Wieder ein Jahr älter.
In den letzten paar Wochen bin ich ein wenig dazu gekommen, in alten Blogeinträgen zu schmökern. Vieles hatte ich fast vergessen. Das Blog hat es wieder präsent gemacht. Genau dafür ist mein Blog ja auch da.
Aber was mir aufgefallen ist: Irgendwie bin ich so zahm und brav geworden, fast schon langweilig.
Es ist nicht so, dass die Krallen meiner inneren Wildkatze nicht mehr scharf wären, aber ich fahre sie kaum noch jemals aus.
Was waren das noch für Zeiten, als er sich nie sicher sein konnte, dass ich etwas unpassendes sage, das ihn herausfordert. Vorbei die Zeiten, als ich ihn überraschte mit Logoentwürfen, einer Arbeitsanweisung für die Innenreinigung der Computergehäuse oder einem Motiv für die geschäftlichen Weihnachtskarten.
Wir kennen uns so gut, sind miteinander so vertraut, dass ich mich wohl nach und nach angepasst haben muss. Zu sehr angepasst. Fast schon assimiliert.
In den letzten Jahren habe ich mich offenbar sehr verändert (äußerlich weniger). Aus der unbekümmerten, lockeren Programmierschlampe ist eine verantwortungsbewusste, ehrbare Geschäfts- und Ehefrau geworden.
Ich weiß nicht, ob mir das gefallen soll. Habe ich mich verbessert? Oder waren das eher Rückschritte? Vielleicht werde ich auch nur alt. Die Entwicklung lief so allmählich und schleichend ab, dass sie mir kaum bewusst wurde.
Normalerweise ist Entwicklung ein zielgerichteter Vorgang, bei dem man sich iterativ, bisweilen auch agil (d.h. der Zielzustandsvektor kann sich dynamisch verändern) an das gewünschte Ergebnis herantastet. Egal ob man einen Backtracking- (quasi „Trial and Error“) oder einen Monte-Carlo–Algorithmus nutzt, oder eine Kombination von beidem. Gleichgültig ob man in eine Potenzreihe (Taylor) oder eine cis-Reihe (Fourier) entwickelt.
Eine konstruktiv-effiziente Entwicklung findet innerhalb der durch Rand- und Nebenbedingungen gegebenen Constraints statt. Denn jegliche Out-of-range-Verletzung kostet zusätzliche Anstrengung und verschleudert unnötig Resourcen.
Ein stabiler Entwicklungsprozess verläuft stetig, gleichmäßig, möglichst glatt, aber nicht sprunghaft oder übersteuert. Gelegentliche kleine Überschwinger sind nicht immer zu vermeiden. Wenn sich Sprünge und Überschwinger jedoch häufen, so sollte man seine Herangehensweise zumindest überdenken und ggf. ändern.
Die Kunst ist es, Hindernisse und Unvorhersehbarkeiten mit dem geringstmöglichen Aufwand zu bewältigen – eine Art Superposition von Variationsrechnung und metaheuristisch-evolutionärem Optimierungsverfahren. Und – schwuppdiwupp – bin ich jetzt da, wo ich nie vorsätzlich hinwollte.
(Ich bin wohl etwas vom Thema abgeschweift. Ihr wisst ja, ich habe manchmal die schrägsten Assoziationen. Außer mir braucht aber niemand sonst das alles zu verstehen. Ich werde euch nicht mit ausufernden Erklärungen behelligen.)
Trotz Verpflichtungen und Verantwortung sitze ich eigentlich recht gemütlich in meinem bequemen Potentialtopf. Und wenn er mir mal zu beschränkt wird, kann ich mit Tunnelspielchen ja dem limitierenden Confinement temporär entkommen.
(Leider mit Übersetzungsfehlern – wie kommt man dazu, semper crescis mit ever waxing zu übersetzen? Seltsamerweise haben – soweit ich gesehen habe – alle Filme mit Lyrics auf YouTube diesen Fehler.)
alles gut, solange du/ihr zufrieden im hier und jetzt seid oder? so jedenfalls sehe ich das.
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Alles fließt.
Ja, ich bin schon zufrieden: gesund, beruflich erfolgreich und privat glücklich.
