Landtagskwahl //1959

Da habe ich also die Briefwahlunterlagen vorliegen, und ich kann mich wieder mal nicht so recht entscheiden. Bei keiner Partei habe ich den Eindruck, dass sie meine Interessen halbwegs vertritt.
Das ging mir bei früheren Wahlen schon genauso, aber diesmal kommt dazu, dass in den letzten Jahren Sachthemen immer weniger diskutiert wurden, und Fragen und Bedenken der Bevölkerung weitgehen ignoriert wurden. Interne Querelen, die sich an Kleinigkeiten hochzogen, verdrängten die wichtigen Angelegenheiten. Stattdessen konzentrieren sich die etablierten Parteien darauf, die $Partei zu bashen und zu diffamieren.
Von den Medien fühle ich mich nur unzureichend und voreingenommen informiert. Ich würde wirklich mal gerne ein Argument gegen die $Partei hören, das über „die $Partei ist schlimm, weil sie böse ist“ hinausgeht. Die Berichterstattung ist selektiv und tendenziös. Wichtige Topics werden verschwiegen, Nebensächlichkeiten aufgebauscht.
Diese Hetze gegen die $Partei nervt, und sie treibt mich allmählich dazu, das Mobbingopfer in Schutz zu nehmen, obwohl es mir nicht besonders sympathisch ist.

Der Wahlomat war wieder mal keine große Hilfe. Die meisten der 38 Fragen übersprang ich, weil sie mir nicht wichtig waren, oder ich klickte auf „neutral“.
Nur zwei Fragen markierte ich als besonders wichtig. Zum einen fände ich es gut (in Erinnerung an meine Schulzeit auf dem Lande), wenn Schüler und Studenten den OPNV kostenlos benutzen dürften (auch wenn das zu Lasten des Steuerzahlers geht – das wäre es mir wert). Zum anderen unterstütze ich es, Studienabschlüsse wieder auf Diplom und Magister statt Master und Bachelor umzustellen.
Der Wahlomat fand daraufhin mit der $Partei die größte Übereinstimmung (dicht gefolgt von zwei anderen). Aber was besagt das jetzt? Andere Fragen, die mir wichtiger sind, und bei denen sie eine andere Einstellung hat als ich, wurden ja gar nicht gestellt.
Die Beschränkung des Wahlomaten auf maximal acht zu vergleichende Parteien finde ich ungünstig. Man wird doch nur Parteien aussuchen, die man eh schon kennt, während kleinere, unbekannte Parteien trotz eventueller Übereinstimmungen keine Chance haben, Aufmerksamkeit zu erregen.

So halb hatte ich mich ja letzte Woche bereits für eine bestimmte Partei entschieden gehabt, hörte dann aber im Radio ihren furchtbar dümmlichen Wahlwerbespot, der sie so ziemlich disqualifizierte. Das Problem ist halt, dass die anderen Parteien auch nicht besser sind.
Und wenn ich dann noch in den Nachrichten höre, dass eine Partei bedauert, „ihre Ziele dem Wähler nicht verständlich gemacht“ zu haben, dann ist die ebenfalls endgültig unterdurch, hält sie doch ihre potentiellen Wähler für zu doof.

Nach der letzten Bundestagswahl fand ich das Gerangel um eine Regierungsbildung furchtbar. Die $Partei wurde als Koalitionspartner definitiv ausgeschlossen. Dabei war sie demokratisch von mehreren Millionen Bürgern gewählt, was sie wohl durchaus dazu legitimiert hat. Es ist schlimm, wie ihre Wähler verunglimpft werden. Wenn die $Partei nicht grundgesetzkonform ist, so soll man sie verbieten. Lässt man sie aber zur Wahl antreten, hat man das Votum der Wahlberechtigten gefälligst zu akzeptieren, auch wenn es einem nicht gefällt.
IMHO wäre eine Bahamas-Koalition sinnvoll gewesen, aber das lehnten die anderen Parteien ja kategorisch ab, diese Pharisäer!
Ein wenig frischer Wind tut dem festgefahrenen und verkrusteten Parteiensystem gut, insbesondere wenn es ein Gegengewicht zu extremen Positionen auf der politisch entgegengesetzten Seite darstellt.

