Da habe ich also die Briefwahlunterlagen vorliegen, und ich kann mich wieder mal nicht so recht entscheiden. Bei keiner Partei habe ich den Eindruck, dass sie meine Interessen halbwegs vertritt.
Das ging mir bei früheren Wahlen schon genauso, aber diesmal kommt dazu, dass in den letzten Jahren Sachthemen immer weniger diskutiert wurden, und Fragen und Bedenken der Bevölkerung weitgehen ignoriert wurden. Interne Querelen, die sich an Kleinigkeiten hochzogen, verdrängten die wichtigen Angelegenheiten. Stattdessen konzentrieren sich die etablierten Parteien darauf, die $Partei zu bashen und zu diffamieren.
Von den Medien fühle ich mich nur unzureichend und voreingenommen informiert. Ich würde wirklich mal gerne ein Argument gegen die $Partei hören, das über „die $Partei ist schlimm, weil sie böse ist“ hinausgeht. Die Berichterstattung ist selektiv und tendenziös. Wichtige Topics werden verschwiegen, Nebensächlichkeiten aufgebauscht.
Diese Hetze gegen die $Partei nervt, und sie treibt mich allmählich dazu, das Mobbingopfer in Schutz zu nehmen, obwohl es mir nicht besonders sympathisch ist.
Der Wahlomat war wieder mal keine große Hilfe. Die meisten der 38 Fragen übersprang ich, weil sie mir nicht wichtig waren, oder ich klickte auf „neutral“.
Nur zwei Fragen markierte ich als besonders wichtig. Zum einen fände ich es gut (in Erinnerung an meine Schulzeit auf dem Lande), wenn Schüler und Studenten den OPNV kostenlos benutzen dürften (auch wenn das zu Lasten des Steuerzahlers geht – das wäre es mir wert). Zum anderen unterstütze ich es, Studienabschlüsse wieder auf Diplom und Magister statt Master und Bachelor umzustellen.
Der Wahlomat fand daraufhin mit der $Partei die größte Übereinstimmung (dicht gefolgt von zwei anderen). Aber was besagt das jetzt? Andere Fragen, die mir wichtiger sind, und bei denen sie eine andere Einstellung hat als ich, wurden ja gar nicht gestellt.
Die Beschränkung des Wahlomaten auf maximal acht zu vergleichende Parteien finde ich ungünstig. Man wird doch nur Parteien aussuchen, die man eh schon kennt, während kleinere, unbekannte Parteien trotz eventueller Übereinstimmungen keine Chance haben, Aufmerksamkeit zu erregen.
So halb hatte ich mich ja letzte Woche bereits für eine bestimmte Partei entschieden gehabt, hörte dann aber im Radio ihren furchtbar dümmlichen Wahlwerbespot, der sie so ziemlich disqualifizierte. Das Problem ist halt, dass die anderen Parteien auch nicht besser sind.
Und wenn ich dann noch in den Nachrichten höre, dass eine Partei bedauert, „ihre Ziele dem Wähler nicht verständlich gemacht“ zu haben, dann ist die ebenfalls endgültig unterdurch, hält sie doch ihre potentiellen Wähler für zu doof.
Nach der letzten Bundestagswahl fand ich das Gerangel um eine Regierungsbildung furchtbar. Die $Partei wurde als Koalitionspartner definitiv ausgeschlossen. Dabei war sie demokratisch von mehreren Millionen Bürgern gewählt, was sie wohl durchaus dazu legitimiert hat. Es ist schlimm, wie ihre Wähler verunglimpft werden. Wenn die $Partei nicht grundgesetzkonform ist, so soll man sie verbieten. Lässt man sie aber zur Wahl antreten, hat man das Votum der Wahlberechtigten gefälligst zu akzeptieren, auch wenn es einem nicht gefällt.
IMHO wäre eine Bahamas-Koalition sinnvoll gewesen, aber das lehnten die anderen Parteien ja kategorisch ab, diese Pharisäer!
Ein wenig frischer Wind tut dem festgefahrenen und verkrusteten Parteiensystem gut, insbesondere wenn es ein Gegengewicht zu extremen Positionen auf der politisch entgegengesetzten Seite darstellt.
Man muss der $Partei inhaltlich nicht nahe stehen, um den unfairen Umgang der anderen Parteien sowie der Medien mit ihr zu kritisieren.
Wenn mich dieser Eintrag Follower kostet, so kann ich’s auch nicht ändern.
Wenn du dich nicht entscheiden kannst, mach die Stimme ungültig. Eine Teilnahme ist zumindest wichtig.
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Wenn ich ungültig abgäbe, welchen Unterschied macht das zu Enthaltung?
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Keinen. Hauptsache, es geht in die Wahlbeteiligung hinein.
Meine ich zumindest.
