A Novel Novel //2495

Manchmal überkommt mich die Lust, einen Roman zu schreiben.
Nur meine Verpflichtungen gegenüber der Firma und meiner Familie halten mich davon ab, von acht oder neun anderen Projekten ganz zu schweigen, die zwar wenigstens nicht alle gleichzeitig aktiv sind, in der Summe aber dennoch erhebliche Zeitresourcen beanspruchen.
Aber gerade als Gegenpol, um mich mal abzulenken und etwas völlig anderes als Ausgleich zu machen, wäre so ein Romanprojekt halt doch denkbar und .. tja .. irgendwie reizvoll.
Im Gegensatz zu Fachbüchern oder Papers ist ein Roman reiner Text. Ich brauche mich nicht um Tabellen und Diagramme zu kümmern, auch nicht um Referenzen oder ein Inhaltsverzeichnis. Das ist reine Entspannung. Einfach den Text fließen lassen.

Wenn ich so sehe, welchen Schund etliche andere „Schriftsteller“ so schreiben, und trotz des bestenfalls mittelmäßigen Niveaus damit Erfolg haben, bin ich mir sicher, dass ich das mindestens ebenso gut hinkriegen würde. Ehrlich gesagt, ist vieles von dem, was auf dem Markt ist, ungeheuer langatmig und ausufernd. Ich mag lieber kompakte Texte mit hoher Informationsdichte – ja, vielleicht bin ich als Programmierschlampe da vorgeprägt, da bei zwei Programmen mit gleicher Funktionalität das mit den kürzenen Sourcen meistens das bessere ist.

Es ist auch nicht so, dass es mir an Ideen mangeln würde, wenngleich ein umfangreicher Roman schon mehrere miteinander verflochtene Handlungsfäden erfordern würde.
Aber ich kann nur über das schreiben, was ich kenne. Für beispielsweise einen historischen Roman müsste ich erst langwierig recherchieren. So etwas in dieser Art fällt also aus. Mich zieht es ohnehin eher zum Science-Fiction-Genre, in schlechten Zeiten auch zur Dystopie.
Sicher ist aber, dass ich den Mainstream-Geschmack nicht treffen würde. Dafür ist meine Schreibweise zu nerdig und unemotional, drückt halt nicht nicht auf die Tränendrüse.
Den Spannungsbogen eines Thrillers aufzubauen, reizt mich überhaupt nicht. Es heißt ja, dass Sex and Crime sich am besten verkaufen. Gelegentliche Sex-Szenen würde ich bestimmt einbauen, aber zu irgendwelchen Krimis habe ich so gar keine Affinität. Außerdem habe ich beim Debuggen schon genug Mystery. Da bin ich gleichzeitig Opfer, Täter und Ermittler.
Mir liegt auch nicht daran, die Leser belehren zu wollen. Wenn sie etwas daraus lernen, ihren Horizont erweitern oder neue Informationen gewinnen, umso besser. Aber meine Absicht ist es nicht, andere in oberlehrerhafter Manier „aufzuklären“.

Ich mag keine Romane, bei denen es immer wieder schwer nachvollziehbare Sprünge gibt. Da gibt es eine Rückblende, dann wird aus der Perspektive einer anderen Person erzählt, ohne dass dies vorher deutlich gemacht wird. So etwas möchte ich nicht schreiben.
Mein Schreibstil ist weitgehend linear. Bei Rückblenden, Perspektivenwechseln oder thematischen Exkursen würde ich das (meistens) vorher kenntlich machen.
Ich würde so schreiben, wie ich es selbst lesen wollte. Weitschweifige Beschreibungen von Landschaften oder anderen bedeutungslosen Einzelheiten langweilen mich. Ich mag Konzentration auf das Wesentliche.