Man muss der $Partei inhaltlich nicht nahe stehen, um den unfairen Umgang der anderen Parteien sowie der Medien mit ihr zu kritisieren.
Wenn mich dieser Eintrag Follower kostet, so kann ich’s auch nicht ändern.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

41 Antworten zu Landtagskwahl //1959

  1. Plietsche Jung schreibt:

    Wenn du dich nicht entscheiden kannst, mach die Stimme ungültig. Eine Teilnahme ist zumindest wichtig.

    Like

  2. keloph schreibt:

    ich habe gerade gestern mit freunden darüber gesprochen, dass, wenn man die parteien de-selektiert, welche sich in den vergangenen 12 monaten disqualifiziert haben, eine leermenge übrigbleibt. das wiederrum ist keine option, weil eine nicht- oder ungültige wahl gerade diese parteien stärkt, die man de-selektiert hat. ein klassisches dilemma. ich allerdings wohne nicht in einem bundesland, in welchem demnächst wahlen anstehen, so dass ich noch zeit habe. anders als du offensichtlich. im übrigen habe ich bisher nicht über irgendwelche INHALTE gesprochen. und das ist ein weiteres dilemma, welches sich wohl auch nicht bis zu meinem nächsten wahlzeitpunkt auflösen wird.

    Like

  3. Broken Spirits schreibt:

    Tja, irgendwie hat man naur die Wahl zwischen Pest (rotrotgrüngelbschwarz = die Farbe der Mischung ergibt übrigens „braun“) und Cholera (blau).
    Durchfall wird man wenigstens wieder los 😉

    Gefällt 1 Person

  4. blindfoldedwoman schreibt:

    Nimm orange. Auch wenn der Dialekt wirklich heftig ist.

    Like

  5. Leser schreibt:

    Wir leben in einer Zeit, in der Politik so sehr zu einer Realsatire geworden ist, dass oftmals die als „Spaßparteien“ bezeichneten Parteien mehr Gehalt transportieren, als diejenigen Parteien, welche sich ernstzunehmen vorgeben. Somit ist das Wählen zu einer Farce verkommen – zumal wie gesagt das gesamte Wahlsystem darauf ausgelegt ist, bestehende Macht zu zementieren und neue Parteien, die vielleicht begrüßenswerte Inhalte beizutragen hätten, daran zu hindern, dies auch tatsächlich zu tun. Die Vorselektion des Wahl-O-Maten auf max. 8 Parteien beschreibt das sehr gut, dabei ist das aus technischen Gesichtspunkten bei der Leistungsfähigkeit unserer Computer schon seit mind. 20 (wenn nicht sogar 30) Jahren nicht mehr nötig. Ich hab mir bei irgend einer Wahl mal einen Spaß mit dem Wahl-O-Maten gemacht, und nur Parteien angekreuzt, die ich nicht kannte – auch da kamen interessante Ergebnisse bei heraus…

    Gefällt 1 Person

  6. Carnofis schreibt:

    Eines immerhin musst auch Du zugeben: fast genau100 Jahre nach dem Rest Deutschlands endet auch in Bayern die (Einparteien-)Monarchie 😀

    Allein das ist doch ein feiernswerter Fortschritt. 😀 😀

    Like

  7. idgie13 schreibt:

    Meine Mama hat auch schon gejammert, dass sie nicht weiss, wen sie wählen soll…

    Ich darf ja nicht… (bin ich auch nicht bös drum)

    Like

  8. Martin schreibt:

    Eine Wahlstrategie die ich aktuell ueberlege ist einfach die Partei zu waehlen deren Abgeordnete zuletzt verpruegelt wurden.

    Like

  9. Pingback: Oktobrige Tweets //2157 | breakpoint

Hinterlasse eine Antwort zu Anne Nühm (breakpoint) Antwort abbrechen