Die Sache mit der Wissenschaft //2048

Letzte Woche wurde ich ja darüber belehrt, dass ich überhaupt „keinen Plan“ habe, „wie Wissenschaft funktioniert“. Man müsse „darüber philosophieren“, indem man „Thesen auf[stellt] und jeder sagt warum du [sic!] stimmen sollen oder nicht“.
Hätte ich das doch bereits vor einem Jahr gewusst! Da hätte ich mir einigen Aufwand für meine Dissertation erspart.
Ich stelle mir das so gemütlich vor! Da setzt man sich einfach zusammen (idealerweise bei Kaffee und Kuchen), stellt reihum Thesen auf, wie „Reelle Zahlen lassen sich auch durch Null teilen“, begründet das dann z.B. damit, dass man sich dadurch viele Fallunterscheidungen ersparen würde, und überhaupt wäre das doch viel schöner. Und apropos Fall .. die Schwerkraft soll auch verschwinden. Die ist immer so nervig und hält mich am Boden. Ich mag lieber über dem Boden schweben. Warum stimmen wir nicht einfach darüber ab? Demokratie in der Wissenschaft – das wär’s doch!
Ach ja, und sobald ein einziges Gegenbeispiel kommt, stimmt natürlich überhaupt nichts mehr, und das Gegenbeispiel wird sofort allgemeingültig.

Betrachten wir wissenschaftliches Vorgehen mal anhand eines einfachen Beispiels ein wenig genauer (und ohne unnötige Polemik). Wie jeder wissen dürfte, ist eine Primzahl eine natürliche Zahl größer 1, die sich ganzzahlig nur durch sich selbst und durch 1 ohne Rest teilen lässt.
Da macht einer (aufgrund von Erfahrungswerten) die empirische Aussage: „Alle Primzahlen sind ungerade.“
Schnell bringt ein anderer die 2 als Gegenbeispiel zur Sprache. Was passiert jetzt? Wird die ursprüngliche Aussage völlig umgestürzt? Nein, sie wird nur so erweitert, dass die 2 als Ausnahme zugelassen wird. Gibt es vielleicht noch weitere gerade Primzahlen, die man bei der Formulierung einer allgemeinen Regel berücksichtigen müsste? Jede gerade Zahl lässt sich ganzzahlig zumindest durch 2 teilen, weshalb 2 die einzige Ausnahme bleibt.
Jetzt kommt ein besonders Schlauer daher, und stellt die umgekehrte These auf: „Alle ungeraden Zahlen sind Primzahlen.“ Schnell findet sich ein Gegenbeispiel, etwa die 9. Aber vielleicht ist das ja auch die einzige Ausnahme? Die genannte These lässt sich jedoch ganz leicht widerlegen, indem man zwei beliebige (ungerade) Primzahlen miteinander multipliziert. Das Ergebnis ist wieder ungerade, aber keine Primzahl.

Was lernen wir daraus? Eine Ausnahme widerlegt grundsätzlich die Regel. Das bedeutet aber nicht, dass die Regel insgesamt nicht mehr gelten muss. Eventuell wird auch nur ihr Gültigkeitsbereich eingeschränkt, oder man muss sie allgemeiner formulieren, um (streng definierte) Ausnahmen zuzulassen. Die Newton-Mechanik ist auch nicht durch Quantenmechanik oder Relativitätstheorie außer Kraft (pun intended) gesetzt worden.
Man muss sich vor dem Gedanken hüten, dass einzelne Gegenbeispiele sofort weithin gültige Regeln in ihr Gegenteil verkehren, weil man das Gegenbeispiel für allgemeiner hält. Gerade bei statistischen Verteilungen sagt ein einzelner, individueller Fall (selbst wenn dieser hinreichend belegt ist) überhaupt nichts mehr über die Gesamtheit aus. Einzelfälle können weit entfernt vom Mittelwert bzw. Median sein. Wer sich selbst dort verortet, für den sind untypische Erfahrungen ganz normal.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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22 Antworten zu Die Sache mit der Wissenschaft //2048

  1. Talianna schreibt:

    Bitte was? Wer sagt denn, wissenschaftliches Arbeiten sei so … beliebig? Solche Vorstellungen sind ja absurd! Radikaler Konstruktivismus hat was, sollte aber keine Absolution für Bullshit sein ^^

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  2. idgie13 schreibt:

    Leute, die keinen einizigen vernünftigen grammatikalisch richtigen Satz raus bringen, sollte man generell nicht ernst nehmen. Hab ich auch zu spät gemerkt.