Die Liebe zur Literatur hat mir bereits der Deutschunterricht genommen, wo Romane und Dramen bis zum Geht-nicht-mehr auseinandergenommen und zerfleddert wurden, so dass nur Überdruss übrigblieb.
Von unterhaltsamer Literatur erwarte ich, dass sie mich mit dem gewissen Quäntchen Humor auf andere Gedanken bringt, und vielleicht sogar zum Schmunzeln und Lachen. Ich habe echt keine Lust, Texte zu lesen, in denen der Autor seine eigenen Traumata verarbeitet, oder uralte Kriegsgeschichten wiederkäut.
Vermutlich würde ich eine heitere, heile Welt aufbauen. Probleme gibt es IRL schon zu viele. Ein kleines, unbeschwertes Utopia irgendwo da draußen in einer anderen Galaxis.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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46 Antworten zu A Novel Novel //2495

  1. keloph schreibt:

    also ich wäre gespannt, wenn ich hoffen dürfte. auch ich trage mich seit jahren mit den von dir benannten gedanken rum, wenn auch vielleicht in anderer richtung. heute versuche icvh es mit kurzen abhandlungen zu aktuellen geschehnissen, und auch das erfordert schon viel struktur und aufwand.

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  2. Erzähl doch mal, was du so gerne liest. Wer das auch gerne liest, wird auch deinen Roman mögen 🙂

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  3. sempersolus schreibt:

    Romane, die sich nur auf die Ebene der Unterhaltung beschränken gibt es leider so viele.

    Spannend finde ich, wenn Autoren zwar ihr literarisches Handwerkszeug beherrschen, es aber vor allem virtuos benutzen, um den Leser in eine ihm unbekannte Gedankenwelt mitzunehmen, wenn sie Dinge oder Gedanken von sich selbst, aus ihrer Erlebniswelt, ihren Anschauungen, ihren Emotionen, ihrem Innersten mitteilen, ähnlich wie ein überzeugender Schauspieler große Teile seiner Persönlichkeit in seine Rollen einfließen lässt. Diese Erweiterung meines beschränkten Horizonts als Publikum ist es, die einen Text wertvoll für mich macht.

    Das wird um so anregender für mich, je mehr es auch etwas Substanzielles gibt, was nicht banal, sondern teilenswert ist.

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    • Reine Unterhaltungsromane, in denen der Autor nicht versucht, seine persönliche Message unterzubringen, und die dennoch ein gewisses Niveau haben, sind selten.

      Kannst du bitte ein paar Beispiele für Romane, die im von dir beschriebenen Sinn verfasst sind, geben?

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      • sempersolus schreibt:

        Ich habe nichts gegen die persönliche Message, im Gegenteil, wie ich ja schrieb: Die persönliche, von meiner so andere Gedankenwelt interessiert mich sehr und eine „Message“ ist auch Teil dieser Gedankenwelt. Ich muss sie mir ja nicht zu eigen machen, aber sie kann für mich Gelegenheit zur Reflexion bieten.

        Banal, die großen Klassiker zu nennen: Thomas Mann („Zauberberg“, „Buddenbrooks“), etc., aber auch Hans Fallada mit seinen sehr dichten Milieustudien („Kleiner Mann, was nun“, fabelhaft die Verkaufsszenen in der Herrenkonfektion), Max Frisch („Homo faber“, da erkenne ich mich selbst wieder) …

        Beschränkte ich mich allein auf das Science Fiction Sujet, dann könnte ich fast jeden Roman von Stanislaw Lem empfehlen (Solaris, Der Unbesiegbare, Fiasko, etc.), natürlich auch Isaac Asimov …

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        • sempersolus schreibt:

          p.s.: klassische Antibeispiele gibt es natürlich auch, Rosamunde Pilcher muss ich nicht extra erwähnen, denke ich.

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        • Wenn ich in meiner Freizeit zur Entspannung lese, möchte ich mich nicht mit einer Message auseinandersetzen.
          Nicht wenige Autoren versuchen, mit ihrer „Haltung“ die Leser – gezielt oder subtil – zu beeinflussen und zu manipulieren.

          Du erkennst dich in Walter Faber wieder?
          Das überrascht mich jetzt doch.
          Vor einiger Zeit hatte ich an ganz anderer Stelle eine längere Diskussion darüber.
          Ich schwanke zwischen den Möglichkeiten, ob 1) Walter Faber sich zwar selbst für rational hält, es aber überhaupt nicht ist, oder 2) Max Frisch eigentlich einen rationalen Menschen darstellen will, aber selbst nicht weiß, wie sich ein rationaler Mensch verhält.

