The Stalker //2544

Vor einiger Zeit bekam ich eine Mail von jemandem, den ich hier „Herr Lauer“ nennen werde.
Er schrieb mir, dass er eines meiner ältesten Produkte schon lange nutzen würde, stellte ein paar Fragen dazu, auch was ich als Weiterentwicklung plante.
Ich antwortete ihm entsprechend, und bekam weitere Rückfragen von ihm. Seine Mails waren ohne Signatur und er nutzte eine Freemail-Adresse, so dass ich selbst überhaupt nichts von seinen Hintergründen wusste – weder was genau er arbeitete noch wo er wohnte.
Ich beantwortete wieder seine Fragen, und so kam allmählich ein längerer Mailwechsel zugange, in dem er immer wieder irgendwelche Details wissen wollte, die ich aber nicht offenlegen wollte.
Fast von Anfang an hatte ich den Verdacht gehabt, dass es sich um einen Konkurrenten handeln könnte, der versuchte, mich auszuspähen und mir vertrauliche Informationen zu entlocken. Deshalb war ich stets vorsichtig gewesen, was ich ihm schrieb.
Irgendwann schrieb er, dass er mich bei einer Veranstaltung gesehen hätte, wo ich einen Vortrag gehalten hatte. Dies hätte ihn so sehr beeindruckt. Das kann sein, muss aber schon länger her sein. Trotz meiner Nachfragen gelang es mir aber nicht, herauszufinden, um welche Veranstaltung es sich gehandelt hatte. Aber OK – durch die vorgegeben Thematik kommen für diesen Zeitrahmen höchstens zwei oder drei Veranstaltungen in Frage.
Das Googeln seines Namens brachte mich nicht weiter. Bestimmt ist es nur ein Pseudonym.
Ich verzögerte meine Antworten auf seine Mails erst immer länger, antwortete schließlich gar nicht mehr, was ihn nicht davon abhielt, mir in immer kürzeren Abständen zu schreiben.
Ich hätte seine Mails ungelesen löschen sollen, aber in der Annahme, dass auch mal etwas wichtiges hätte dabei sein können, überflog ich sie denn doch.

Zu etwa dieser Zeit erwähnte Carsten, dass er zwei oder drei Anrufe auf seine Sprachbox von einem unbekannten Anrufer bekommen hätte, der aber gleich wieder aufgelegt hätte. In meinem Telefonprotokoll sind etliche abgewiesene Anrufe unbekannter Nummer. Normalerweise lasse ich Anrufe nämlich nur zu von bestimmten Personen, deren Telefonnummern ich extra freischalten muss.
Ob diese Anrufe tatsächlich von Herrn Lauer stammen, weiß ich nicht, aber der Verdacht liegt nahe.

Dann entdeckte ich in den Mails Hinweise, dass Herr Lauer mich erst kürzlich gesehen haben musste. Er schrieb z.B., welche Kleidung ich getragen hatte. Solche Vorkommnisse wiederholten sich, und allmählich wird es mir unheimlich.
Ich gehöre nun wirklich nicht zu den Menschen, die sich schnell ins Bockshorn jagen lassen, oder sich in einen Verfolgungswahn hineinsteigern, aber ich fange an, mich unterwegs immer wieder umzuschauen, ob ich nicht beobachtet oder verfolgt werde.
Wenn ich mir etwas davon versprechen würde, würde ich Herrn Lauer noch einmal schreiben, dass er aufhören soll, mir so nachzustellen. Aber ich glaube, es ist besser, wenn ich ihn einfach ignoriere und mir nichts anmerken lasse.

Bestimmt hat er meine Adresse von Impressum meiner Website oder der Signatur meiner geschäftliche Mails. Es ist unverantwortlich, dass der Gesetzgeber Selbständige zwingt, ihre (private) Adresse für jeden sichtbar zu veröffentlichen.
Wenigstens auf dem Blog habe ich das Recht, Anne Nühm zu bleiben, und das ist gut so.

Es ist mittlerweile eine ungenannt bleiben sollende Zeitspanne her, seit ich den obigen Text geschrieben habe. Ich wollte ihn damals nicht gleich veröffentlichen, sondern noch vorläufig abwarten, wie sich die Angelegenheit weiter entwickelt.
Ich reagierte damals nicht mehr auf die Nachrichten von Herrn Lauer, und tatsächlich kamen danach nur noch wenige, bevor endgültig wieder Ruhe war.
Den Textentwurf hatte ich an anderer Stelle abgespeichert, so dass er mir aus den Augen, aus dem Sinn kam. Im Rahmen des dritten Wochenendes im Monat habe ich ihn jedoch wieder ausgegraben, und letztendlich doch noch verbloggt.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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36 Antworten zu The Stalker //2544

  1. noch1glaswein schreibt:

    Gruselig. Und es lässt einen ohnmächtig zurück, weil man nichts tun kann. Würde sagen, Du hast Glück gehabt, dass er aufgehört hat. Hoffe, das bleibt so.

