Ein tierischer Ausflug //2105

Sophie war letzte Woche aus dem Krankenhaus entlassen worden. Sie muss noch eine Zeitlang Medikamente nehmen und bleibt vorläufig in ambulanter Behandlung. Bis sie so weit ist, dass sie wieder in den Kindergarten gehen kann, wird es aber noch ein paar Wochen dauern. Jetzt in den Osterferien ist ja Sonja eh daheim und kann sich um sie kümmern. Nächste Woche wird Verena wohl frei nehmen müssen.
Wie auch immer – der kleine Niklas ist in den vergangenen Monaten häufig zu kurz gekommen. Deshalb hatten wir geplant, mit ihm in den Zoo zu gehen. Dort war er zwar vor zwei Jahren schon mal, aber damals noch so klein, dass er wohl nichts mitgekriegt hat und sich nicht mehr erinnert. Verena wollte ursprünglich mitkommen, aber da Sonja an diesem Tag doch etwas anderes vorhatte, als zu babysitten, blieb jene halt dann doch zurück.

Carsten und ich holten Niklas also dann am Vormittag ab, und fuhren gemeinsam zum Tiergarten in der Trichterstadt. Wir liehen einen Handwagen aus, damit Niklas nicht die ganze Zeit laufen musste.
Zunächst gingen wir längere Zeit an verschiedensten Gehegen vorbei. Niklas staunte und sah sich etliche Tiere genau an. Schließlich hatten wir Hunger, so dass wir in der Gaststätte einkehrten. Niklas aß nur Pommes Frites, Carsten einen Sauerbraten und ich ein Schnitzel.
Etwas später jammerte Niklas, dass er dringend mal „müsse“. Kein Wunder – so viel Limonade wie er getrunken hatte! Die nächste Toilette war ein Stück entfernt. Während wir mit Niklas im Schlepptau hinliefen, gelang es mir, Carsten zu überzeugen, Niklas zu begleiten. Er gab schließlich nach, weil er ebenfalls einen gewissen Druck in der Blase verspürte.
Ich wartete derweil sitzend auf einer Bank mit dem Handwagen neben mir.
Nach mehreren Minuten waren sie endlich wieder zurück. Anscheindend hatte es Probleme gegeben, weil dem einen die Pissoirs zu niedrig, und dem anderen zu hoch waren. Meines Erachtens hätte sich zumindest so ein kleiner Bub durchaus unauffällig etwas abseits in die Büsche erleichtern können.
Carsten wollte noch kurz etwas bei einem anderen Gehege nachschauen, bei dem wir vorher vorbeigekommen waren. Er ging los, Niklas rannte ihm hinterher, während ich auf meiner ruhigen Bank sitzenblieb.

Etwas später kam Carsten zurück. Ohne Niklas.
„Wo ist Niklas?“
„Ich dachte, er ist bei dir.“
War er offenbar nicht. Carsten und ich machten uns getrennt auf die Suche. Wir hatten verabredet, uns eine halbe Stunde später in der Nähe des Spielplatzes zu treffen. Entweder mit oder ohne Niklas. Carsten nahm den Handwagen mit, der uns schon lange mehr Ballast als Nutzen war.
Nachdem ich etwa zehn Minuten herumgelaufen war und Ausschau gehalten hatte, sah ich Niklas schließlich ein Stück vor mir am Weg stehen und weinen. Eine ältere Frau beugte sich zu ihm herunter: „Wo ist denn deine Mama, mein Kleiner?“
„Daha-eim“, schluchzte er.
Ich trat dazu, hob Niklas hoch und setzte ihn mir auf die Hüfte. „Da bist du ja wieder, du kleiner Ausreißer!“, rief ich erleichtert.
„Ist das deine Mama?“, fragte die Frau Niklas misstrauisch.
„Na-hein“, heulte Niklas, beruhigte sich aber dann zusehends.
„Ich bin seine Stiefoma“, erklärte ich notgedrungen. Es ist gut, dass ich Niklas gefunden habe, und nicht Carsten.
Niklas schnaufte noch einmal kurz auf, dann war er wieder ruhig und schien zufrieden.
Ich machte mich mit ihm auf den Weg Richtung Spielplatz. Zum Glück sah ich Carsten schon ein Stück vorher, so dass ich Niklas wieder in den Handwagen setzen konnte, statt ihn noch länger zu tragen.
Niklas hüpfte dann noch ein wenig auf dem Spielplatz herum, war aber bald zu müde. Wir aßen alle ein Eis und machten uns dann auf den Weg zum Ausgang. Am Kiosk kaufte Carsten einen großen Luftballon für Niklas, und ein Stofftier für Sophie als Mitbringsel.

