Internettigkeiten //1942

Derzeit habe ich gelegentlich etwas Leerlauf, und bisweilen nutze ich den, um in mir neuen Blogs herumzustöbern, und nach interessanten Themen Ausschau zu halten.
Um mehr Blogs regelmäßig zu lesen, fehlt mir dann schon die Zeit, aber sporadisch mal vorbeizuschauen, ist ab und zu drin.

Was mir bei meiner Blogrecherche aufgefallen ist – nicht nur einmal, sondern signifikant oft – dass es manche Blogs gibt mit einer hohen Zahl an Followern (was man u.a. an der Anzahl der Kommentare erkennen kann), die aber inhaltlich eigentlich kaum etwas bieten.
Oft ist die Schreibweise schwerfällig oder unstrukturiert, bisweilen sogar ordinär. Trotzdem kommen begeisterte Kommentare, wie toll doch das Blog wäre. Diesen Enthusiasmus kann ich nicht teilen, und ich wundere mich einfach, wieso solche – IMHO bestenfalls mäßigen – Blogs bereits nach kurzer Existenz eine derart hingerissene Gefolgschaft haben, die jede noch so schnippische oder selbstgefällige Äußerung auch noch hochjubelt.
Dann wird noch schnell die Mitleidskarte ausgespielt: schwere Jugend, Depression, unzufrieden im Job, gesundheitliche Probleme, kein Geld, ..
Ähnliche Phänomene gibt es ebenso bei Twitter. Tausende von Followern, aber keinen anspruchsvollen Content (und ich rede hier nicht von Promis).

Versteht mich nicht falsch. Ich neide oder missgönne anderen Bloggerkollegen keinesfalls die Aufmerksamkeit und ihren Erfolg. Es erstaunt mich einfach, und ich würde das gerne verstehen.
Aber was weiß ich schon. Ich gehöre ja auch zu den Leuten, die den „Kleinen Prinzen“ ungemein nervig finden. Andere Leute dagegen loben ihn in den höchsten Tönen. Geschmäcker sind nun mal verschieden. Und mir sind eben überschwänglich-herzliche Personen äußerst suspekt.
Allmählich entwickle ich sogar ein Ekelgefühl gegenüber Formulierungen mit „Herz“ – egal ob Herzlichkeit, Herzenswärme, warnherzig, Herzensmensch, u.dgl. Das sagt doch alles nur aus, dass es keine vernünftigen Gründe für etwas gibt, sondern rein aus dem persönlichen Bauchgefühl heraus gehandelt wird.
Wie wär’s denn zur Abwechslung mal mit Hirn?

Da gibt es noch die Blogger, die sich selbst alle paar Absätze als Kopfmensch oder rational bezeichnen, aber alles dazwischen trieft vor Emotionen und Gefühl. (Bei dieser Irrationalität kommt mir automatisch der Goldene Schnitt in den Sinn.)
Lang und breit werden die eigenen Befindlichkeiten ausgebreitet, statt kompakt und redundanzarm zu formulieren, und endlich auf des Pudels Kern zu kommen.
Die Seiten, auf denen sich jemand einbildet, sich wegen ein wenig Interesse an Comics, Fantasy oder Games als Nerd zu qualifizieren, scheinen auch nicht auszusterben.

Oder die Blogger, die ein paar Teaser veröffentlichen, so dass man auf die Idee kommen könnte, dass da interessante Themen behandelt werden. Aber dann fangen sie an, bei ihren Lesern zu betteln. Das fängt an mit Kaffeegutscheinen oder Wishlists, und geht bis zum unverblümten Spendenaufruf – teils mit der subtil-impliziten Drohung, sonst keine Texte mehr freizugeben.
Egal ob Produkttester, Influencer oder etwas anderes dieser Art – es widert mich an, wenn ein Blog zum Profitmachen zweckentfremdet wird. Darf natürlich trotzdem jeder handhaben, wie er mag. Ich persönlich lese aber keine Blogs, die darauf ausgerichtet sind, Geld einzunehmen (das die entstehenden Kosten z.B. für Hosting weit übersteigt).
Manche Dinge macht man nur aus Freude, und nicht, weil man eine materielle Gegenleistung erwartet.

Schließlich gibt es auch noch Leute, die anscheinend nur provozieren wollen, und überhaupt nicht an einem ergebnisorientierten, konstruktiven Gespräch interessiert sind. Da findet eine kontroverse Diskussion statt. Die Teilnehmer sind unterschiedlicher Meinung, verhalten sich aber dennoch sachlich und respektvoll. Aus dem Nichts erscheint dann eine Art Troll, der pauschal und ohne substanzielle Argumente meint, das alles wäre Blödsinn, oder Diskussionsteilnehmer persönlich angreift.
Wie reagiert man auf so eine Person? Inzwischen gelingt es mir manchmal, das zu ignorieren, indem ich mir sage, dass in zwei Wochen die Angelegenheit eh niemand mehr liest, oder dass neu hinzugekommene unvoreingenommene Diskutanten und Diskuonkel selbst ihre Folgerungen aus diesen Äußerungen ziehen können. Man könnte auch freundlich nachfragen, was denn so unverständlich ist. Oder mit Ironie und Sarkasmus die Person auflaufen lassen. Oder selbst den Besserwisser rauskehren, indem man die Person mit Fakten konfrontiert. Oder ausführlich klarstellen und rechtfertigen. Lohnt sich das? Soll man eskalieren lassen, und dem Troll damit noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen? Oder lässt man einfach die Angelegenheit gelassen auf sich beruhen? Ich versuche letzteres. Ich habe keine Lust mich herumzustreiten, wenn es nur um das Rechthaben geht, ohne den Willen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und die eigene Ansicht auch mal in Frage zu stellen. Alles hat mehrere Seiten. Meistens gibt es kein wirkliches Richtig xoder Falsch.

Und letztendlich kenne ich bereits seit Jahren einen Blogaccount. Der war früher mal in mancher Hinsicht thematisch so ähnlich wie meiner. Es sind ja schon viele Blogs, die ich kannte, im Laufe der Zeit von der Bildfläche verschwunden, aber dieser gewisse Account ist (unter Schwankungen) immer noch aktiv – bloß ist das Niveau inzwischen drastisch gesunken, und ich fürchte, der Anspruch dieser Bloggerin an sich selbst wird noch weiter runter gehen. Das stimmt mich irgendwie traurig – teilweise sicherlich, weil ich mir bewusst bin, dass es mir ähnlich hätte ergehen können.

Auch wenn ich persönlich manches überhaupt nicht mag, so will ich’s dennoch niemandem verleiden, dem es gefällt. Deshalb nenne ich keine Namen, und bitte euch auch, Mutmaßungen zu unterlassen. Ich werde sie weder bestätigen noch dementieren.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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14 Antworten zu Internettigkeiten //1942

  1. Der Maskierte schreibt:

    Das Netz ist doch eh ziemlich öde geworden, seit ich das Bloggen eingestellt habe. 😉

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  2. Plietsche Jung schreibt:

    Brot und Spiele !
    Das Volk kann sich mitteilen und mitfühlen.
    Alles wird gut.

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  3. Pendolino70 schreibt:

    Irgenwer muss doch noch die Fahne hoch halten, sonst sind wir verloren 😉

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  4. Pingback: Twitteralien //2146 | breakpoint

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