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  2. mijonisreise schreibt:

    Das ist echt gruselig …

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  3. Sempersolus schreibt:

    Wohlmeinende (in Bezug auf Herrn Lauer) könnten jetzt natürlich sagen: „Was hat der Mann denn Böses getan?“ und „Woher soll er auch wissen, dass dir dieser Kontakt unangenehm ist, schließlich erhielt er regelmäßige Antworten auf seine Anschreiben und nie den expliziten Hinweis, er solle damit aufhören.“.

    Der ungefragte und distanzlose (und damit nicht normalen Gepflogenheiten entsprechende) Wechsel vom vermutlich vorgeschobenen geschäftlichen Interesse zur Schwärmerei ob deiner Vortragskünste und Beschreibungen deiner Kleidung und der seltsame Missbrauch deiner privaten Telefonnummer (die ja vermutlich nicht bei der Auskunft hinterlegt ist) gibt dem ganzen aber eine ungewollten „Lisbeth Salander Touch“. Ich verstehe dein ungutes Gefühl dabei. Was sagt Carsten dazu?

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    • beweis schreibt:

      nie den expliziten Hinweis, er solle damit aufhören

      Leider auch gefährlich. Denn ein Stalker wird dadurch nur bestätigt, dass er erfolgreich Emotionen in dir gesät hat und somit in deinem Leben eine Rolle spielt. Das verstärkt die Fixierung.
      Man muss jede Kommunikation auf andere Menschen umleiten und sich für den einen komplett unerreichbar und unsichtbar machen, bevor er das Gefühl entwickeln kann, in dein Leben eingedrungen zu sein.
      Und dass es sich um einen Stalker handelt, lässt sich ja in diesem Fall daraus ableiten, dass er sich nicht zu erkennen gegeben hat.

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      • Sehe ich etwas anders. Erst durch die Aufforderung, dieses Verhalten zu unterlassen, hätte er erfahren, dass mich seine Mails beunruhigen.
        Dadurch, dass ich das nicht ausdrücklich geschrieben habe, konnte er nur vermuten, dass ich sie mit Gleichgültigkeit aufgenommen habe.

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        • Sempersolus schreibt:

          Es bleibt ein Problem mit zwei Seiten. Ich weiß auch noch nicht, wie ich den Rat bewerten soll, dass man sofort jede Kommunikation auf andere Menschen umleitet, denn am Ende bleibt ja dann nur die Idee, dass man sich in einer hilfsbedürftigen Situation befunden habe im Kopf des Opfers zurück. Vermutlich kommt es auf den richtigen Zeitpunkt für dieses Umleiten sehr an.

          Bemerkenswert ist auf jeden Fall, dass bei der „Opferseite“ (auch wenn hier nicht viel passierte) Emotionen wie Mitleid, bei intensiverer Beschäftigung am Ende sogar Schuldgefühle induziert werden. Das wird der Rolle nicht gerecht.

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    • Nein, er hat nichts wirklich ungebührliches getan. In diesem Falle hätte ich eine klare Ansage machen können.

      Ich habe Carsten damals nichts davon gesagt, da es keinen Grund gab, ihn ebenfalls damit zu belasten.
      Wäre die Angelegenheit eskaliert, hätte ich ihn aber schon bald ins Vertrauen gezogen.

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  4. beweis schreibt:

    Ich hätte seine Mails ungelesen löschen sollen, aber in der Annahme, dass auch mal etwas wichtiges hätte dabei sein können, überflog ich sie denn doch.

    Das ist zusammen mit seinem Hinweis, dich erlebt zu haben, die entscheidende Stelle. Sobald ein Satz von der rein fachlichen oder produktorientierten Thematik abweicht, ist es zwingend, jegliche Korrespondenz mit dieser Person komplett an jemand anderes abzugeben.
    Nur so kriegt man Stalker und Stalkerinnen weg, bevor sie ihre Fixierung immer weiter verstärken, was dann komplett ausufern kann. Ich hatte eine über Jahre an der Backe mit Polizei, Gericht etc. pp. Das war permanenter Horror.

