Auf den Flausch gekommen //2651

Für gewöhnlich bin ich am Morgen früher im Büro, sofern ich nicht – wie meistens in letzter Zeit – ganz daheim im Home-Office bleibe. Diesmal war ich halt später dran, weil das Versorgen von Johannes mehr Zeit als üblich verbraucht hatte.
Danuta wartete bereits unten an der Pforte, um gleich einen Spaziergang mit Johannes zu machen. Sie sollte dabei in der Stadt etwas für mich besorgen, und wenn sie wollen und es ihnen danach nicht zu kalt ist, meinetwegen noch auf den Spielplatz. Ich wechselte noch ein paar Worte mit ihr, dann ging sie mit Johannes im Buggy los, während ich nach dem obligatorischen Antigentest weiter in Richtung meines Büros lief.

Bereits auf der Treppe vernahm ich seltsame Geräusche, Trabbeln und schließlich Hundegebell. Kaum oben angelangt, stürzte ein mittelgroßer Hund, Typ Bettvorleger, auf mich zu, beschnüffelte mich und machte Anstalten, an mir hochzuspringen – widerlich aufdringlich, aber wenigstens nicht aggressiv.
Ich war starr vor Schreck. Wie kam ein Hund hier herein?
Angelockt von den unüblichen Lauten standen ein paar Angestellte herum, unterhielten sich, und schauten.

Dann kam Frau Hilflo-Seerbin angerannt und zog den Hund zu sich: „Was bist du schon wieder ausgerissen, Schnuffy!“ Sie streichelte und knuddelte ihn, „ach, was bist du für ein Guter, ja, so ein wirklich Feiner!“
„Was macht der Hund hier?“, fragte ich.
„Den habe ich heute mitgebracht. Er mag es gar nicht, alleine daheim zu bleiben, und heult dann die ganze Zeit.“
„Das hier ist ein Firmengebäude. Hunde haben keinen Zutritt.“
„Das wusste ich nicht. Aber der süße Schnuffy-Schnuffy-Schnuffelchen macht doch gar nichts.“

Inzwischen hatte Carsten auch mitbekommen, welcher Tumult auf dem Gang herrschte, und trat zu uns. Frau Hilflo-Seerbin erzählte, dass sie den Hund noch nicht lange hatte, und ihn einfach mit ins Büro gebracht hätte, weil er hier ja nicht störe.
Er erklärte ihr, dass wir keine Hunde hier erlauben, u.a. wegen der Versicherung und weil eventuell Beschäftigte allergisch auf Tierhaare reagieren könnten.
„Aber wo soll der liebe Schnuffy-Schnuff dann hin, wenn ich her ins Büro komme? Er jault und bellt dann die ganze Zeit, wenn er allein ist, und zerbeißt die Möbel.“ (Erst recht ein Grund, ihn nicht mit ins Büro zu nehmen.)
„Du wirst schon eine Lösung finden, Astrid. Aber die Firma ist kein geeigneter Aufenthalt für einen Hund.“
„Der brave Schnuffy tut doch niemandem was. Ich lasse ihn nicht mehr aus meinem Büro „[das sie mit zwei Mitarbeitern teilt, die aber meist daheim arbeiten]“ heraus, und passe gut auf ihn auf. Die beiden Herren in meinem Büro haben nichts dagegen.“

Carsten weiß genau, was ich von solchen Hunde halte, und wie mir das zusetzt. Trotzdem gab er nach, und erlaubte, dass der Hund ausnahmsweise – weil er ja jetzt schon mal da sei – heute dableiben dürfe, sie ihn in Zukunft aber nicht mehr mitbringen solle. Er hätte sie wirklich sofort heimschicken sollen, zumal sie ohnehin nichts wichtiges zu tun hat. Vor Ort schon gleich gar nicht.
Frau Hilflo-Seerbin zog ihren (sich sträubenden) Hund hinter sich her, als sie wieder zurück in ihr Büro ging. Die Zuschauer zogen sich ebenfalls zurück.

