Als ich während meines Studium einige Wochen in England verbrachte, ergab es sich immer wieder, dass ich mit einem Bus fahren musste. Ob ich jetzt nach dem Fahrplan der städtischen Busse fragte oder eine Busverbindung von London in den Westen suchte – die Leute waren häufig irritiert.
Mal schien bus der korrekte Ausdruck zu sein, mal coach. Meine Verwirrung wuchs, bis ich schließlich doch kapierte, dass bus den Linienbus, und coach den Reisebus benennt.
Wer meint, dass der Unterschied doch offensichtlich ist, weil Reisebusse eine deutlich komfortablere Ausstattung haben mit Plüschsitzen, Kofferraum und Toilette an Board, während Linienbusse weniger bequem, weil für kürzere Strecken, und üblicherweise mit Stehplätzen sind, der verkennt, dass diese Aufteilung für mich damals nicht selbstverständlich war. Im Linienverkehr in der alten Heimat, insbesondere für den Schülerverkehr, wurden häufig, wenn nicht meistens, (abgetakelte) Reisebusse eingesetzt. Insofern machte die Ausstattung da überhaupt keinen Unterschied.
So richtig trennscharf weiß ich es bis heute nicht, aber ich glaube, dass ein bus sich an einen regelmäßigen Fahrplan hält, und meist nur regional eingesetzt wird, während ein coach größere Strecken und die nicht zwingend regelmäßig bedient.
Ein anderes Wort, das im Englischen zwei Entsprechungen hat, die im Deutschen nicht unbedingt einsichtig sind, ist Hals. Die englische Übersetzung neck bezeichnet den äußeren Hals, dabei nicht nur den Nacken (das wäre nape), wie man vermuten würde, sondern auch die Kehle. Der Hals von innen ist dagegen throat, was m.E. eher Schlund oder Rachen entspricht.
In gewisser Weise ergibt das sogar einen Sinn. Wenn jemand sagt, dass ihm der Hals weh tut, weiß ich ohne Kontext nicht, ob er vielleicht an einer Muskelverspannung im Nacken leidet, oder möglicherweise Symptome einer Erkältung o.ä. hat.
Auf der anderen Seite hat das Englische nur ein Wort für Bürste und Pinsel, was ich unzureichend finde. Eine Bürste hat i.A. kürzere Borsten, und ist darauf ausgerichtet, mechanisch zu schrubben. Der Pinsel dagegen trägt Farbe oder andere Flüssigkeiten auf. Beides ist völlig unterschiedlich. Klar, wird man es meist aus dem Kontext unterscheiden können, ich finde es dennoch seltsam.
Englisch und Deutsch sind beides germanische Sprachen, also einander noch recht ähnlich. Wie viele Verwirrung muss es potentiell dann erst mit weiter entfernten, insbesondere nicht-indogermanischen Sprachen geben.
Es ist übrigens naiv, anzunehmen, dass nur, weil in einem Land Englisch eine Amtssprache ist, alle Einwohner fließend Englisch sprechen. Manche Malteser oder Inder beweisen das Gegenteil.
„Pinsel“ hat doch im Deutschen mehr als nur die eine Bedeutung für „ein Instrument, mit dem man Farbe oder Flüssigkeiten aufträgt“? Englisch dann: twit / simpleton / prick / dick / cock / lynx ear …
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Dir sind Malteser oder Inder bekannt, die nicht fließend Englisch sprechen?
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Dir nicht?
Das Englisch der Inder, die ich beruflich kenne, ist schon schwierig zu verstehen.
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Nö.
Ich kenne einen Malteser, der schaut nur lieb und bellt ab und an.
Aber ich kenne Russen, die sprechen ein besseres Deutsch als so mancher Bayer. 😏
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🥱
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Ich war schon auf Malta. Die Malteser, die viel mit Touristen zu tun haben, sprechen ja in der Regel gutes Englisch. Aber viele andere Einheimische radebrechen nur.
Mit Indern habe ich gelegentlich beruflich zu tun. Einige drücken sich schauderhaft aus, und haben auch enorme Verständnisprobleme.
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Mag sein, dass viele Malteser und Inder immer noch Schwierigkeiten mit einer germanischen Sprache haben, weil Maltesisch eine semitische Sprache ist und die mannigfachen indischen Sprachen gleich mehreren Sprachfamilien entstammen, von denen auch keine einzige die germanische ist.
Aber dafür glänzen Deutsche ja immer wieder mit fulminanten Englischkenntnissen:
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Gerd Müller würde auch als Inder durchgehen. 😅
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Selbst wenn man die gleiche Sprache spricht in einem anderen Land und die Muttersprache Amtssprache ist, heisst das noch lange nicht, dass man versteht, was gemeint ist.
