Verlassen //2134

Carsten ist weg.

Vor ein paar Wochen war ein früherer Kommilitone von ihm ganz plötzlich lebensbedrohend erkrankt. Herzinfarkt oder so ähnlich. Inzwischen ist er wieder genesen.
Dies zum Anlass nehmend, hatten sich einige seiner Studienfreunde getroffen. Es war ihnen eingefallen, dass sie während ihres Studiums mal geplant hatten, gemeinsam eine größere Fahrradtour zu unternehmen, aber nie war etwas daraus geworden. Jetzt, nach über dreißig Jahren, sind sie alle beruflich etabliert, das Häuschen ist abbezahlt, die Kinder sind älter, und überhaupt .. sie kamen zum Schluss: „Jetzt oder nie, solange wir noch gesundheitlich fit sind. Das Leben ist kurz und kann jederzeit enden.“
Also planten sie relativ kurzfristig eine gemeinsame Tour. Aus Gründen, die jetzt zu erläutern zu weit führen würde, erfuhr Carsten erst vor wenigen Tagen davon, und entschloss sich spontan, ebenfalls mitzufahren.

Ich kann seine Motivation verstehen und seine Beweggründe nachvollziehen. Dennoch gefällt es mir nicht, dass er mich alleine zurücklässt.

„Was ist mit der Firma?“, fragte ich ihn, als er mich von seinen Plänen in Kenntnis gesetzt hatte.
„Es ist ja nur für anderthalb Wochen. Ihr werdet hier schon klar kommen. Es ist nicht das erste Mal, das ich länger verreist bin.“ Was hatte er früher doch immer ganz anders gesprochen!
„Das kommt aber ziemlich unvorbereitet!“, meinte ich, „sonst planst du Reisen schon länger im voraus und bereitest die Organisation vor.“
„Wenn ich plötzlich erkrankt wäre, müsstet ihr auch zurechtkommen. Ich verlasse mich auf dich.“ Und ich bin dann verlassen.
„Aber deine Termine?“
„Die, die weder du noch Herr Kleiter wahrnehmen könnt, werde ich verschieben. Darum kümmere ich mich noch, bevor es losgeht.“
„Das Wetter scheint nicht besonders gut zu werden“, wandte ich noch ein.
„Das weiß man vorher nicht. Aber wir sind allesamt nicht wasserlöslich, ein bisschen Regen stört uns nicht. Und wenn es nicht allzu heiß ist, umso besser.“

Tja. Wieder mal Strohwitwe, und wieder mal die alleinige Verantwortung für der Firma.
Dass Tante Irma mir voraussichtlich Gesellschaft leisten wird, heitert mich auch nicht gerade auf.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

21 Antworten zu Verlassen //2134

  1. Christian_who schreibt:

    Ich liebe Deine nörgelige Art. Bitte lege das nie ab Anne 🙂

    Gefällt 1 Person

  2. Leser schreibt:

    „die alleinige Verantwortung für der Firma.“ – Ist das ein Lapsus oder intendiert? Wenn letzteres, dann um was damit auszudrücken?

    Like

  3. Alex ii schreibt:

    Na, wenn das keine Gerüchte für den Flurfunk gibt..

    Like

  4. ednong schreibt:

    „Das Wetter scheint nicht besonders gut zu werden“ – was ein Aufbäumen deinerseits 🙂
    Du schaffst das schon – ich würde dir ja gerne Gesellschaft leisten …

    Like

  5. Plietsche Jung schreibt:

    Man (Frau) wächst mit seinen Aufgaben 😊

    Frauen Power!!!

    Du machst das schon…

    Gefällt 1 Person

  6. Pingback: Auf der Sonnenseite //2136 | breakpoint

  7. Pingback: Radveteranen //2142 | breakpoint

  8. Pingback: Die Einladung //2143 | breakpoint

  9. Pingback: Zur Überbrückung //2322 | breakpoint

Hinterlasse einen Kommentar