          Lem und Asimov mag ich ebenfalls.

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  4. sempersolus schreibt:

    Es ist der Spaß, diese Manipulationsversuche zu durchschauen, sich sogar ein Stück davon mitnehmen zu lassen und trotzdem entscheidungsfrei zu sein.

    Ich glaube natürlich, dass Faber sich nur den Anstrich des „Technikers“ geben will, die „Hermes Baby“, sein Symbol – zumindest noch zu Beginn des Romans. Darum finde ich die Darstellung diese Teils seines Charakters auch nicht unpassend, sondern sehr passend ungelenk. Später wird Fabers Welt so ordentlich aus den Fugen gehoben (Sabeth und die Hintergrundgeschichte, in der damaligen Zeit vermutlich DER Skandalplot überhaupt), dass sein gespielter Rationalismus nicht mehr greift.

    Denkanstoß: Kann Mensch tatsächlich „der kühle Vulkanier“ sein, von Logik dominiert? Was soll dann Liebe sein? etc.

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  5. Seb schreibt:

    Hast Du als Nerd & Programmierschlampe schon mal was von

    Charles Stross
    Cory Doctorow
    Neal Stephenson (insb. das aktuelle Fall, or Dodge in Hell und den Vorläufer (mehr aber Thriller als SciFi) Reamde (kein Typo))

    gelesen?
    Vor allem bei Stross/Doctorow größtenteils nur auf Englisch verfügbar, großartiger Lesestoff IMO.
    Viel Utopie, Dystopie, parallele und simulierte Universen, Singularität & Transhumanismus und lauter anderes bizarres Zeug.
    Habe Pandemiebedingt statt Konzerten und Museen in den letzten Wochen mal wieder deren gesamten Output gelesen.

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    • Nein, bisher noch nicht.
      Ich suche aber eigentlich auch schon lange nicht mehr nach Lesestoff, da meine verfügbare Zeit ohnehin ausgefüllt ist.
      Statt passiv-konsumierend zu lesen, würde ich lieber aktiv selbst etwas schreiben. Naja, .. dafür ist meine freie Zeit eigentlich erst recht zu knapp.

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      • Seb schreibt:

        OK, mit Ehegespons und Baby/Kind anstelle „nur“ – coronabedingt derzeit leider nicht sonderlich häufig „physisch stattfindender“ – Beziehung mit einer Frau in einer anderen Stadt hätte ich da sicherlich auch keine Zeit für. Aber da es nun mal gerade so ist wie es ist, lese ich an allein verbrachtenTagen lieber zwei Bücher als die Zeit, die nicht mit Arbeit und hobby-coding, telefonieren etc. drauf geht, mit fernsehen oder gar „zocken“ totzuschlagen.

        Solltest Du mal ein wenig Zeit dafür haben: So als Einstieg in deren Welten und Denkweise wäre z.B. Stross – „Accelerando“, Doctorow – „Down and out in the Magic Kingdom“ oder deren Kollaboration „Rapture of the Nerds“ eine Empfehlung.
        Stross hat auch noch großartige, in nur leicht veränderter „Echtzeit“ agesiedelte Serien wie die „Laundry Files“ (Prämisse: okkulte Geheimdienste betreiben computergestützte Dämonologie) und „Empire Games“ (Prämisse: unterschiedlich entwickelte Parallelwelten existieren, ein „Clan“ kann ohne technische Mittel zwischen diesen „springen“) sowie einige wirklich irre Zweiteiler (z.B. Bit Rot & Nachfolger, Prämisse: Roboter mit KI müssen analog Menschen konstruiert werden, um wirklich menschenähnliche Intelligenz zu erlangen. und „erwerben“ damit aber auch alle menschlichen Macken und psychischen „Defekte“) geschrieben. Ich habe von ihm bisher noch nicht in die Hände bekommen, was ich nicht nach Möglichkeit am Stück durchlesen wollte.

        Praktischerweise kann man bei Stross & Doctorow alles völlig legal online lesen: Als Anti-DRM-Aktivisten und Public-Domain-Advokaten veröffentlichen sie zwar (auch) bei TOR Books, alle Bücher stehen aber auch ganz offiziell frei online.