Oder weiss jemand von euch (ohne zu googlen), was mit Pendenz, Vernehmlassung oder Apéro gemeint ist? Das sind alltagsgebräuchliche Wörter hier.
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Warum in die Ferne schweifen? Ein Bayer (oder gar ein Franke) weiß vermutlich auch nicht, was ein Rheinländer meint, wenn er von einem „Grastratsch“ spricht. Aber du hast natürlich Recht, Bayern ist ein anderes Land …
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Ich rede hier aber nicht von Dialektwörtern, sondern offiziellen Wörtern, die hier in der Schweiz im Schriftgebrauch üblich sind und auch in Zeitungen / Dokumenten verwendet werden.
(Du brauchst mir Bayern nicht erklären – ich komm da gebürtig her)
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Wer kann Bayern schon erklären (wollen)?
Aber wo hört Dialekt auf und wo fängt „offizielles Wort“ an? Vgl. z. B. in Österreich: Karfiol, Paradeiser, Fisolen, Hetschepetsch, Melanzani, Kranawett, Ribisel … .
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Meine Beispiele stammen aus dem Arbeits- / Behördenbereich und haben mit Dialekt nichts zu tun.
Deshalb hab ich ja auch nicht huutnöch oder Hiiwiis oder ähnliches geschrieben.
Geschrieben wird hier fundamental anders als gesprochen.
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Die o.g. Begriffe finden auch durchaus im „offiziellen Schritftösterreichischen“ und Arbeits- und Behördenbereich Verwendung.
Um in England zu bleiben: Nur 4% aller Briten sprechen RP und auch das ist als Ausdrucksform gesprochen und geschrieben im steten Fluss. Sprache ist dynamisch. Indisches oder maltesisches Englisch ist somit durchaus ebenso eine eigene Entität, wie Amerikanisch oder Australisch.
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Stimmt. Sogar regional kann es große Abweichungen im Sprachgebrauch geben.
Beispielsweise unterschiedliche Bezeichnungen für Krapfen oder Pfannkuchen.
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Apéro weiss man. 😁
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Also ICH und alle meine deutschen Kollegen kannten das nicht.
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die grundannahme, dass man durch einzelwortübersetzung den korrekten sinn eines satzes ableiten kann ist häufig, wenn nicht immer falsch. egal welche sprachen man betrachtet. insofern sind solche gedanken wie, wie ist sprache überhaupt entstanden oder wie hat übersetzungsfähigkeit beim ersten aufeinandertreffen zweier sprachen (und erst recht kulturen) begonnen, breathtaking.
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Ja, da hast du absolut recht.
Linguistik ist ein spannendes Thema.
Ich wollte hier nur ein paar simple Gedanken teilen. Es muss nicht immer tiefschürfend sein.
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stimmt auffallend, hatte nur selbst gerade lust drauf 😉
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Sprachen sind so schön vielfältig, ich mag das. Man lernt nie aus und es ist spannend.
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Stimmt. Ein Babelfisch wäre aber trotzdem toll!
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Geht auch ne App ? 🙂
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Ich nutze keine Äpps.
Für die unterstützten Sprachen ist deepl.com recht gut, aber natürlich weit von einem Universalübersetzer entfernt. 😦
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Ich finde es interessant, was diese Überlagerungen von Wortbedeutungen über die Konzepte aussagen, auf denen die Gedankenwelt von deren Sprechern basiert, das kann dann schon schnell mal zu kulturellen Unterschieden führen, alleine weil die Konzepte völlig unterschiedlich sind. Das fängt sogar noch früher an, wo viele Wendungen im Deutschen reflexiv sind, im Englischen jedoch nicht. So findet man dann unterschiedlichste Gedankenwelten vor, einzig dadurch, dass man als Kind die Sprache seiner Eltern „erlernt“ hat…
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Das dachte ich auch.
Es ist ja bei Weitem nicht so, dass man bei unterschiedlichen Sprachen jedes Wort eins zu eins übersetzen könnte. Da sind verschiedene Syntaces, und die Wortbedeutungen weichen mehr oder weniger voneinander ab. Hinter jeder Sprache steckt also auch eine eigene Mentalität.
Um mal wieder ein genderisches Beispiel aufzugreifen:
Im Deutschen ist die Sonne weiblich und der Mond männlich. In romanischen Sprachen ist es genau umgekehrt.
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Und dabei sind Sonne und Mond nicht einmal fortpflanzungsfähig oder haben gar Chromosomen …
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Sprachliches Genus ist etwas anderes als biologischer Sexus.
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Ganz genau.
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