Obwohl ich bereits seit geraumer Zeit darüber informiert bin, habe ich es bisher vorgezogen, nicht darüber zu bloggen. Gesundheitliche Probleme sind in der Vergangenheit manchmal auf eine inakzeptable Weise abgestritten, mit Spott und Häme belegt oder ins Lächerliche gezogen worden, so dass ich lieber davon Abstand halte, mehr als unumgänglich öffentlich zu machen.
Aber jetzt hat sich eine Wendung ergeben, die in mein Leben eingreift, so dass ich halt doch nach einigem Zögern im Blog darüber schreibe, allerdings ohne spezifische Einzelheiten, die nicht für das Verständnis notwendig sind.
Fiona, meine jüngere Stieftochter, ist schwer erkrankt. Zwar habe ich sie nie gemocht, dennoch tut es mir leid. Ich wünsche ihr, dass sie schnell wieder vollständig gesund wird.
Zu ihrer Behandlung ist dringend eine Operation nötig. Sie bekam das Angebot von der dort zuständigen Klinik, es noch kurz vor Weihnachten machen zu lassen, oder eben erst später, dann wohl frühestens Mitte Januar. Also hat sie den Vorschlag angenommen, auch wenn sie dann über die ganzen Feiertage mindestens bis Neujahr im Krankenhaus sein wird, womöglich sogar länger.
Das Problem ist jetzt, was solange mit ihrem (nicht ganz fünfjährigen) Sohn Kim passiert. Bei früheren Klinikaufenthalten, die nur ein oder zwei Tage dauerten, konnte Fiona Kim bei irgendwelchen Freunden von ihr unterbringen. Aber für einen längeren Zeitraum will ihn niemand nehmen, insbesondere auch nicht gerade über Weihnachten, (und speziell auch nicht, weil Kim .. nun ja .. nicht gerade ein besonders einnehmendes Wesen hat).
Carsten meinte, dass er solange zu uns kommen könne. In der Wohnung wäre es zwar zu eng, aber über den Jahreswechsel seien wir eh auf dem Lande. Da wäre genug Platz.
Ich war nicht begeistert, und lehnte ab.
„Willst du, dass das Jugendamt ihn in Obhut nimmt, oder dass er zu Corinna kommt?“, fragte Carsten.
Das zwar nicht, aber Kim hat ja auch noch einen Vater. Also fragte ich zurück: „Was ist mit Raphael?“
„Raphael hat inzwischen eine eigene Familie, und seine Frau will kein fremdes Kind aufnehmen.“
„Aber er ist immerhin der Vater,“ [auch wenn sie ihm übel mitgespielt haben] „du nur der Großvater, und deine Frau will auch kein fremdes Kind aufnehmen.“
„Es ist doch nur für ein bis zwei Wochen. Ich habe in der Zeit praktisch Urlaub, und werde mich schon um Kim kümmern.“
„Und wenn der Klinikaufenthalt doch länger dauert?“, gab ich zu bedenken, „selbst wenn alles glatt läuft, wird Fiona nicht gleich wieder fit genug sein, um für ihr Kind zu sorgen. Da wird sie froh sein, wenn sie erst einmal selbst wieder alleine zurechtkommt.“
„Dann werden wir schon eine Lösung finden. Ein Schritt nach dem anderen.“
Carsten wird also rechtzeitig vorher hinfahren, um Kim abzuholen und herzubringen. Wir haben dann einen Gast zwischen den Jahren.
„Raphael hat inzwischen eine eigene Familie, und seine Frau will kein fremdes Kind aufnehmen.“
Das Kind des Ehepartners ist doch kein „fremdes Kind“.
Wie kann diese Frau dem Kind den Vater verweigern, wenn die Mutter länger ins Krankenhaus muss?
Also wird der Kleine irgendwo hin verschoben und geparkt, im Zweifel sogar vom Amt.
Was für ein Start ins Leben…
Kein Wunder, wenn so einer sich später mal festklebt, um Halt in der Welt zu finden.