Ich drehte mich um, um die Treppe wieder hinunter zu gehen.
„Wo willst du hin?“, fragte Carsten.
„Ich gehe“, erwiderte ich, „solange dieser Köter die Firma unsicher macht, ist hier kein Platz für mich. Schick‘ Danuta zu mir nach Hause, wenn sie wiederkommt.“

Ich wollte zwar später an einer Besprechung teilnehmen, aber da muss ich nicht zwingend persönlich dabei sein. Es reicht, wenn ich später das Protokoll lese, um mich über den aktuellen Status zu informieren. Ich hatte auch die Absicht gehabt, eine Zeitlang ins Labor zu gehen, aber das musste ebenfalls nicht heute sein. Ich kann meine Laborzeiten von daheim aus umplanen. Und der Gang durch die Fertigung, den ich dringend wieder mal machen müsste, kann, wenn es denn sein muss, auch noch bis nächste Woche warten.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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30 Antworten zu Auf den Flausch gekommen //2651

  1. blindfoldedwoman schreibt:

    Wieso hast Du ihr nicht gesagt, dass Du Angst vor Hunden hast? Muss Dir doch nicht peinlich sein.

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  2. Mia schreibt:

    Eine Unsitte, Hunde und Kinder mit auf Arbeit / ins Büro zu bringen.

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  3. blindfoldedwoman schreibt:

    Übrigens gibt es mittlerweile fast genau so viele Hutas wie Kitas.

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  4. Mia schreibt:

    Für jemanden, der eine Abneigung gegen Hunde hat, ist das sicher nicht so prickelnd. Vielleicht soll man vor dem ersten Arztbesuch auch noch nachfragen, ob es dort Hunde (oder gar Katzen) gibt?! ^^
    Meine Zahnärztin hat ein Aquarium mit Fischen. Das kann man tolerieren. Die machen wenigstens keine Geräusche, haaren nicht und latschen auch nicht durch die Praxis. 😉

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  5. pirx1 schreibt:

    Zu erwarten, dass alle Welt die eigenen Vorlieben teilt ist arrogant und rücksichtslos, denn Rücksichtnahme bedeutet: Jeder sollte sich so verhalten, dass er sich über seine Situation als Störer immer im Klaren ist (damit meine ich Störer im Sinne von jeder erdenklichen Art von Emission, Belästigung oder Gefährdung anderer). Was nützt eine Haftpflichtversicherung für den Hund, wenn der Hund andere Menschen belästigt, gar beißt, damit traumatisiert und der Sache der Tierliebe damit sogar einen Bärendienst erweist?

    Ich bin deshalb überrascht, dass Carsten diesen Übergriff geduldet hat und finde das auch nicht richtig, auch nicht ausnahmsweise für den Rest des Tages. Letztlich ist das nicht nur eine Machtfrage. Wer einen Hund hält, den er nicht ausreichend beaufsichtigen und beschäftigen kann, der handelt fahrlässig und gegen das Tierwohl.

    Umgekehrt ist es natürlich schade, dass ein Mensch mit Aversionen oder irrationalen Ängsten vor Tieren, und seien es nur bestimmte, aufwächst und das auch als Erwachsener nicht mehr ändern kann. Diese Form der Lernerfahrung setzt sich ja auf nächste Generationen fort. Aber ein Büro ist kein Ort für Lernerfahrungen in Sachen Umgang mit Tieren. Schon ein Aquarium finde ich nicht ok.

    In Arztpraxen setzen die Hygienebestimmungen dem Betreten durch Tiere enge Grenzen. Außer einem Blindenhund betritt kein Tier die Behandlungsräume und das ist richtig so. Und das sage ich, der selbst zwei Hunde hat und sie richtig gern mag – allerdings zu Hause.

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    • blindfoldedwoman schreibt:

      Auf unserem Platz sind 2 Hunde mit Therapieausbildung. Einer geht mit zur Schule und einer gehört einer Kinderpsychologin.
      Natürlich sind beide top erzogen.

