Mit meiner Familie war ich nie in Urlaub. Meine Eltern sind bis heute niemals verreist.
Dass ich in meiner Jugend dennoch dreimal etwas weiter wegkam, liegt an den Klassenfahrten, die wir in der Schule durchgeführt hatten.
Der Skikurs in der 8. (?) Klasse war die schlimmste Woche meines Lebens. Ein paar Jahre später waren wir einige Tage in München, wo mich besonders das Deutsche Museum beeindruckt hat. Schließlich gab es noch die Abifahrt nach Rom.
Nach meinem Vordiplom beschloss ich, dass ich mir eine Reise als Belohnung verdient hätte. Gleichzeitig wollte ich etwas für mein Englisch tun. Also fiel die Wahl auf London (und anschließend noch ein Aufenthalt in einem ländlichen Gebiet).
Meine Eltern schossen mir zu den Reisekosten einiges hinzu und schenkten mir ein Kofferset.
Um früh genug am Flughafen sein zu können, übernachtete ich bei entfernten Verwandten, die dort in der Gegend wohnten.
Es war mein erster Flug (wenn man von einem kurzen Flug in einer kleinen Sportmaschine absieht, den ich irgendwann als Geburtstaggeschenk bekommen hatte).
Von Gatwick aus fuhr ich mir einer Bahn ins Zentrum von London.
Als Unterkunft konnte ich mir nur eine Art Jugendherberge leisten. Wir waren acht junge Mädchen in einem Schlafsaal. Immerhin lag die Herberge ziemlich günstig, nämlich um die Ecke von Harrods und nicht weit zum Hyde Park. Sie war vergleichsweise billig, und es gab sogar Frühstück.
Leider hatte ein deutsches Mädchen das Bett neben mir. Da sie sich dauernd mit mir unterhalten wollte, untergrub das meine Vorsätze, nur englisch zu reden. Dann erinnere ich mich noch vage an zwei Neuseeländerinnen.
London ist teuer. Extrem teuer. Ich ernährte mich hauptsächlich von Einkäufen, die ich in irgendwelchen Supermärkten (rund um die Uhr geöffnet – wow!) gemacht hatte. Einmal leistete ich mir einen Hotdog.
Gerne wäre ich in Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett gegangen, aber der Eintrittspreis war so abnorm hoch, dass ich verzichtete.
Stattdessen besuchte ich einige Museen, deren Eintrittspreise wesentlich günstiger oder sogar kostenlos (?) waren. Ich erinnere mich an das Museum of Transport. Aber besonders gefallen hat mir das Science Museum in der Exhibition Road.
Mit dem Wetter hatte ich eigentlich die ganze Zeit meines Aufenthalts Glück. Es war trocken und warm. Kein Londoner Regen in Sicht.
Es gefiel mir, in den zahlreichen schönen Parks spazieren zu gehen. Zwischendurch entspannte ich mich auf einer Bank, und beobachtete die Geschehnisse um mich herum. Mir fiel auf, dass der Rasen dort fast jeden Tag gemäht wird. Dadurch wird er kurz und dicht, so dass er richtig samtig wirkt.
Ich erinnere mich auch, dass ich auf einer Bank saß, als ein junger Franzose sich neben mich setzte, unter dem Vorwand, er habe mich für eine Französin gehalten, da ich so leger dagesessen wäre, und ernsthaft versuchte, mich zu überreden, mit ihm in die Büsche zu verschwinden. Halb fühlte ich mich belustigt, halb geschmeichelt, aber so richtig ernst habe ich es nicht genommen. Zehn Jahre später wäre ich vielleicht sogar darauf eingegangen, aber damals war ich mir meiner selbst noch zu unsicher.
Ich sah auch den Kensington Palace (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schloss), den Tower, den Piccadilly Circus, .. habe daran aber keine konkreten Erinnerungen mehr. Auch kaum an den Zoo, den ich ebenfalls besucht hatte.
Wenn ich mich nicht täusche, hatte ich eine Wochenkarte für die Tube und die Stadtbusse. Es machte mir eigentlich Spaß, mit der Tube zu fahren. So etwas kannte ich von daheim überhaupt nicht. Einmal drehte ich eine volle Runde mit der Circle Line.
Nach ein paar Tagen in London wollte ich die Reise in einem ländlicheren Gebiet fortsetzen. Dorthin sollte es über Nacht (um Übernachtungskosten zu sparen) mit dem Bus gehen. Um zum Abfahrtsort zu gelangen, musste ich erst noch mehrere Stationen mit der Tube fahren. Meine Reisetasche hatte ich zwischen meine Füße geklemmt, der Koffer stand neben mir. Den Griff hielt ich mit der Hand fest.
