Seit dem Abschluss meiner Promotion hatte ich keinen Kontakt mehr mit Benjamin gehabt. Wir waren uns einig gewesen, kein Öl mehr ins Feuer gießen zu wollen, und so den Gerüchten über unser Verhältnis den Nährboden zu entziehen.
Da ich bei der Suche nach einem Mathematiker, der Grundlagen für Evalyze erarbeiten soll, noch nicht weiter gekommen war, kam mir der Gedanke, Benjamin zu fragen. Vielleicht kann er mir ja einen ehemaligen Studenten empfehlen, oder kennt sonst jemanden, der mit der speziellen Thematik vertraut ist, und seine Kenntnisse bei uns einbringen möchte.
Ich rief Benjamin also an. Er hat übrigens nicht wieder mit Teresa zusammengefunden, sieht seine Kinder nur manchmal am Wochenende. Spontan fiel ihm niemand ein, der das nötige Wissen für Evalyze hat und auch zeitlich verfügbar ist. Er hat mir aber zugesagt, es sich zu überlegen, im Kollegenkreis herumzufragen, und sich gegebenenfalls wieder bei mir zu melden.
Dann fragte er mich, wann ich zuletzt von Philipp gehört hatte.
„Das war irgendwann im Dezember bei mir im Büro„, erinnerte ich mich, „warum?“
„Er hat mir kurz vor Weihnachten eine Mail geschickt, dass er mit seiner Promotion nicht weitermachen will. Es war nicht eindeutig, ob er sie abbricht, oder nur eine Zeitlang unterbrechen will. Seither habe ich nichts mehr von ihm gehört. Er antwortet nicht auf Mails und ist telefonisch nicht erreichbar. Er ist wie vom Erdboden verschwunden. Ich hatte gehofft, dass du vielleicht etwas weißt.“
Mir wurde es eiskalt. Da war es wieder – dieses vertrackte Femme-fatale-Feeling!
„Nein“, antwortete ich langsam, „bei mir hat er sich seither auch nicht mehr gemeldet. Ich kann ja mal versuchen, ob ich ihn irgendwie erreiche.“
Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, aber ich muss es wenigstens probieren.
Benjamin berichtete dann noch weiter, dass er durch Philipp’s unerwarteten Ausfall Probleme hat, denn nun musste er die Übungsgruppen teilweise selbst halten. Jetzt ist zum Glück erst mal vorlesungsfrei, sonst hätte er mich gefragt, ob ich nicht vielleicht mal einspringen könnte. Keine Chance, aber bis zum Sommersemester ist ja eh noch Zeit.
Bleibt zu hoffen, dass den armen die Zurückweisung nicht so schwer getroffen hat, dass er seiner Existenz ein Ende gesetzt hätte. Das wäre nämlich ziemlich scheiße.
Alternativ, wenn die Kontaktaufnahme scheitern sollte, zumindest mal nach Spuren im web suchen, ob er noch lebt.
(Menschliches Drama nervt ja sowas von extrem…)
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Ich habe ihm eine Mail (an zwei unterschiedliche Adressen) geschrieben, mehrmals versucht, ihn anzurufen, aber ohne Erfolg. In Social Media ist er schon länger nicht aktiv.
Vielleicht gehe ich in den nächsten Tagen mal zu seiner Wohnung, wenn er sich nicht vorher meldet.
Viel mehr kann ich nicht tun.
Er ist – verdammt nochmal! – ein erwachsener Mann, der für sich selbst die Verantwortung trägt.
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Das ist sogar schon verdammt viel, was Du da tust. Also, bei ihm in der Wohnung vorbeigehen, meine ich.
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Das schaffe ich voraussichtlich auch erst morgen, weil er in einem Stadtteil wohnt, der sonst nicht auf meinen üblichen Wegen liegt.
Vielleicht meldet er sich ja doch noch vorher.
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Wann auch immer – wenn Du es tun solltest, wird das für Dich mitunter unangenehm sein (Vorwürfe seinerseits gegen Dich u.ä. sind möglich, sofern Du ihn antriffst). Deshalb schon mal Respekt, dass Du das machst. Und dann womöglich auch mit ihm redest, so dass er eine Chance hat zu kapieren, dass sein Leben weitergeht, obwohl er Dich nicht „gekriegt“ hat (und dass andere Mütter auch schöne Töchter haben).
Bleibt nur zu hoffen, dass er wirklich nicht einen auf Werther gemacht hat…
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Hast Du ihn angetroffen?
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Leider nein.
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Mir ist es mal ähnlich mit einem Freund gegangen. Der war erst Mut Herzbeschwerden im KH und danach vom Erdboden verschluckt. Nach 3 Monaten stellte sich dann raus, dass er in eine Klinik gegangen war um psychische Probleme behandeln zu lassen. Ich fand sein Verhalten sehr rücksichtslos, ohne ein Wort abzutauchen. Das hat auch zum Bruch geführt.
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Armer Tropf …
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