Grüßen oder es bleiben lassen //2726

Es kommt vor, dass mir etwas Seltsames passiert, etwas, auf das ich mir keinen Reim machen kann.

In der Alten Heimat hatte meine Mutter mir als Kind erklärt, ich müsse, wenn ich draußen rumlaufe, Leute, die ich kenne, grüßen. Wenn ich sie nicht kenne (üblicherweise Touristen), dann nicht unbedingt. Aufgrund meiner (damals unbewussten) Prosopagnosie erkannte ich aber fast niemanden, so dass ich folglich kaum jemanden jemals grüßte. Um unbekannte Leute zu grüßen, wäre ich ohnehin zu schüchtern gewesen, so dass der Default „einfach alle grüßen“ keine Option war. Insbesondere wenn Leute, denen ich begegnete, ihre Aufmerksamkeit offensichtlich auf irgendetwas anderes richteten, wäre es mir auch unhöflich erschienen, sie einfach anzusprechen.

Hier in der Stadt ist es unüblich, irgendwelche Passanten zu grüßen, kommt nur ganz selten vor. Auf dem Lande dagegen grüßen so größenordnungsmäßig vielleicht 70% aller Leute.
Da habe ich die Beobachtung gemacht, dass Leute, die einen bereits aus ein paar Metern Entfernung ansehen, auch grüßen werden. Die anderen schauen an einem vorbei und ignorieren. Eine Ausnahme von dieser Regel schien es bisher nicht zu geben.

Vor ein paar Wochen war ich jedoch alleine unterwegs, als mir zwei ältliche Damen entgegen kamen. Sie schauten mir schon von weitem entgegen, auch direkt ins Gesicht. Ich ging – wie eigentlich immer – ganz auf der rechten Seite des Weges. Sie kamen mir nebeneinander laufend frontal entgegen. Ich ging davon aus, dass sie auf die Seite ausweichen würden, und mir als Gruß zumindest zunicken würden. Aber nein. Sie blieben gerade auf ihrer Spur, ohne im geringsten ihre Richtung zu ändern, schauten mich aber weiterhin an.
Mir ging es nicht darum, mich unbedingt durchzusetzen, also wich dann halt eben ich selbst nach links aus. Sie guckten mich immer noch mit unbewegter Miene an, waren dann aber vorüber.

Schon skurril, welche Motivationen hinter solch einem Verhalten stecken müssen. Etwas ähnliches war mir schon einmal passiert, ohne dass ich herausgefunden habe, warum.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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10 Antworten zu Grüßen oder es bleiben lassen //2726

  1. keloph schreibt:

    2 erklärungen wären möglich: (i) machtkampf oder (ii) ignoranz. die beschäftigung damit ist verschenkte lebenszeit.

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    • 1) Welchen Grund sollten sie für Machtkampf haben? Dieses „wer weicht zuerst aus“ ist doch kindisch.
      Außerdem hätten sie sich dafür ja abgesprochen haben müssen. So erschien es mir nicht, dass sie darüber kommunizierten.

      2) Wer einen ignoriert, schaut einen doch nicht direkt an.

      Was auf neue Erkenntnisse hoffen lässt, ist für mich keine vergeudete Zeit.

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  2. Mika schreibt:

    Es waren Zombies. Dir tauchen seit zwei Jahren vermehrt auf. Tragen oft Masken im Gesicht, selbst wenn sie alleine im Wald sind. Ich weiche da im Normalfall nicht aus.

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    • An Zombies hatte ich nicht gedacht, aber zugegebenermaßen an Aliens (maskiert nur im Sinne von verkleidet), die die Gepflogenheiten der hiesigen Species nicht kennen.

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      • Mika schreibt:

        Aliens halte ich für sehr unwahrscheinlich, da ist ein c dazwischen. Zombies verirren sich manchmal aufs Land und sind dann mit unserer Freundlichkeit überfordert. Ein Lächeln und ein fröhliches Grüß Gott sind in deren Programmierung nicht verdrahtet.

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  3. pirx1 schreibt:

    Ich kenne solche Situation und fand sie auch lange unangenehm und seltsam. Seitdem ich aber Menschen, die ich nicht kenne, die mir aber unverwandt ins Gesicht starren oder in der von dir geschilderten Form zu nahe kommen präemptiv schon aus mittlerer Entfernung und besonders herzlich und überschwänglich grüße, hat sich dieses Gefühl gelegt und ist einer heimlichen, diebischen Freude an solchen Begegnungen gewichen. Und nützlich ist es obendrein.

    Erstens könnte es ja sein, dass ich nur keine Erinnerung mehr an diese Menschen habe, sie mich aber z. B. aus meinem beruflichen Leben kennen, dann wären sie es, die mich, weil grußlos, vielleicht zu Recht seltsam und stieselig fänden.

    Zweitens schadet ein übertrieben freundlicher Gruß, selbst wenn diese Menschen mich nicht kennen, auf keinem Fall irgendeinem von uns und reißt mein Gegenüber vielleicht für einen kurzen hellen Moment aus seinem Trott oder irritiert so sehr, dass er etwas zum Nachdenken hat („Kanntest du den, Elfriede?“). Und manchmal entsteht daraus sogar für mich ein kleiner fröhlicher Moment, z. B., wenn ich ebenso freundlich zurückgegrüßt werde.

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  4. idgie13 schreibt:

    Ich grüsse einfach alle, die mir entgegenkommen.
    Allerdings lebe ich ja auf dem Land und hier ist das total üblich auch bei unbekannten Leuten.
    Übrigens auch in den Bergen beim Wandern.

    Kommt eine Person entgegen, sagt man „Grüezi“, bei mehreren „Grüezi mitenand“.

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