Vor zehn oder fünfzehn Jahren hätte ich mich halt nie an diesem Platz gesehen. Das macht schon nachdenklich, ist aber ansonsten nicht problematisch – noch nicht einmal ein Luxusproblem.
Alles gut.
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genau die tatsächliche unvorhersehbarkeit der zukunft macht das leben doch so spannend.
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Einerseits schon. Andererseits gehöre ich zu den Leuten, die ganz gerne berechnend in die Zukunft extrapolieren.
Und wenn die eigene Zukunftshypothese durch die Realität falsifiziert wurde, kratzt das an meinem Nerd-Ego.
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bleibt aber dennoch akzeptabel, solange das in deinem koordnatensystem eine abweichung nach oben darstellt, oder? 🙂
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Oh, ich bin mir gar nicht so sicher, wie mein aktuelles Koordinatensystem genau ausgerichtet ist.
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das ist doch ein feines beschäftigungsfeld für die nerdin 😉
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Glückwunsch zum Geburtstag. Und – nichts ist endgültig (ausser ganz wenigen Dingen), alles kann geändert werden …
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Dankeschön!
Nein, ändern will ich ja gar nichts. Bassd scho.
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Zitat:
Es gab Zeiten in meinem Leben, da waren es Gedanken wie diese, die mich überhaupt dazu brachten zu atmen. Es war die Erkenntnis, die ich kürzlich auch twitterte: Entwicklung ist immer unangenehm – egal, in welcher Form. Sie ist langwierig oder anstrengend oder zeitintensiv oder schmerzhaft. Sie lässt einen zweifeln, kostet einen Schlaf oder führt zu inneren Qualen und sei es nur, weil man sich viele Gedanken über etwas macht. In irgendeiner Form ist Weiterentwicklung immer unangenehm, findet immer außerhalb der Komfortzone statt.
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Was soll der dilettantische Unsinn? Das habe ich nie geschrieben.
Wenn Entwicklung „unangenehm“ oder gar „schmerzhaft“ ist, so ist das ein Indikator, dass man einen Fehler gemacht hat.
Ist dies gar „immer“ so, taugt die gesamte Methodik nichts. Die sollte man dann schleunigst ändern.
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Was für ein Blödsinn. Immer unangenehm – oh, was muss ich doch gelitten habe und leide noch immer … 😉
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Hab‘ ich auch gedacht. Als Dev wäre man sonst ja in einem permanenten Zustand der Qual. 🙄
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Glückwunsch nachträglich.
Und: Willkommen in meiner Welt. So oder ähnlich hätte der Eintrag auch von mir sein können. Plötzlich stellt man fest, dass man sich verändert hat. Das war ja meist ein schleichender Prozess und wird uns darum ja gar nicht bewusst. Dennoch ist es ein Teil von uns. Ist nur komisch, wenn es einem dann so plötzlich auffällt.
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Dankeschön.
Bei mir hat tatsächlich der Vergleich früherer Blogeinträge mit dem aktuellen Status Quo die Erkenntnis der Veränderung (um nicht zu sagen Metamorphose) gebracht.
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1. Happy birthday, Anne. You’re looking good today 🙂
2. Ein Teil der Entwicklung nennt sich Reife, auch bedingt durch Erfahrungen (und Umfeld). Du hast dich weiterentwickelt.
3. Trau dich mal an Themen heran, die dir nicht so liegen. Das ist die Challenge des Lebens. Beispiel: Geh mal ins Marketing oder in den Vertrieb. Eine andere Welt, in der du dann Rookie sein würdest. Es würde dich brechen oder auf einen neuen Leben hieven.
4. Langweilig finde ich dich nicht. Im Gegenteil.
5. Spock wäre stolz auf dich.
Genieße dein neues Lebensjahr !
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1.-5. Many thanks for all of it, Plietschi.
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Tja, du wirst halt älter 😉
Glückwunsch dazu.
Und irgendwann schaffst du es dann auch über die 29 … 😛
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Danke, edi.
Ich suche ja noch nach einer Möglichkeit, die 29 einzufrieren, 2A hört sich schon nicht mehr so prickelnd an.
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