        Stephenson (dem wir die heutige Verwendung des Wortes Avatar verdanken) hat nicht nur SciFi geschrieben, sondern auch einen äußerst interessanten historischen Dreiteiler, der mir sehr gefällt. Dennoch finde ich das aktuelle „Fall, or Dodge in Hell“ am bisher besten von ihm, das Buch geht von der Prämisse „ewiges Leben als Upload“ und der über mehrere Jahtzehnte von „jetzt“ bis in ferne Zukunft auf eine Familie konzentrierten Handlung tatsächlich gut Hand in Hand mit dem o.g. Accelerando.

        Sorry, ist was länger geworden als beabsichtigt, aber vllt. interessiert ja noch wen anders 😉

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        • Leser schreibt:

          (SciFi-)Thriller in manchmal etwas leichter verdaulicher Kost von hoher Güte sind auch die Romane von Daniel Suarez, sehr empfehlenswert. Vor allem die Geschichte in den beiden Büchern Daemon/Freedom habe ich geradezu verschlungen, aber auch die späteren Werke Kill Decision, Influx, Change Agent sind allesamt recht gut. Delta-V war zwar in Teilen etwas langatmig, aber durchaus auch lesenswert.

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    • Leser schreibt:

      Cory Doctorow und Neal Stephenson lese ich auch sehr gerne! Naja, zumindest das meiste von denen – die Welten, die Doctorow entwickelt, sind manchmal etwas zu düster für meinen Geschmack… Stephenson kann sehr langatmig werden, vor allem wenn er sich mit anderen Autoren zusammen tut, aber zugleich ist die Komplexität und die detaillierte Ausarbeitung der Handlung der Länge des Textes angemessen, und dann passt es schon wieder.

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  6. Plietsche Jung schreibt:

    Schuster, bleib bei deinen Leisten.
    Du bist keine Romanautorin. Lieber nicht machen.

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  7. Sempersolus schreibt:

    Wie beurteilt man, ob jemand anders ein Romanautor ist oder sein könnte oder nicht? Gibt es eine „vorbestimmte Professionslinie“, von der man nicht abweichen darf?

    J.R.R. Tolkien war Professor für Alt- und Mittelenglisch, Astrid Lindgren Sekretärin und Herman Hesse absolvierte eine Lehre als Buchhändler, Umberto Eco ist Professor für Semiotik, J.K. Rowling eigentlich Lehrerin, Uwe Tellkamp hat Medizin studiert. Die große Mehrheit der bekannten Schriftsteller hat vermutlich zumindest anfangs von einem „Butter-und-Brot-Beruf“ leben müssen.

    Dabei geht es ja nicht einmal um den Lebensunterhalt. Ein Schriftsteller zu sein ist nicht Folge einer formalen Ausbildungen, sondern Folge eines Drangs, der sich durchsetzt oder nicht. Das Talent dazu offenbart sich doch erst beim Tun an sich. Wer weiß, wie viele gute Textvorlagen auf ewig irgendwo im Verborgenen schlummern, weil sie nie veröffentlicht wurden oder sogar reine Gedankenwelten blieben?

    Ich finde, du solltest aufschreiben, was dich umtreibt und das tust du ja auch in diesem Blog schon. Wenn es dich darüberhinaus drängt, fiktionale Texte zu schreiben: Warum denn nicht?

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    • Einen richtigen „Drang“, unterhaltsame Texte zu schreiben, habe ich (über das Blog hinaus) eigentlich nicht.
      Da drängt es mich eher, mit Formeln herumzurechnen und zu basteln.
      Oder Code zu schreiben. Oder ..

      Ja, ja, ein Roman ist auf der Prioritätenliste sehr weit hinten. Ich lasse es wohl erst mal bleiben. Vielleicht in der Zukunft ..

