktisch kurz genug. Auch ohne sie zu lupfen, kriegte der Streifen zumindest Streustrahlung ab.
Aber die Rötung ist zwar schon deutlich blasser und kürzer, hält sich aber hartnäckig. Noch gibt es leider kein Happy End. Ich würde den Streifen schon noch gerne in dieser Saison loswerden, und nicht erst nächstes Jahr, wenn er sich (bei aktueller Ausbreitungsgeschwindigkeit von etwa einem halben Zentimeter pro Woche) bis mindestens zum Knie verschoben hat.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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8 Antworten zu Die Geschichte der drei Flaatsche //2944

  1. pirx1 schreibt:

    Ein ortsansässiges kundiges Kräuterweiblein oder ein Schamane mischt vielleicht ein färbendes Elixier für die restliche Haut, dann fällt der Kontrast nicht mehr so auf?

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  2. blindfoldedwoman schreibt:

    Scheint so, als sei Dein Immunsystem zu schwach, um die Bakterien oder Pilze zu bekämpfen. Mir wäre es allein wegen der möglichen Übertragung zu riskant.

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Warum dieses Rumgeeier?
    Ab zum Hautarzt, egal in welchem Status sich der Flaatsch befindet. Du beschreibst es gut und der Doc wird wissen, was zu tun ist.
    Pilze sprechen nicht auf Antibiotika oder Sonne an. Viren auch nicht, nur Bakterien. Sollte es doch eine Borreliose sein, kann man es gut nachweisen. Das wäre kein Peanuts in langfristiger Betrachtung.
    Also, ab zum Doc.

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