Warum MINT studieren? //1777

Vor ein paar Tagen hatte ich mich über eine Posteraktion ausgelassen, die junge Frauen auf MINT-Fächer neugierig machen wollte.
Nun, Kritik üben ist die eine Sache, Vorschläge und Anregungen, wie man es besser machen könnte, eine andere.

Wie also würde ich eine ähnliche Aktion aufziehen?
Zunächst würde ich mich nicht auf Mädchen fokussieren, sondern geschlechtsneutral versuchen, junge Menschen anzusprechen, die in MINT hineinpassen.
Ich würde die Aspekte darstellen, die mich persönlich an MINT faszinieren, da ich davon ausgehen, dass dies bei anderen MINT-affinen Personen ähnlich ist.

In MINT geht es um
* systematisches beobachten, experimentieren oder messen
* erkunden und forschen
* analyisieren und auswerten
* Zusammenhänge, Muster und Strukturen erkennen
* Kausalitäten erklären, und logische Folgerungen schließen
* Ergebnisse (mathematisch) beschreiben
* Hypothesen aufstellen und nachprüfen
* verstehen und anwenden statt auswendig lernen
* neue Dinge, Methoden und Innovationen entwerfen, entwickeln, kreieren, konstruieren
* berechnen und in Algorithmen umsetzen
* Lösungen finden
** manchmal straightforward
** aber häufig auch per Versuch und Irrtum
* streng deduktiv oder heuristisch vorgehen

Von diesen Tätigkeiten und Denkweisen sollte man sich angesprochen fühlen, und sich vorstellen können, damit seine Arbeitszeit zu verbringen, oder man passt nicht in MINT. Wem es davor grauselt, und wer lieber mit Menschen als mit Zahlen arbeiten will, ist woanders bestimmt besser aufgehoben. Das muss man einmal ganz deutlich sagen. Die oben gelisteten Tätigkeiten (zumindest einige davon) sollte man gerne tun, oder man lässt es lieber bleiben.

Manche MINT-Berufe sind reine Schreibtischtätigkeiten, die zum Großteil am Computer ausgeführt werden. Viele andere erfordern mehr oder weniger auch körperlichen Einsatz – vielleicht in einem Labor, vielleicht in freier Natur, oder anderswo. Das reicht vom gelegentlichen Gebrauch eines Mikroskops oder Lötkolbens bis hin zu Expeditionen, Ausgrabungen, oder was-weiß-ich. Die Bandbreite ist enorm, so dass für jeden Geschmack etwas dabei sein sollte.

Soweit die inhaltlichen Aspekte. Was das visuelle Design der Poster oder Plakate betrifft, so würde ich verschiedene Motive darstellen. Mir fallen spontan ein Feynman-Diagramme, mathematische Formeln und Gleichungen, Platonische Körper oder sonstige geometrische Formen, das periodische System, Codeschnipsel, eine Isotopenkarte, Smithdiagramme, ein Möbiusband, Schaltpläne, Zahnräder, astronomische Objekte, Lissajous-Figuren, Molekülmodelle, Schwebungen, eine Doppelhelix, ein Kristallgitter, Teilchen-Multipletts, .. Da gibt es sicher noch viel mehr schöne Motive.
Vielleicht ist das nur mein persönlicher Geschmack, aber ich würde klare Konturen solchen verspielten Schnörkseln vorziehen.

Um auch einmal etwas positives über die genannte Posteraktion zu sagen, finde ich es gut, dass mit jedem Poster die Geschichte eines Wissenschaftlers verknüpft ist. Nicht gut finde ich, dass diese Wissenschaftler alle weiblich sind. Die Anzahl sollte sich am bestehenden Geschlechterverhältnis orientieren. Wenn es bei sechs Postern bleibt, so wäre eine Frau OK, zwei (gerade noch so) akzeptabel, alles darüber hinaus Manipulation. Um als Vorbild geeignet zu sein, sollten diese Wissenschaftler sympathisch und kompetent wirken, so dass man sich mit ihnen – unabhängig vom Geschlecht – identifizieren kann.

Es ist doch niemandem damit geholfen, wenn eine Aktion Personen ködert, die sich damit später im Beruf nicht wohlfühlen, und eher erfolglos und frustriert vor sich hin wurschteln. Deshalb sollte man spezifische MINT-Aspekte deutlich herausstellen, anstatt sie zu verbergen, wie es die genannte Aktion versucht.

Last not least hat ein MINT-Studium den Vorteil, dass man danach wunderbar besserwisserisch herumnerden kann.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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23 Antworten zu Warum MINT studieren? //1777

  1. keloph schreibt:

    gleichberechtigung hat nichts mit bevorzugung der schwächeren zu tun. ein konzept, dass leider auch von staats wegen so gefahren wird. wie oft auch hier mit idiotischen auswüchsen……ich gebe dir recht.