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Die alte „Blut ist dicker als Wasser“-Geschichte. Nur aus dieser (in meinen Augen ziemlich sentimentalen und überkommene Konventionen bedienenden) Warte kann man Carstens Handlungsweise (zumindest ansatzweise) nachvollziehen. Nun gut: Vielleicht zählt auch noch ein allgemein caritativer Gedanke gegenüber dem Kind.
Allerdings hatte ich verstanden, dass Carsten „Fionas“ unmoralische „Samenspender- und Alimentenzahlerakquise“ weiland noch scharf verurteilt hatte.
Auch fand ich immer, dass der Konsens in der Kernfamilie Vater-Mutter-Kind (hier: Carsten-Anne-Johannes) schwerer wiegt, als die Begehrlichkeiten und Bedürfnisse weiter außen stehender Verwandter (und das sind in meinen Augen auch Kinder und Enkel aus vergangenen Beziehungen).
Nicht zuletzt ist diese Episode aber auch ein beredtes Zeugnis für die unverschämte Anspruchshaltung der sog. „Alleinerziehenden“ (in Wahrheit: Getrennterziehenden), die meinen, Furz und Feuerstein für das eigene Tun oder nicht Tun an ihren bedauernswerten Kindern verantwortlich machen zu dürfen.
Die eigene Brut ist ein sehr privates Hobby und wem käme es (es sei denn, ihm fehlte jeglicher Anstand) tatsächlich in den Sinn, für dieses Hobby andere bezahlen zu lassen oder sie zu Handlungen zu zwingen, die sie eigentlich ablehnen.
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Wenn es um meinen Enkel ginge, würde ich nicht fragen, nur ansagen.
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Das ist doch ganz wunderbar für euren Sohn. So hat er einen Spielkameraden – fast schon wie ein Brüderchen, die Jungs und Opa können Männerwirtschaft spielen, und Mama wuppt die Firma. 🙃
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Ich hoffe, Fiona wird bald wieder gesund.
Deinen Frust kann ich nachempfinden. Carstens Verhalten verstehe ich aber auch.
Vielleicht wird es ja nicht so schlimm wie befürchtet.
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Der arme Junge, kein Wunder, wenn er schwierig ist. Hoffentlich kann sein Großvater ihm das geben, was er dringend braucht: eine zuverlässige Bindung.
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Wie traurig. Ich bin ganz anders aufgewachsen und habe andere Werte mitbekommen. In meiner Familie würde niemand ein Kind ablehnen. Keine Großeltern, nicht mal Tanten und Onkel, selbst Cousins und Cousinen würden sich anbieten.
Meine Mutter hat nach dem Tod ihrer Schwägerin 2 Jahre eine Tochter ihres Bruders aufgenommen, da war ich gerade geboren, derzeit haben mehrere Mitglieder meiner Familie angeboten, dass meine Tochter während meiner Klinikaufenthalte und auch darüber hinaus jederzeit zu ihnen könnte.
Wenn ich jemanden heirate, dann akzeptiere ich auch seine Vergangenheit und dazu gehören auch seine Kinder (und Enkel). Niemand hat gesagt, dass das einfach ist. Das sind Bonuskinder nie.
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Erstmal gute Besserung für Fiona. Das scheint ja eilig und wichtig zu sein.
So wie es sich liest, ist das Kind ein echtes AK. Wer will sich das schon geben? Erst recht an freien Tagen wie Weihnachten. Familie hin und her, aber wenn mich ein Kind terrorisiert, soll sich doch bitte der verantwortliche Vater kümmern.
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Ach, seufz.
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Ich sehe das echt unbelastet von familiären Verpflichtungen. Wenn es einen Vater gibt, würde ich keinen Neffen nehmen, wenn es ein Nervbolzen ist. Dein und Carstens Job sind anspannend genug, dass ihr selbst eine Erholungszeit über Weihnachten braucht. Das ist weder egoistisch noch anmaßend. Eltern sind beide und somit in erster Linie verantwortlich.
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Enkel, nicht Neffe.
Ich sehe das im Wesentlichen ja wie du, aber Carsten halt nicht.
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Dann viel Spaß beim Entertainment-Programm 😉
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🙄
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