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  8. Leser schreibt:

    Ich fände es aber wirklich mal interessant, einen Roman von Dir zu lesen, liebe Anne! Nachdem Du dessen Eigenschaften in diesem Blogartikel recht umfassend aufgezählt hast, *kann* es ja nur zu einer lesenswerten Geschichte werden! Lediglich die „Welt“, die Du aufbaust, bitte nicht auf einen anderen Planeten verlegen, sondern bloß in die Zukunft unseres Planeten, auch wenn sie in der heutzutage dystopisch anmutenden Realität sehr unwahrscheinlich anmuten wird. Gerade das ist es, was wir brauchen, einen positiven Ausblick in die Zukunft, und das fehlt uns in der Science Fiction eigentlich, seitdem „Star Trek“ in den 90ern vorbei war (auch wenn natürlich eine Fernsehserie etwas anderes ist, als ein Roman).

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    • Ein positiver Ausblick auf die Zukunft auf unserem Planeten? Oh, je, da fällt mir momentan so gar nichts ein, das halbwegs realistisch wäre. Ehrlich gesagt, halte ich die Menschheit schlicht für zu doof, eine dauerhaft friedliche, prosperierende Zukunft zu schaffen.

      Ich vermisse Star Trek auch.

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      • Leser schreibt:

        Naja, es soll ja eine Fiktion sein. Wie wäre es mit, die Menschheit hat sämtliche Energieprobleme durch einen Umstieg auf komplett regenerative Energien überwunden, insgesamt ist der Egoismus als Trend auf dem Rückzug, die Klimaerwärmung ist gestoppt und das Klima auf das Niveau von 1990 zurück gebracht worden. Statt aus Profitgier wurde armen Ländern in den Jahrzehnten davor aus wirklicher Hilfswürdigkeit geholfen, so dass es keine Entwicklungsländer mehr gibt, sondern überall der gleiche Lebensstandard herrscht. Die Menschen arbeiten nicht mehr, weil sie es müssen, um leben zu dürfen, sondern weil sie sich und/oder die Welt oder ihre Gesellschaft verbessern wollen, weil jegliche Produktion schon vor einem halben Jahrhundert komplett automatisiert wurde, auch Software wird inzwischen von „künstlichen Intelligenzen“ (also nur noch komplexerer Software) geschrieben, sämtliche „bullshit Jobs“ wurden abgeschafft, damit sich die Leute sinnvolleren Tätigkeiten widmen können. Das Streben nach persönlichem Reichtum ist nicht mehr en vogue, weil sich die Gesellschaft dahingehend geändert hat, dass die Menschen ihren „Wert“ nicht mehr durch äußere Werte, sondern durch so etwas wie Charakter usw. definieren, und das streben nach persönlicher Macht ist nicht mehr möglich, seit überall Liquid Democracy eingeführt wurde, und die Leute ihrer „Vertreter“ in der Demokratie anhand von tatsächlicher Sachkompetenz im jeweiligen Themengebiet selbst bestimmen, es gibt keine Parteien mehr, sondern es wird anstatt auf Basis von Klüngeleien oder Befindlichkeiten wirklich auf der Sachebene diskutiert, und wenn kein Konsens gefunden werden kann, wird die Diskussion ausgeweitet, bis hin zu möglichen Volksentscheiden (wenn die Volksvertreter sich nicht einig werden können).
        Dadurch, dass „Besitz“ nicht mehr wichtig ist (weil sowieso jeder genug hat, um ein gutes Leben zu führen, ähnlich eben wie in Star Trek) sind auch entsprechende Verbrechen stark auf dem Rückzug. Sexualverbrechen sind dadurch abgeschafft worden, dass es lebensechte Roboter-Puppen gibt, die ohne Tabus nach den Vorlieben von deren Besitzern angefertigt wurden, ganz egal wie diese aussehen.

        Das waren jetzt nur ein paar erste Eckpunkte, die mir eingefallen sind, anhand deren man diese Welt gestalten könnte. Eben wenn alles das, was in den letzten Jahrzehnten schiefgelaufen ist, nicht schiefgelaufen wäre – oder so ähnlich halt.

        Um die Handlung musst Du Dich natürlich noch selbst kümmern 😉

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        • Sempersolus schreibt:

          … und die „Ein-Kind-Regel“ ist fester Bestandteil der Lebenswirklichkeit?