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  2. Leser schreibt:

    „wunderbar besserwisserisch rumnerden“ – naja, das kann man auch nach einem MINT-Studium nur, wenn man entsprechend „nerdig“ veranlagt ist 😉

    Andererseits kann man es dann auch, wenn man nicht MINT studiert hat…

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Grundsätzlich sind MINT Berufe etwas für Menschen, die Struktur und Logik mögen und auch Prozessen folgen. Man muss sich in Zahlen und Abhängigkeiten auskennen und vor allem wohlfühlen.

    Teamarbeit ist dabei nicht ausgeschlossen, aber oft nur rudimentär vorhanden, es kommt eben sehr auf das Projekt an und wie es geleitet (mit entsprechenden Skills) und strukturiert wird.

    Neben dem Wohlfühlfaktor wäre für mich der sie Aufgabe, der Standort und die Vergütung entscheidend, in jedem Fall natürlich das Team.

    Was vielen Schülern fehlt, ist die eigentliche Anwendung von Mathe, Chemie, Physik, etc im Berufsumfeld und täglichem Leben. Die Frage „Wozu brauche ich das später eigentlich ?“ kommt nur allzuoft vor. Wenn man die Anwendung von MINT Fächern plakativer machen könnte, würde man meiner Meinung nach mehr Interessenten gewinnen können.

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    • Wenn man sich für ein MINT-Studium entscheidet, weiß man ja erst mal nicht, in welchem Team oder an welchem Ort man landet, bzw. welche Arbeit man genau ausführen wird.
      Das Studium gibt erst mal nur die ungefähre Richtung vor, und muss später noch feinjustiert werden.

      Der Schulstoff – insbesondere Mathematik – ist derart eingeschränkt, dass man Schülern wohl kaum verständlich machen kann, wofür manche Konzepte sinnvoll sind.
      Ohne z.B. zu wissen, was eine Differentialgleichung überhaupt ist, bleibt das grundlegende Verständnis dynamischer Vorgänge auf niederem Niveau.

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    • Alex ii schreibt:

      Das („Wozu brauche ich das später eigentlich?“) ist doch nur vorgeschobener Bullshit.

      Es gibt kein Szenario im Leben, wo man Göthe, Buchhaltung, Musik, Französische Lyrik, … benötigt.

      Und natürlich gibt es auch eine sinnvolle Antwort:
      „Du nicht, aber ein intelligentes Kind kann das brauchen.“

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      • Plietsche Jung schreibt:

        Für Buchhaltung hat man immer Verwendung 🙂

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      • Vieles, das man in der Schule lernt, braucht man später nicht. Die ganzen uralten Geschichten, oberrheinische Tiefebene, Gedichtinterpretationen, .. weg damit!
        Der Punkt ist, dass man während der Schulzeit noch nicht wissen kann, was man später vielleicht doch braucht. Jeder Schüler schlägt einen anderen Berufsweg ein.

        Für ein wenig Buchhaltung in Wirtschaft&Recht bin ich im Nachhinein schon froh. Aber da geht’s immerhin um Zahlen.

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        • Alex ii schreibt:

          Völlig korrekt.
          Ich finde es auch gut, den Kindern möglichst viel Rüstzeug zu verschiedenen Themen mitzugeben.

          Ziel war es nur zu verdeutlichen, dass dieses „Argument“ nur bei den schweren Fächern gezogen wird.

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  4. claudius2016 schreibt:

    In der Schule habe ich es als Problem empfunden, dass viele (fast alle) MINT-Lehrer keine Ahnung von ihren Fächern in der Praxis haben, woher auch. Damit war es ihnen nur möglich, ihre im Studium erworbenen Faktenkenntnisse vermitteln, aber nichts, überhaupt nichts aus dem realen Leben…

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    • Bei Lehramtsstudiengängen wird mehr Wert auf Didaktik gelegt, also Methodik der Wissensvermittlung.
      Soweit ich mich erinnere, waren bei uns die Lehramtsstudenten nur in den ersten zwei Semestern in der gleichen Vorlesung. Danach entwickelte sich das auseinander. Schließlich braucht ein Lehrer auch kaum größeres Fachwissen als es Abiturniveau entspricht, dafür aber in zwei oder mehr Fächern.

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      • claudius2016 schreibt:

        Genau, sie könnten aber durch Praktika o. ä. Kenntnisse erlangen, um ihren Schülern im Mathe- oder Physikleistungskurs den Beruf erklären zu können. Das es nicht so ist, sehe ich als Manko der Lehrerausbildung und des Schulsystems an.

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  5. Alex ii schreibt:

    Leute, es gibt genau einen Grund mint zu lernen:

    Weil man’s kann !

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  6. ednong schreibt:

    Diese Poster sehen ja, ähm, also wenn ich freundlich bleiben soll: abartig aus. Wie kann man nur erhoffen, dass man damit qualifiziert wirbt? Das würde mich eher abschrecken.

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  7. Pingback: Tweets aus dem Fiebermonat //1964 | breakpoint

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