Eine entwicklungspolitische Frage //2844

Wie bereits gebloggt habe ich jemanden eingestellt, der später mein Nachfolger für die firmenweite Softwareentwicklung werden soll. Er hat noch Kündigungsfristen einzuhalten, so dass er hier erst im Sommer anfangen wird. Erst dann lässt sich die Kiste öffnen.
Selbstverständlich wurde ihm im Arbeitsvertrag nicht fest versprochen, dass er diese Position auch tatsächlich einnehmen wird. Er fängt zunächst offiziell als fachlich spezialisierter Mitarbeiter an, ohne ausdrückliche Führungsverantwortung. Denn bei aller Hoffnung, ihm meine Aufgaben übertragen zu können, muss ich dennoch auf sicher gehen, und ihn erst einmal einarbeiten und dabei beobachten, bevor ich die nächsten Schritte unternehme. Nein, dafür reicht die Probezeit eventuell nicht aus.
Er soll zwar ziemlich schnell einzelne Projekte übernehmen und mindestens eine Gruppe führen, aber ich werde nicht überstürzt handeln.

Jetzt stellt sich mir die Frage, wie ich diese Personalie unternehmensweit und insbesondere meinen direkt unterstellten Mitarbeitern gegenüber kommuniziere.
Grundsätzlich lege ich Wert auf Transparenz. Aber gerade in diesem Fall ist mir die Angelegenheit zu delikat. Ich will vorläufig nicht unnötig Pferde scheu machen. Manche Mitarbeiter würden sich vermutlich übergangen fühlen, wenn ich ihn von vornherein als meinen designierten Nachfolger ankündige.
Wenn alles läuft, wie vorgesehen, übernimmt er dann nach und nach meine Führungsverantwortungen. Natürlich wäre es mein Recht, die Belegschaft vor vollendete Tatsachen zu stellen, es entspricht jedoch nicht meinem üblichen Kommunikationsverhalten, das möglichst frühzeitig über anstehende Veränderungen informiert.
Ich fürchte um das gute Betriebsklima, wenn ich die Personalie noch lange verschweige. Soweit möglich bin ich immer offen mit meinen Mitarbeitern umgegangen. Etliche wären bestimmt enttäuscht, und vielleicht würden sie das dann meinen Nachfolger spüren lassen. Ich möchte unser in den letzten Jahren gewachsenes und gereiftes Vertrauensverhältnis nicht aufs Spiel setzen.

Wenigstens kann ich es mir schon noch eine Zeitlang überlegen, wie ich genau vorgehen werde. Alles hat Vor- und Nachteile. Ich tue mir hier schwer, die angemessen zu gewichten.

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Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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27 Antworten zu Eine entwicklungspolitische Frage //2844

  1. keloph schreibt:

    vertrackt ist die situation schon, ich denke insbesondere wegen der langen vorlaufzeit. da der arbeitsvertrag keine übernahme deiner rolle ausdrücklich festschreibt könntest, du einfach einen neuen MA ankündigen, ohne über den rest zu sprechen. das wäre in gewisser weise erstmal richtig. so habe ich das verstanden. schwierig wäre, in der kommunikation den anspruch auf die führungsrolle anzusprechen, insbesondere, wenn du nicht sicher bist. in allen szenarien ist ein restrisiko. hast du denn schon drüber gesprochen, dass du die rolle abgeben willst? wenn nicht wäre die ankündigung eines zukünftigen kollegen wohl die eher richtige wahl von draussen betrachtet. ansonsten wird es noch einen schlag schwieriger. ein gutes händchen wünsche ich.

    Gefällt 2 Personen

  2. Mika schreibt:

    Mir ging das mal umgekehrt. Ich trat die Stelle als CIO an und durch einen sehr dummen Zufall mussten meine Kollegen annehmen, ich wäre der verdeckt agierende neue CEO, was nicht stimmte, aber aufgrund schlechter Kommunikation der Konzernleitung logisch erschien. Die Situation war nicht mehr zu retten. Nach 3 Monaten kündigte ich. Der neue CEO hätte mein Zwillingsbruder sein können. Dumm gelaufen.

    Anne, ITler sind nicht blöd. Irgendwo finden die einen Hinweis und dann hast du ein Problem.

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    • Hast du denn einen konkreten Tipp für mich, auf welche Weise ich das möglich friktionsarm kommunizieren kann?

      Übrigens geht es nicht um die IT-Boys (bei denen mache ich noch bis Frühjahr Elternzeitvertretung), sondern um meine Softies.

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      • Mika schreibt:

        Ein CIO ist wie ein Dom. Vertraue ihm, oder lass es. Ich hatte von allen Firmen, bei denen ich war, die gesamte IT auf Festplatte. Inzwischen ist das gelöscht, weil nicht mehr nötig.
        Niemals hatte ein CEO die Kontrolle über mich, das hätte ich nie zugelassen, weil ich der Dom war. Du kennst das ja von der anderen Seite.
        Sei ehrlich zu den Leuten. Nimm sie abends mal zu einem Essen mit und sag es ihnen. Sag ihnen einfach ehrlich, was du denkst und warum du so handelst. Ehrlichkeit kommt immer gut an.
        Und wenn es Not tut, kannst du mich mit verdeckter Nummer anrufen. Du hast was gut. Aber mach dich ehrlich.
        Es gab mal eine Firma Daimler und eine Firma Chrysler. Ich wusste mehr als die Vorstände 🙂 nicht nur ich.
        Den Neuen kannst du eh knicken, wenn der sich auf so einen wischiwaschi Vertrag einlässt, hat er keinen Arsch in der Hose. Ein Boss unterschreibt nur einen Boss Vertrag. Ich hätte dir das Ding grinsend zerrissen, vor deinen Augen.
        Tja, was nun, sprach Zeus 🙂

        Gefällt 1 Person

  3. blindfoldedwoman schreibt:

    Ich bin irritiert. Er hatte sich doch auf die Nachfolgerstelle beworben?
    Wenn ja, wieso unterschreibt er einen Vertrag, der das überhaupt nicht vorsieht?

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  4. Plietsche Jung schreibt:

    Ich gebe Mika recht. Er fängt als Boss an oder gar nicht. Und wie beschrieben, informiere das Team zuerst.
    Noch etwas: Fachliche nerdige Skills schlagen keine Führungsfähigkeit. Es geht um Leadership, nicht ums Coden.

    Schau dir Fußballtrainer an. Die meisten Spieler spielen besser, aber der Trainer ist Psychologe, Motivator, Stratege. Und er hat Endscheidungsgewalt.

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