Endlich haben wir es geschafft, den Valentinstag komplett zu ignorieren.
Mit Carsten und mir haben sich zwei aromantische Querdenker gefunden, die einander nicht mit sentimentalen Rührseligkeiten nerven wollen (und mit irgendwelchen floristischen Gewächsen, die lediglich Symbol für die Vergänglichkeit des Lebens und der Schönheit sind – aber zu sonst nichts nütze, erst recht nicht).
Unsere Beziehung beruht auf einer freundschaftlich-kumpelhaften Basis, die mit aufrichtiger Zuneigung und gegenseitiger Wertschätzung einhergeht.
Er erfüllt meine Drückungsbedürfnisse.
Ich hatte nie beabsichtigt, mich in einer Beziehung zu binden. Analog zur Drake-Gleichung hatte ich irgendwann vor etlichen Jahren mal eine Abschätzung gemacht, wie groß die Wahrscheinlichkeit sei, einen kompatiblen Mann (ausreichende Körpergröße, passender Beruf und Bildung, Nichtraucher, ..) zu finden, und war darauf gekommen, dass es weltweit vielleicht fünf oder sechs akzeptable Männer geben würde. Also nix mit Oneitis, aber sehr geringe Chancen, auf die zu setzen sich wohl nicht lohnen würde. Da vergnügte ich mich lieber mit den „Falschen“, als auf einen der wenigen „Richtigen“ zu warten. Die Einschätzung war völlig in Ordnung – realistisch und pragmatisch. Ich war deutlich über dreißig, als Carsten und ich uns kennenlernten. Ob wir uns je über den Weg gelaufen wären, wenn ich mein Privatleben anders gestaltet hätte, ist zumindest fraglich. Vermutlich wäre ich stattdessen zur alten Jungfer geworden.
Durchschnittliche Personen haben ja wesentlich höhere Chancen, ein Pendant zu finden, als Menschen, die in mehreren Eigenschaften weit vom Mittelwert abweichen. Letzteren bleibt oft gar nichts anderes übrig, als Abstriche zu machen, wenn sie nicht allein bleiben wollen.
Wie haben ja ein gegenseitiges, nicht-übertragbares, exklusives Nutzungsrecht vereinbart. Meine innere Nühmphe meldet sich hin und wieder, hat aber nicht genügend Einfluss, um die Vereinbarung zu brechen.
Vertrautheit und Zusammengehörigkeitsgefühl machen es schwierig, die sexuelle Spannung und gegenseitiges Begehren aufrechtzuerhalten. Es soll ja niemand denken, man bräuchte nichts dafür zu tun. Bei vielen Paaren schleicht sich allmählich mit dem Alltag und der Gewohnheit eine Selbstverständlichkeit ein, die in Langeweile und Überdruss mündet – auch als Coolidge-Effekt bekannt.
Da ist es immer gut, einen frisch kalibrierten Kapriziositätsgenerator (selbst wenn der nur emuliert wird) parat zu haben. Ein kleiner, freundlicher Shittest hin und wieder ist zweckmäßig. Auf keinen Fall will ich voraussehbar werden. Er braucht die Herausforderung, dass ich nicht immer das mache, was er erwartet. Manchmal widerspreche ich ihm, manchmal nicht. Soll er nur jedesmal die Kiste öffnen, und sich überraschen lassen, ob er eine samtpfotige Schmusekatze vorfindet, oder ob die Wildkatze bereits die Krallen ausgefahren hat.
Es ist auch wichtig, einander gelegentlich eine Freude machen zu wollen. Ein kleines Geschenk, das Abnehmen einer unangenehmen Aufgabe, .. etwas, das der andere nicht erwartet. Sobald so etwas zur Gewohnheit wird, und man sich darauf verlässt, entsteht allerdings ein Erwartungsdruck. Deshalb sollte man solche kleinen Gesten besser nur sporadisch als regelmäßig ausführen.
Verleser des Tages: „aromatischen“ statt „aromantischen“
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Und ich habe sogar ein n zu viel geschrieben, weil mein Kurzzeitgedächtnis vom Anfang des Textes über das Durchlesen bis zu den Kommentaren nur „fuzzy“ arbeitet 😉
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Wir ignorieren den Tag auch. Blumen hab ich lieber im Garten wie in der Vase. Die machen da kein Geschäft mit mir 😉
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Gegen Pralinen hätte ich ja gar nichts gehabt, aber muss nicht sein.
Es gibt wichtigeres, auch ohne dass man sich vom Kalender vorschreiben lässt, wann man aneinander denken soll.
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Die längste Praline der Welt ?? 😉
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Ich mag da gern was nussiges.
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Ahhhja….
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Ich glaube ja, der Tag ist vor allem deshalb eingeführt worden, um all diejenigen, die niemanden haben, entsprechend zu bestrafen. Deshalb ist die Ignoranz dieses Tages am besten.
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Ach, die Blumenindustrie erhofft sich dadurch hohe Umsätze.
Bei mir daheim in der alten Heimat hatten wir übrigens einen anderen Grund, diesen Tag besonders zu begehen.
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Perfekt, ihr habt den Schlüssel zu einer tollen Beziehung gefunden.
Ich wünschte, dass würden viel mehr Menschen so machen wie ihr.
Mich macht es immer traurig, wenn ich sehe, wie Paare mit ihrer Beziehung umgehen. Solche Schwachsinns-Tage sind doch quasi ein Garant dafür, dass mit einer Beziehung was nicht stimmt, wenn man eben solche Tage auch noch feiert.
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Klar, aber jedes Paar muss selbst sehen, wie es eine individuelle Balance findet.
Ich glaube kaum, dass wir für viele andere ein nachahmenswertes Beispiel wären. Dafür ticken die Leute doch zu unterschiedlich.
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Das stimmt schon, aber im Grunde seid ihr ein super Beispiel, wie man es richtig machen sollte. Klar muss da jeder seinen eigenen Weg finden.
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Nicht das die Kiste eines Tages zu Pandoras Box wird …..
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Ein Restrisiko bleibt bestehen.
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So lang seit ihr ja dann auch noch nicht zusammen bzw. verheiratet, als dass es jetzt schon langweilig und öde in der Beziehung werden könnte. Wäre auch schön schlimm.
Was den Valentinstag angeht: Mich schrecken diese eingeschleppten und verordneten Romanzentage auch ab. Halloween ist genau so ein überflüssiges Fest. Genügt nicht schon Fasching? Fehlt nur noch, dass wir Thanksgiving feiern sollen!
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Auch wenn es dir nicht so lange erscheint, unser siebter Jahretag ist nicht mehr weit.
Viele Beziehungen halten erst gar nicht so lang, und ein weiterer großer Teil der Paare lebt nach dieser Zeitdauer nur noch mehr oder weniger gleichgültig nebeneinander her.
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Das mit der Drake-Gleichung habe ich tatsächlich auch gemacht, allerdings für eine Freundin. Sie war nicht so begeistert.
Mein Freund und ich sind auch keine großen Fans vom Valentinstag und haben ihn heuer auch kurzerhand um eine Woche verschoben, weil wir da sowieso etwas geplant hatten. Als Anlass für eine schöne gemeinsame Unternehmung ist er dann doch ganz brauchbar.
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Ein Anlass, einander gemeinsame Zeit zu schenken, ist natürlich nie verkehrt.
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Ich habe Deckungsbedürfnisse gelesen.
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Das ist ja fast das gleiche.
Und ich bin lieber über- als unterdrückt.
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