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          • Gar nicht nötig.
            Für Sex sorgen ja die genialen interaktiven Sex-Roboter, und für den Nachwuchs (der nur als Ersatz nötig ist, wenn sich die Leute mit ca. 250 Jahren einfrieren lassen) die künstliche Gebärmutter für Designer-Kids.
            Natürliche Zeugung ist obsolet. In dieser verheißungsvollen Zukunft strapaziert doch keine Frau ihren Bauch mit dem Austragen eines Kindes.

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        • Warum nur muss ich gerade an die Eloi denken?

          Es wird immer (solange weder Genmanipulation noch Psychopharmaka eingesetzt werden) Menschen geben, die unzufrieden sind, ganz egal wie die äußeren Umstände sind.
          Die von dir skizzierte Zukunft erscheint mir persönlich nicht erstrebenswert. Sie nimmt jeden Anreiz und Motivation, das Leben zu verbessern. Menschen brauchen eine sinnvolle Beschäftigung.
          Und ganz ohne Probleme und Konflikte wäre das ein sehr langweiliger Romanstoff.

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          • Leser schreibt:

            „Ganz ohne Probleme und Konflikte“ verläuft kein einziges Leben irgend eines Menschen, der jemals lebt, gelebt hat, oder leben wird. Ich hatte lediglich eine Umgebung entworfen, wie die Welt in einer „positiven Zukunftsvision“ aus meiner Warte aussehen *könnte* (nicht muss! Und ich weiß nicht mal, ob sollte…) – dass das natürlich niemals „perfekt“ sein könnte, weil auf dieser Ebene einfach überhaupt keine Perfektion möglich ist, ist doch logisch. Wenn das Leben aus der materiellen Sicht betrachtet ohne Schwierigkeiten ist, gibt es genügend andere Punkte, an denen man es verbessern kann.
            Und natürlich ist in einem Hintergrund, wie ich ihn hier skizziert habe, keine Handlung enthalten – die ist es dann, was aus den Problemen und Konflikten besteht, aber dazu etwas zu schreiben hatte ich gezielt vermieden, denn es soll ja nicht mein Roman werden. Und war auch lediglich ein Beispiel für einen positiven Ausblick auf die Zukunft auf unserem Planeten.

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            • Ja, klar, ist schon OK.
              Ich denke halt, dass die Menschen, die tatsächlich in einer derartigen Umgebung aufgewachsen sein würden, eine völlig andere Mentalität entwickeln. Die sind so anders drauf, dass wir heute das gar nicht nachvollziehen können. Das kann ich nicht konsistent beschreiben, will mich damit auch gar nicht auseinandersetzen.

              Deshalb würde ich ja – wenn ich so etwas schreiben würde – mich völlig von der Erde und der Menschheit lösen wollen, und meine reine Fantasie spielen lassen.

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  9. Sempersolus schreibt:

    Wie man sieht, ergibt sich eine „Message“ wie von selbst, sogar, wenn man ein literarisches, vermeintlich sorgenfreies Utopia schaffen will.

    Auch in Roddenberry´s Startrek sterben Menschen „im Dienste der Aufgabe“, werden Individuen dem Befehl (und damit der Willkür) von Offizieren unterstellt, liegt man ständig im Krieg mit anderen Rassen, auch wenn man das als „Verteidigung“ schön redet.

    Selbst im Schlaraffenland gibt es Diabetiker.

    Ich finde daher einen Roman, der nur ein kleines gesellschaftliches Teilproblem bearbeitet realistischer, näher an der Wirklichkeit und damit für mich relevanter und interessanter.

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  10. Sempersolus schreibt:

    Wäre es nicht einfacher und speziell als alsbaldige Gute-Nacht-Option für Chefchen nützlicher, zunächst mit Märchen an Stelle eines Romans anzufangen? „Triodix bei den Feldeffekttransistoren“, „Handy und Gridchen im Elektronenwald“ oder „Tausendbeinchen im DIL-Sockel“?