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  3. thrillerbraut schreibt:

    Ich bin auch dafür, dass die Schwerkraft verschwindet, die einem in zunehmenden Alter doch echt zu Schafen macht 😉

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  4. blindfoldedwoman schreibt:

    Noch so ein Vorurteil, ein Informatikstudium würde zwingend hohe Intelligenz voraussetzen. 😉

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  5. Plietsche Jung schreibt:

    Einfach ignorieren… 😉

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  6. Und schreibt:

    Ach ja und meine Kritik, dass sich das sich das nur auf Sozial- und Geisteswissenschaften bezieht, weglassen. So macht man das halt, wenn man Anne heißt! Einfach alles manipulieren, dass man wieder die ach so tolle intelligente und witzige ist… (Nehm zumindest an, dass deine seltsamen Rands das sein sollen)

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    • Ich hab‘ das nochmal nachgelesen.
      Im gesamten Thread wurden Geistes- und Sozialwissenschaften gerade mal am Rande erwähnt (und das nicht von dir). Es ging um MINT-Berufe.

      Also unterlasse diese Lügen und Unterstellungen.
      Insbesondere werde ich nicht mehr dulden, dass du die anderen Kommentatoren belästigst.

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      • Und schreibt:

        Aber in dem zusammenhang! Aber nein, war natürlich insgesamt ne Physik-Diskussion, klar! Das ist ganz genau wie gravität und so, dass frauen häufiger andere erfahrungen wie Männer im MINT-bereich machen… Ist klar, Anne… Deswegen auch berechtigt, dass sich da in den diskussionen jeder so aufführt als hätte er die wahrheit für sich gepachtet und andere runter machen darf… Schließlich MINT und da gibt es dinge, die einfach falsch sind…

        Ich bin zwar jetzt irritiert, dass ich das mit den Meta-Ebenen so nochmal jemanden erklären muss der in physik promoviert hat (wollte eig nicht so wie ihr rum bashen was berufe und persönlichkeit angeht, aber mir jetzt langsam auch egal… Ihr erscheint mir nicht so als ob ihr das blicken würdet, wenn ich euch das nicht selbst spüren lasse…).

        Aber gut zurück zum Thema. Natürlich kann man auf meta-ebene über MINT-Berufe reden und das hat dann nix mit der wissenschaftlichen Struktur von MINT zu tun… wenn man in MINT was macht, dann klar… Man stellt ne Aussage auf und dann beweist man, dass das gilt… Oder widerlegt was durch Gegenbeispiel… Und bei INT dann halt auch mal grobe Abschätzungen und experimente und nicht nur reine Mathematik…

        Aber wieso denkst du denn eine Diskussion über Frauen in MINT-berufen sei eine keine philosophische (bzw. Irgendwie geartete Sozial- oder Geisteswissenschaftliche?). Kann den gedanken schon nicht mal nachvollziehen und das auch nicht besser begründen dann…

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        • Hiermit beende ich die Diskussion mit dir.
          Dir fehlt ganz offensichtlich die Fähigkeit, sinnerfassend und unter Einbeziehung des Kontextes zu lesen.
          Oder zumindest die Fähigkeit, deine Gedanken strukturiert, unzweideutig und für andere verständlich darzustellen (dazu gehört auch eine wenigstens halbwegs korrekte Orthographie und Zeichensetzung).
          Höchstwahrscheinlich aber beides.

          Deshalb ist ein in irgendeiner Weise gearteter Erkenntnisgewinn aus einem Dialog mit dir nicht zu erwarten.
          Mal ganz davon abgesehen, dass ich wichtigeres zu tun habe, als mir deine Beschimpfungen durchzulesen und mich für jeden von dir unterstellten Blödsinn zu rechtfertigen.
          (Dass ich das dennoch hier so lang und breit erkläre, ist lediglich der Transparenz meinen anderen Lesern gegenüber geschuldet.)

          EOD und nichtsdestotrotz alles Gute für dein weiteres Leben!

          [Nachtrag am 12. März 2019, 11:52 zur Dokumentation:
          Auf diesen Kommentar hin kamen noch mal rund 40 Antworten von „Und“. Alles nur Rumgestänker.

          ]

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  7. Pingback: Rumgetwittert //2242 | breakpoint

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