Da bemerkte ich, wie irgendso ein Typ zu mir herstarrte. Ich fürchtete mich vor Taschendieben, und so hielt meinen Koffer stärker fest, und verstärkte auch den Kontakt mit der Reisetasche. Der Typ musterte mich weiter. Ich war fest entschlossen, mir mein Gepäck nicht klauen zu lassen, und klammerte mich daran fest.
Jetzt erst – viele Jahre später, in denen ich gar nicht mehr an diese Begebenheit gedacht hatte – fällt mir ein, dass er es vielleicht gar nicht auf mein Gepäck abgesehen hatte (da waren eh nur getragene Kleider und keine Wertgegenstände drin. Meine Koffer waren zwar neu, aber ansonsten war ich einfach gekleidet, ohne Schmuck oder sonstige Kinkerlitzchen. Da hätte es weit lohnendere Objekte gegeben), sondern auf die Beine schaute. Damals typisch für mich, so etwas überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Ich hätte dann viel entspannter sein können, und hätte mein Gepäck nicht so verkrampft festhalten müssen.
Über den Landurlaub hier noch zu schreiben, wäre zu lang für diesen Eintrag, obwohl es kaum etwas Interessantes dazu zu erzählen gibt. Früher oder später blogge ich wohl mal die Fortsetzung.
Gar keine Angst gehabt Dich in der grossen Stadt zu verlaufen?
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Nö. Ich war durchaus imstande, einen Stadtplan zu lesen.
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Das ist aber schon ein wenig traurig, dass ihr nie als Familie gemeinsam verreist seid. 😦
Und im Ferienlager warst du auch nie?
Hattet ihr einen Hof mit Tieren, die versorgt werden mussten? Und hast du nie deine Mitschüler beneidet, wenn die in die mit ihren Eltern in die Ferien gefahren/geflogen sind?
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Das war halt so. Habe ich akzeptiert. Ich kannte es ja nicht anders.
Nein, hätte ich gar nicht hingewollt.
Nein, aber zeitweise Katzen.
Nein. Hat mich höchstens etwas neugierig gemacht, war aber eigentlich kein Thema.
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Bei uns war das ganz genauso – ich bin wie Anne auch in Bayern auf dem Land aufgewachsen. Das war für viele ganz normal.
Ferienlager kannte ich gar nicht.
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Bin ja auch vom Land. Aber wir sind einmal im Jahr geflogen. Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Kanaren… ich glaube, früher waren die geografischen Unterschiede in Deutschland wesentlich größer. Finde ich immer wieder interessant zu lesen.
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Meine Eltern sind noch nie in ihrem Leben geflogen. Mein 1. Flug war mit 26…
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Dito. Naja, mit 22 IIRC.
Obwohl ich seither schon einige Flüge hinter mir habe, ist das Fliegen dennoch etwas Außergewöhnliches für mich geblieben.
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https://www.ndr.de/ratgeber/reise/Damals-Reisen-Urlaub-durch-die-Jahrzehnte,urlaub888.html
Ich hatte Glück, dass meine Eltern schnell vom Pauschalurlaub abkamen. Ich finde heute noch Vollpension, Bettenburgen und volle Strände schrecklich. Wenn Strand oder Pool, dann bitte mindestens 3 oder 4 Meter Abstand zum nächsten.
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In meiner alten Heimat sieht man das Thema wohl auch ein wenig anders, weil man selbst Feriengebiet ist und hauptsächlich vom Tourismus lebt.
Vor allem im Sommer werden wir dort von Urlaubern (insbesondere Niederländern, Dänen, Norddeutschen und Ruhrpöttlern) regelrecht überflutet.
Wozu in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nah.
Tja, warum soll man im Urlaub weit weg fahren, wenn die umgebende Landschaft selbst reizvoll ist.
Wir haben häufig Ausflüge in die Umgebung gemacht. Das war auch schön, und wir mussten uns den Aufwand einer langwierigen und teuren Reise nicht machen.
Für ein verlängertes Wochenende fahre ich gerne in die Gegend. Wellness und All-Inclusive gibt es dort zu mäßigen Preisen.
Eine Pauschalreise ist nicht gleichbedeutend mit Bettenhochburg und überfüllten Stränden. Lediglich die umständliche Organisation wird einem abgenommen.
Man muss halt deutlich tiefer in die Tasche greifen, wenn man Bungalows und leerere Strände will.
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Kann ich mir denken, dass man da auch mehr als 3000 € ausgeben muss. Damit kommt man als Individualtourist auch nicht aus.
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In Bayern gehen die Uhren offenbar tatsächlich anders.
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Eben. Es waren nur Ausnahmen, die mal verreist sind.
Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas von Ferienlagern gehört zu haben, kann es aber auch nicht ausschließen. Zur Debatte stand es jedenfalls nie, und ich hätte auch nicht den Wunsch danach verspürt.
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