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Hm. Ja, ich muss nicht zwingend Kreuzchen machen. Ist ja kein Online-Formular, bei dem man alle Felder ausfüllen muss.
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Eine Möglichkeit wäre noch, die Partei zu wählen, die euch unternehmerisch nicht im Wege steht.
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Man kann sich auf keine Partei verlassen, und die Aussage, der Sonntagsgottesdienst sei typisch für Bayern, möchte ich nicht noch unterstützen.
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Tscha …. So verändert sich die Gesellschaft.
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„Wenn ich ungültig abgäbe, welchen Unterschied macht das zu Enthaltung?“
Ich habe einige Jahre immer einen leeren Stimmzettel abgegeben.
Was das für einen Unterschied, zu „gar nicht hingehen“ macht?
Gehst Du gar nicht hin, sagst Du damit: „Ich bin mit jeder Partei einverstanden, die regiert“.
Ein leerer Stimmzettel sagt: „Ich habe hier keine Partei gefunden, die mich überzeugt, bin mit keiner einverstanden“.
Das ist – zumindest in meinen Augen – ein elementarer Unterschied.
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Ok, soweit die Theorie. Aber hat der Anteil leerer/ungültiger Stimmzettel jemals einen Einfluss auf das spätere Verhalten der Parteien gehabt? Ich glaube nicht.
Eine niedrige Wahlbeteiligung dagegen wird m.E. nicht ganz so ignoriert. Zumindest kommen dann ein paar Floskeln, dass man etwas gegen die Politikverdrossenheit tun solle.
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Das wissen wir aus zwei Gründen nicht.
1. wissen wir nicht, wie viele leere Stimmzettel es überhaupt gegeben hat, weil ein leerer Stimmzettel nur als „ungültig“ gewertet wird,
2. wissen wir gar nicht, OB leere Stimmzettel etwas bewirkt haben, weil wir immer nur EIN Ergebnis erfahren und ein anderes damit reine Spekulation ist.
Ein solches Wahlverhalten ist also in jedem Fall fürs Ego gut, wenn man keine geeignete Partei wählen kann/will, darüberhinaus kann es aber auch für die Politik allgemein von Vorteil sein.
Abstrakt bleibt es zugegebenermaßen immer.
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ich habe gerade gestern mit freunden darüber gesprochen, dass, wenn man die parteien de-selektiert, welche sich in den vergangenen 12 monaten disqualifiziert haben, eine leermenge übrigbleibt. das wiederrum ist keine option, weil eine nicht- oder ungültige wahl gerade diese parteien stärkt, die man de-selektiert hat. ein klassisches dilemma. ich allerdings wohne nicht in einem bundesland, in welchem demnächst wahlen anstehen, so dass ich noch zeit habe. anders als du offensichtlich. im übrigen habe ich bisher nicht über irgendwelche INHALTE gesprochen. und das ist ein weiteres dilemma, welches sich wohl auch nicht bis zu meinem nächsten wahlzeitpunkt auflösen wird.
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Wie man es auch macht, es kommt nicht das dabei heraus, das man gerne will.
Landes- und Bundespolitik macht durchaus einen Unterschied, ja. Hilft mir jetzt aber erst recht nicht weiter.
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nein, und ich hoffe, du bist in guter gesellschaft von ratlosen. es würde demonstrieren, dass ein teil der wähler noch etwas wie anstand haben.
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Tja, irgendwie hat man naur die Wahl zwischen Pest (rotrotgrüngelbschwarz = die Farbe der Mischung ergibt übrigens „braun“) und Cholera (blau).
Durchfall wird man wenigstens wieder los 😉
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Ja, das stimmt schon irgendwie.
Ich bin trotzdem verunsichert, ob sich die Symptome ausreichend therapieren lassen.
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Nimm orange. Auch wenn der Dialekt wirklich heftig ist.
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Orange? Nee, wenn schon Splitterpartei, dann die mit dem rotweißen Rechen.
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Splitterpartei mit 11%?
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Meintest du mit „orange“ die ÖDP, Piraten oder LKR?
Die Partei für Franken hat wenigstens die Chance auf ein Mandat im Bezirkstag.
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Wir sind doch in Bayern, oder? FW meinte ich.
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Ach so, Freie Wähler.
Die empfinde ich als besonders inkohärent und uneinheitlich.
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Das liegt daran, dass sie sich sehr auf die kommunale Arbeit konzentrieren und es da große Freiheiten gibt. (was gut ist, denn die Anforderungen sind öfters andere und die Gemeinden auch).
In Bayern sind sie so die bodenständigen und vernünftigen Konservativen. Nur das der Vorsitzende kein Deutsch kann. 😉
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Bei reinen Kommunalwahlen sind die FW durchaus erwägenswert. Im jeweiligen Ort kennen sie sich aus, und wissen (idealerweise), was dort lokal sinnvoll und zweckmäßig ist.