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      • pirx1 schreibt:

        Therapieausbildung ist eine Sache (und gut), Hygienevorschriften in Arztpraxen eine andere.

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        • blindfoldedwoman schreibt:

          https://www.zwp-online.info/zwpnews/dental-news/branchenmeldungen/hui-oder-pfui-hunde-in-der-arztpraxis-das-sagt-der-experte

          Es gibt keine Gesetzesnorm, die den Aufenthalt von Hunden in Arztpraxen verhindert. „Letztlich hat aber der Praxisinhaber das Hausrecht. Er kann frei entscheiden, ob er seinen eigenen Hund in die Praxis mitbringt, und ebenso, ob er erlaubt oder verbietet, dass Hunde von Patienten in die Praxis – oder in bestimmte Bereiche davon – kommen dürfen“, so die auf Tierrecht spezialisierte Rechtsanwältin Ann-Kathrin Fries aus Wesseling.

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          • pirx1 schreibt:

            Gut gebrüllt, Löwe.

            „Vorgaben der Berufsgenossenschaft zum Schutz des Personals vor Unfällen sind zu beachten. Somit muss vor Einführung von Tieren in therapeutische Konzepte Rücksprache mit […] den Aufsichtsbehörden genommen und das Personal geschult und motiviert werden.“

            Die Aufsichtsbehörden sind das kaum zu überwindende Hindernis. Ich erinnere mich an unsere letzte Praxisbegehung (immer ein Anlass zur „Freude“, weil auch regelmäßig mit einer reichlich unfreiwilligen, „kleinen Gebühr“ verbunden). Da wurden wir z. B. gerügt, weil die Kaffeemaschine (ausgeschaltet) im Aufenthaltsraum des Personals auf einer normalen Küchenarbeitsplatte stand. Die Unterlage der Maschine müsse aus Keramik sein oder aus Stahl.

            Die Versicherungsträger sind das nächste Hindernis. Jeder Hundebesitzer weiß: Auch der gutmütigste Hund ist vor der Blödheit anderer nicht gefeit. Kommt es tatsächlich zu einem „Ereignis“ mit dem Tier, das ja auch unbeobachtet vom Praxispersonal und nur behauptet stattfinden kann, dann ist der Versicherungsnehmer wegen mangelhafter Aufsicht dran und die Versicherung bezahlt keinen Cent.

            Auch sind, wie man immer wieder sieht, längst nicht alle Menschen verständnisvoll oder tieraffin. Wer in eine Arztpraxis geht, der erwartet in erster Linie professionelle ärztliche Behandlung und nur die bekommt er da. Wenn man sich auf eine Erweiterung dieses Standards auch nur im geringsten einlässt, dann zieht man den Kürzeren. Bestes Beispiel eines selbsternannten „Praxiskritikers“: „Warum haben Sie für die Patienten denn keine Kekse im Wartezimmer ausliegen?“.

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  6. Plietsche Jung schreibt:

    Ich hab nichts gegen Hunde, weder Angst noch Allergie, aber ich durfte 2 Jahre erleben, wie ein Office ein paar Meter weiter roch, in dem ein Hund (so kleine Dogge) seine Besitzerin (natürlich) begleitete. Alle anderen in dem Büro waren schon geruchsblind, obwohl es dort roch wie im Pumakäfig.

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  7. ednong schreibt:

    Hm,
    betrachte ich das mal von anderer Seite:
    Wenn ich mit dem Gedanken liebäugele, mir ein Tier anzuschaffen – ist es dann nicht meine Aufgabe, erst einmal zu klären, wo das denn den Tag (betreut) verbringen kann, wenn ich arbeite? Und vor Mitnahme vielleicht mit dem AG zu klären, ob das im Büro erlaubt ist (ja, ich weiß, sie ist nicht angestellt [vermutlich])?

    Ich finde die Art und Weise von ihr schon nicht in Ordnung. Und Tier(haar)allergie ist nix, was man bagatellisieren sollte. Auch entsprechende Ängste nicht, auch wenn sie noch so klein sind.

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