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    • Wenn man jahrelang selbständig als Einzelkämpfer tätig ist, ist man dran gewöhnt, sich selbst um alles zu kümmern.
      Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, das an irgendjemand anderen auszulagern. Und letztendlich ist die Sache ja auch unspektakulär ausgegangen.

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  5. macross2013 schreibt:

    du kannst die Firmenadresse mit entsprechender Postvollmacht nutzen, alternativ dienste wie https://www.adress-schutz.de/

    Was ein Bekannter von mir macht, er hat einen Platz in einem CoWorking Space gemietet 🙂 Damit kann er die 6 mal im Jahr die er einen Besprechungsraum braucht, diesen nutzen, kosten laut seiner Aussage deutlich unter 400 Euro im Jahr inkl. Ladungsfähiger Anschrift.

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  6. ednong schreibt:

    Oha, übel. Deinen Kommentaren nach liegt das lang zurück. Normalerweise würde ich bei so einem Verhalten vermuten, wer brütet was aus. Vermutlich dürfte die Pandemie aber schon für etwas Beruhigung gesorgt haben.
    Ich würde das aber nicht ad acta legen.

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  7. Mia schreibt:

    Hast du deshalb vorsorglich schon mal dein Profilbild geändert? Weil du die Befürchtung hast, er könnte durch irgendwelche Kanäle auf dein Blog finden?

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  8. Leser schreibt:

    Womöglich hat er das Interesse verloren, als er Dich mit Nachwuchs gesehen hat…

    (Ich kann nicht verstehen, was in den Köpfen solcher Menschen abgeht, weshalb sollte man jemandem derartig nachstellen und belästigen? Was verspricht man sich davon? Wie wahnhaft muss man sein, dass man glaubt, man würde der Zielperson dadurch auch nur im entferntesten tatsächlich näher kommen?)

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    • Sempersolus schreibt:

      Wie ich verstehe wissen wir doch gar nicht, ob das „Nachstellen“ oder „Belästigung“ war. Schnelle Urteile zu fällen und Köpfe rollen sehen zu wollen finde ich nicht weniger bedenklich.

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      • Sein Verhalten war nach meiner Einschätzung noch nicht justiziabel. Allerdings hatte ich Befürchtungen, dass es ausarten könnte.

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        • Michael schreibt:

          Sehe ich anders. $238 (1) 2 StGB. Er war beharrlich und schränkte dadurch Deine Lebensgestaltung ein. Und er nutzte nicht nur Telekommunikation, sondern hat Dich offensichtlich persönlich aufgesucht (wenn auch nur aus der Nähe und nicht persönlich).
          Die Entscheidung, ob etwas justiziabel ist, das sollte man dem Staatsanwalt überlassen.
          Vielleicht hast Dur nur deswegen Ruhe, weil der Kerl wegen einer anderen Stalking-Angelegenheit im Knast sitzt.

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          • Sempersolus schreibt:

            Na: Die dort aufgezählten Kriterien griffen zwar für so manchen Telefonwerber, „enlarge you penis“-Spammer und Forentroll, aber ohne die Einschränkung „unbefugt“ auch für Krankenkasse, Stadtkasse, Verkehrsüberwachung oder das Finanzamt.

            Kann ich meinen Postboten schon anzeigen, weil er mich „persönlich aufsucht“ oder muss ich ihm nicht auch das unbefugte Aufsuchen nachweisen (und ist die Teilnahme als Zuschauer an einer öffentlichen Vortragsveranstaltung schon „unbefugt“)?

            Wie beweist man denn, dass diese Handlungen unbefugt waren, wenn man die Mails z. B. freundlich beantwortet hat?

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          • Meine Lebensgestaltung war doch nicht beeinträchtigt, bloß weil mich ein paar Mails genervt haben.
            Sie wäre beeinträchtigt gewesen, wenn ich mich vielleicht nicht mehr allein aus dem Haus getraut hätte. Aber davon war ich noch weit entfernt.

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    • Nein, das kommt rein zeitlich nicht hin.

      Tja, was geht in solchen Köpfen vor? Vielleicht nur Langeweile, zumindest aber nichts besseres zu tun?

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  9. blindfoldedwoman schreibt:

    Meistens ist das jemand, mit dem man einmal kurzen persönlichen Kontakt hatte.
    Der Grossteil ist harmlos.

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  10. Michael schreibt:

    Und nach dieser Erfahrung willst Du immer noch den Gendersprachedeppen antworten? Denk nochmal drüber nach!

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  11. Plietsche Jung schreibt:

    Sei getröstet: Häßlichen Frauen wird nicht nachgestellt 🙂

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