Auf Landesebene dagegen, weiß ich nicht so recht, wie sie einzuordnen sind. Das ist ein Zusammenschluss völlig voneinander unabhängiger Gruppierungen mit der Fokussierung auf lokale Gegebenheiten, so dass es Zufall ist, was im Endeffekt herauskommt.
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Wir leben in einer Zeit, in der Politik so sehr zu einer Realsatire geworden ist, dass oftmals die als „Spaßparteien“ bezeichneten Parteien mehr Gehalt transportieren, als diejenigen Parteien, welche sich ernstzunehmen vorgeben. Somit ist das Wählen zu einer Farce verkommen – zumal wie gesagt das gesamte Wahlsystem darauf ausgelegt ist, bestehende Macht zu zementieren und neue Parteien, die vielleicht begrüßenswerte Inhalte beizutragen hätten, daran zu hindern, dies auch tatsächlich zu tun. Die Vorselektion des Wahl-O-Maten auf max. 8 Parteien beschreibt das sehr gut, dabei ist das aus technischen Gesichtspunkten bei der Leistungsfähigkeit unserer Computer schon seit mind. 20 (wenn nicht sogar 30) Jahren nicht mehr nötig. Ich hab mir bei irgend einer Wahl mal einen Spaß mit dem Wahl-O-Maten gemacht, und nur Parteien angekreuzt, die ich nicht kannte – auch da kamen interessante Ergebnisse bei heraus…
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Realsatire – wie recht du hast!
Beim Wahlomat hatte ich auch einen zweiten Durchlauf erwogen, aber aus Mangel an Zeit dann abgebrochen.
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Du kannst doch beim wahlomat einfach die parteien ändern. Man muss nicht alles nochmal machen. Zum. war das letzte Bundestagswahl noch so.
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Ist das so? Dann habe ich diese Option übersehen.
Ist aber jetzt auch egal, da ich das Browserfenster längst geschlossen habe, und jetzt auch keine Lust mehr, nochmal anzufangen.
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Ja das ist so. Einfach auf zurück klicken und ändern.
Beim nächsten mal weißt du es dann 😂
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OK. Danke für die Info. Ich versuche, es mir zu merken.
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Eines immerhin musst auch Du zugeben: fast genau100 Jahre nach dem Rest Deutschlands endet auch in Bayern die (Einparteien-)Monarchie 😀
Allein das ist doch ein feiernswerter Fortschritt. 😀 😀
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Das CSU-Monopol begann erst 1966. Mitte der 50-er Jahre hatte es sogar einmal einen SPD-Minipräs gegeben.
Zwischen 2008 und 2013 hatte es dann eine Koalition von CSU und FDP gegeben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bayerische_Staatsregierung#Staatsregierungen_in_Bayern_seit_1945
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„Das CSU-Monopol begann erst 1966.“
Hm, da hätte ich vielleicht doch erst einen Blick in WIKIPEDIA werfen sollen.
Gefühlt herrscht die CSU seit 1918 dort.
Naja, unterbrochen von der NSDAP 🙂
Ich hatte als Kind sozusagen die endlose absolute Monarchie von Kaiser Franz-Josef (Strauß) erlebt – zum Glück nur aus der Ferne 😉
Gut, der Punkt geht an Dich 😀
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Vage hatte ich mich noch an die Koalition mit der FDP erinnert. Ist ja noch gar nicht so lange her.
Einen Vorteil hat ja so eine Alleinregierung einer Partei: es gibt nicht so wahnsinnig viele lähmende Querelen innerhalb der Regierung.
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„Einen Vorteil hat ja so eine Alleinregierung einer Partei: es gibt nicht so wahnsinnig viele lähmende Querelen innerhalb der Regierung.“
Du hast den Smiley vergessen 😉
Ich mein, das was Seehofer und Söder da abziehen, ist doch lupenreine Opposition in ein und derselben Partei. Das hat es seit Helmut Schmidt noch nie gegeben, dass sich eine Partei derart selbst zerlegt.
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Oberbayern und Franken vertragen sich halt net immer so gut … 😉
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Na gut, dann liefere ich halt den Smiley nach: 😕
Und die Herren S*er sind zumindest derzeit bei zwei unterschiedlichen Regierungen beschäftigt.
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Meine Mama hat auch schon gejammert, dass sie nicht weiss, wen sie wählen soll…
Ich darf ja nicht… (bin ich auch nicht bös drum)
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Tja – wie man’s auch macht, es ist falsch.
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Eine Wahlstrategie die ich aktuell ueberlege ist einfach die Partei zu waehlen deren Abgeordnete zuletzt verpruegelt wurden.
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Auch ’ne Möglichkeit.
Da hält man dann am besten Kontakt zu Polizei und Kliniken, damit man auch in der Wahlkabine noch up-to-date ist.
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