Auf der Rückfahrt schlief Niklas ein. Wir lieferten ihn wieder bei seiner Mutter ab, und schauten noch kurz bei Sophie vorbei, die sich sehr über das Stofftier freute.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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10 Antworten zu Ein tierischer Ausflug //2105

  1. Pendolino70 schreibt:

    Endlich gute Nachrichten. Für die Stiefoma hast du bestimmt einen seltsamen Blich gekriegt 😉

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  2. Irenicus schreibt:

    Das ist wohl die klassische „Kind-plötzlich-weg“-Story.

    Der, der vom Kind weggeht muss sich immer nochmal umdrehen, wenn er ein Stück weg ist. Und der, der dableibt muss dem anderen Bescheid sagen, wenn das Kind ihm hinterherläuft.
    Sonst ist plötzlich keiner mehr verantwortlich 🙂

    Wie alt ist der Zwerg denn? In die Büsche pinkeln finde ich nur okay, wenn die Gefahr besteht, dass das Kind es nicht mehr bis zur nächsten Toillette schafft. Bis 2 Jahre, immer okay. Von 2 bis 3 Jahre, bei mehr als ca. 5 Minuten Weg. Ab 4 Jahre ist in einem im Zoo eigentlich immer eine Toilette nah genug dran.

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    • Tja, uns fehlt wohl die Erfahrung bzgl. Kinderbetreuung.
      Andererseits – meiner Schwester ist das aucb schon passiert. Nach ihren Erzählungen steigt sogar die Wahrscheinlichkeit dafür mit der Anzahl an potentiellen Auspassern an – weil jeder annimmt, dass das Kind bei den anderen ist.
      Carsten und Niklas waren so schnell weg, dass ich eigentlich auch kaum eine Chance hatte, anders zu reagieren.

      Niklas ist gut 3 Jahre alt.
      Es ist halt auch schwierig abzuschätzen, wie lange ein Kind noch durchhält. Für alle Fälle hatten wir zwar Kleidung zum Wechseln dabei, trotzdem ist es besser, wenn die nicht zum Einsatz kommen muss.

      Schulkinder sollten es eigentlich schon bis zur nächsten Toilette schaffen. Aber bei jüngeren Kindern würde ich jetzt kein Drama daraus machen, wenn die Büsche am Wegrand mal herhalten müssen.

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      • MartinTriker schreibt:

        Naja, ich lasse zwar auch mal ins Gebüsch pinkeln, aber gerade in einem Zoo finde ich muss das nicht sein. Dort sind jede Menge Kinder. Wenn nur jeder Zehnte mal ins Gebüsch pinkelt dann ist das mit dem Gebüsch schnell vorbei.

        Gut, ich sehe das eventuell auch etwas anders. Zum Einen kenne ich die Anzeichen, wenn die Kleinen eventuell mal müssen. Auch wenn sie entsprechende Nachfragen verneinen. Zum Anderen ist der Zoo bei uns gerade mal eine U-Bahnfahrt weit weg, und wir haben Dauerkarten. Dementsprechend oft sind wir im Zoo. Und deswegen weiß ich auch genau wo die Klos sind, und wo sich eine Schlange davor gebildet hat. (Für Besucher der Wilhelma: die Klos beim Wandelgang, dort wartet man bei schönem Wetter immer)

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        • Der Tiergarten hier ist sehr weitläufig. Ich kenne eigentlich nur drei Toiletten, d.h. der Weg dorthin kann schon länger sein. Mit Schlangen muss man rechnen.
          Natürlich sollte man – soweit möglich – die Toiletten benutzen. Aber wenn ab und zu ein kleines Kind mal seinem Bedürfnis nachgibt .. na und? Die Tiere machen das auch in den Freigehegen, ohne dass gleich die Welt untergeht.

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  3. Irenicus schreibt:

    „Tja, uns fehlt wohl die Erfahrung bzgl. Kinderbetreuung.“
    Das auf jeden Fall. Wo soll sie auch herkommen? 🙂

    „ach ihren Erzählungen steigt sogar die Wahrscheinlichkeit dafür mit der Anzahl an potentiellen Auspassern an“
    Ja auf jeden Fall. Da muss man wie die Piloten machen: „Ich übernehme!“ – „Ich übergebe“. Und ja es passiert jedem mal. Man muss einfach Glück haben, dass nichts passiert und draus lernen 🙂

    „Schulkinder sollten es eigentlich schon bis zur nächsten Toilette schaffen. Aber bei jüngeren Kindern würde ich jetzt kein Drama daraus machen, wenn die Büsche am Wegrand mal herhalten müssen.“
    Bei jungen Schulkindern kommt es dann eher vor, dass die sich alleine an einen Baum stellen, bevor die Eltern reagieren können. Und ’nen Drama würde ich sowieso nicht draus machen. Aber so in etwa wie oben geschrieben, halte ich es bei Kindern, mit denen ich unterwegs bin.

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