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    • Das werde ich im Hinterkopf behalten.
      „Die orthonormalen Abenteuer von Nabla und Delta im schattigen Raume des Hilbert“ habe ich schon als Fortsetzungsgeschichte vorgesehen (à la 1001 Nacht). Das wird spannend!
      1. Folge: Klein Gordon im Sturm von Liouville
      2. Folge: Der unitäre Operator und sein quaternionischer Eigenwert
      3. Folge: Die grüne Faltung des d’Alembert
      4. Folge: Lorentz und das invariante Operatorfeld
      5. Folge: Gefangen in der asymptotischen Singularität
      6. Folge: Als die kontravariante Metrik divergierte
      7. Folge: Erwin in der topologischen Kiste
      ..
      Hach .. lauter phantastische Erzählungen ..

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      • Sempersolus schreibt:

        König MOSFETs Töchter

        Es war einmal vor langer, langer Zeit, als Elektronen noch gelb waren und Bit kaum mehr als eine Pilsmarke. Da schaltete und waltete auf einer Steckkarte der alte Leistungstransistor König MOSFET über sein Gefolge. Seine Metallrüstung hatte so manchen Elektronensturm erlebt und seine Oxidschicht stets jedem Durchschlagversuch getrotzt und am Ende hatte MOSFET so viele Ströme verstärkt, dass seine Europakarte ein blühendes kleines Königreich geworden war. Sattgrüne Platinenabschnitte, auf denen fettes Kondensatorenvieh nur so vor Ladung und Elektrolyt strotzte und Tag und Nacht brummte und summte, dass es eine Art hatte, prall gefüllte Magnetkernspeicher in denen sich die Ströme tummelten. Und weil MOSFET nicht nur ein kräftiger Schalter war, sondern auch nur wenig Streukapazität duldete, war er bald überall als potent und ob seiner langen Standzeit bekannt und berühmt.

        Weil aber ein alter König an sich noch nichts besonderes ist und selbst ein MOSFET ohne Gefährtin und Beiwerk gar nichts kann, gab es natürlich auch eine Königin. Die einstige Prinzessin CMOS aus der diskreten Nachbarschaltung hatte es MOSFET schon vor Zeiten angetan. Er war trotz ihrer niedrigen Arbeitstemperatur rasch von ihrer vielbeinigen Schönheit betört und ihr empfindsames Wesen gegenüber statischer Ladung tat ein Übriges. Sein Dielektrikum war entflammt, ihre Wirkung fast durchschlagend. Er freite sie und alsbald vermählte man sich und nur wenige Milliarden Taktzyklen später entsprang der gemeinsamen Liebe ein Paar von Zwillingen, zwei Mädchen, NOR und NAND genannt.

        Sofort waren die Mädchen im Königreich bei jedermann beliebt und mit Spannung wurde ihr Treiben von jedermann beobachtet. Noch jung an Jahren hatte beide dennoch schon kurze Schaltzeiten. Sie reizten Widerstände, sie tummelten sich auf den Weiden zwischen dem Kondensatorvieh und ließen dabei hin und wieder auch ´mal ein Gatter offen stehen, am liebsten jedoch spielten sie Boole. Wenn aber beide Mädchen doch ihre gemeinsame familiäre Herkunft nicht leugnen konnten, so waren sie trotzdem vom Wesen recht anders, was Kontakte zu Männerbekanntschaften anging.

        NAND war eindeutig monogam. Wenn man von Frauen sonst sagt, sie hätten an jeder Hand einen Bewerber womöglich noch gleichzeitig, so interessierte NAND gerade das null. Sie war ein glückliches Mädchen und an sich schon sich selbst genug, verliebt sich aber schließlich in einen mittellosen Vorwiderstand und heiratete, ihr Glück war perfekt.

        NOR, die Erstgeborene, dagegen war von je her allein zufrieden und nur sich selbst genug. Null reagierte sie auf jede Art von Eingangskontakt. Besorgt um einen Erben bestand aber der alte uneinsichtige MOSFET trotzdem auf einer Verbindung zum Nachbarschaltkreis und der König traf Arrangements. Ausgerechnet der dicke Elko aus dem Netzeil sollte es sein. Ihr ahnt schon, was passierte? Natürlich: in der Hochzeitsnacht durchgebrannt!

        Moral: Stromschlag kommt vor dem Knall

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