Wenn der Chef mich kurzfristig in sein Büro zitiert, bedeutet das nie etwas gutes.
Ich war mir keiner Verfehlung bewusst. Dennoch betrat ich sein Büro mit gemischten Gefühlen.
„Es gab Beschwerden vom Reinigungsdienst wegen des Wandkalenders in einem der Büros der Softwareentwickler“, kam er ohne Umschweife zur Sache.
Der Reinigungsdienst ist eine Fremdfirma, die regelmäßig hier in den Räumlichkeiten putzt und saubermacht.
Ich konnte mir denken, um welchen Kalender es ging. Der war mir auch schon aufgefallen mit seinen geschmacklosen Motiven. Aber ich hatte ihn geduldet, weil meine Mitarbeiter sich im Büro wohlfühlen sollen, und dadurch hoffentlich zur Arbeit inspiriert und motiviert werden. Und ich selbst brauche ja nicht hinzuschauen.
„Was geht es denn die Putzfrau an, was hier an den Wänden hängt?“
„Das Reinigungspersonal weigert sich, den Raum weiter zu säubern, solange der Kalender dort hängt.“
„Mir gefällt der Kalender auch nicht, aber ich erlaube meinen Mitarbeitern, die Wände nach ihrem Geschmack zu schmücken. Und nicht nach dem Geschmack der Putzfrau.“
„Das hat aber Grenzen. Solche Motive haben bei der Arbeit nichts verloren. Ich erwarte von dir, dass du veranlasst, dass der Kalender verschwindet.“
„OK“, bestätigte ich widerwillig.
„Mit ‚verschwindet‘ meine ich, dass er auch nicht durch einen ähnlichen ersetzt wird.“
„Schon klar.“
„Und auch nicht, dass er irgendwo anders wieder auftaucht.“
„Jajaja, ich hab’s ja verstanden“, mittlerweile war ich von seinem Insistieren genervt, „der Kalender kommt weg.“
„Wir sind uns also einig?“
„Wie oft muss ich das denn noch betonen? Warum bist du so misstrauisch?“
„Erfahrungsgemäß bist du sehr kreativ, wenn es um das Umgehen solcher Anordnungen geht.“
„Ich habe gar keine Veranlassung, hier irgendwelche Tunnelspielchen zu machen“, stellte ich inzwischen verärgert klar, „der Kalender ist scheußlich, und ich habe ihn bisher lediglich geduldet, um die Zufriedenheit meiner Mitarbeiter zu sichern. Jetzt kommt er weg.“
„Gut, dann wäre das unmissverständlich geklärt“, erwiderte er beruhigt, und wandte sich wieder dem Papierkram auf seinem Schreibtisch zu.
Im Nerdtopia der Softwareentwickler teilen sich jeweils zwei bis vier Mann ein Büro.
Ich betrat den entsprechenden Raum, wo gerade nur zwei der drei Mitarbeiter anwesend waren. Ich begrüßte beide mit Namen, zeigte auf den Kalender, und erklärte, dass es darüber Beschwerden gegeben habe, er NSFW sei, und deshalb unverzüglich entfernt werden müsse.
Es gäbe auch andere Kalender mit interessanten Motiven, ich persönlich fände beispielsweise Escher-Zeichnungen sehr schön.
Dann kam mir der Gedanke, für nächstes Jahr selbst einen Firmenkalender zu gestalten, mit Fotos der verschiedenen Standorte, der einzelnen Produkte, und was sonst noch so in dem Zusammenhang passend sein könnte. Diese Idee muss ich mir unbedingt merken, und im Herbst ggf. weiter verfolgen.
Lieber Himmel, jetzt bestimmen schon die Putzfrauen, na ja in politisch korrekten Zeiten wundert mich nichts mehr.
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Die Motive waren tatsächlich not suitable for work. Sonst hätte ich den Kalender hängen lassen.
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Hihihi, jetzt bringst Du mein Kopfkino zum Laufen und ich habe unsere alte Schrauberscheune vor Augen.
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Was alleine in der privaten „Schrauberscheune“ völlig OK ist, ist es in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers halt nicht mehr unbedingt.
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Was war denn das Motiv? Irgendwelche Monster von Giger?
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Naggiche Frauen, teils in recht expliziten Posen.
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…super Idee.Und vor dir Standorte platzierst du wieder süße Hundewelpen. Es waren doch Hunde drauf, oder?! 😂😂😂 – Nee, im Ernst. Mach so eine Art Pirelli Kalender mit Firmenmotiven draus. Sexy angezogen sich keine Putzfrau dran stören! Wobei ich persönlich kein Verständnis dafür hätte, einen Kalender für eine Reinigungsfachkraft abzuhängen. Geht in meinen Augen zu weit, was für Forderungen kommen da noch? Vielleicht hätte auch ein Tuch drüber jede Nacht gereicht. Fertig.
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Die Idee mit dem Tuch hatte ich auch, ist aber ja noch viel provozierender…
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So ein Tuch läd ja direkt dazu ein, mal drunter zu schauen.
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Wie ich den Kalender gestalte, überlege ich mir noch. Das hat ja noch Zeit.
Ein Tuch hätte wohl nicht gereicht. Das wird dann vergessen oder fällt runter .. Außerdem kommt es auch tagsüber schon vor, wenn auch selten, dass abteilungsfremde Personen den Raum betreten. Nee – ein Tuch ist nicht praktikabel.
Für das Aufhängen eines Kalenders gab es nie eine ausdrückliche Erlaubnis. Aber solange er niemanden störte drückte die Firmenleitung ein Auge zu.
Letztes Jahr hatten sie einen Kalender mit astronomischen Aufnahmen (Galaxien etc.). Gegen so einen kann niemand etwas einzuwenden haben.
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Da sieht man, wozu ein Abschluss in Gender taugt: Putze! 😀
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Keine Ahnung, welche Ausbildung und Qualifikation diese Reinigungskräfte haben.
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Große Spannweite von gar keine Ausbildung bis zum Gebäudereinigermeister… Alles ist möglich.
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Ja. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Gender Studies Absolvent*ix_ dabei sind, aber IMHO nicht sonderlich wahrscheinlich.
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Stimmt, ein Absolvent von Genderstudies wäre mit produktiver Arbeit wahrscheinlich extrem überfordert.
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So ähnlich war mein Gedankengang.
Ordentliche Arbeit darf man da nicht erwarten.
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Solche Kalender haben in der Firma auch nix verloren. Ich find das richtig so.
Ob jemand Deinen Aufwand mit Bildern von Firmenstandorten zu schätzen weiss? Wer will schon ganzjährig Firmengebäude sehen?
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Solange Kalender oder sonstige persönliche Dekogegenstände nicht schaden und niemanden stören, hab‘ ich eigentlich nichts dagegen.
Der Firmenkalender ist erst mal nur so eine Idee. Er hätte den Vorteil neutraler Motive, gegen die niemand berechtigte Einwände erheben kann.
Außerdem würde ich auch Platz für handschriftliche Einträge vorhalten, in denen z.B. Urlaub und Fortbildungszeiten eingetragen werden können.
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In den Firmenkalendern, die ich so kenne, waren auch mal gerne wichtige Firmentermine drin vermerkt. Hausmesse etc.
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Soweit solche Termine im Voraus bekannt sind, sollen sie im Kalender genannt werden.
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Ach, wie schade. Aber so ein Kalender mit nackten frauen auf der Auto … ahm Computerhaube geht natürlich nicht. Ich würde mich allerdings fragen, wie so eine Putze an einem Kiosk vorbeigehen kann, in dem sämtliche Stripmagazine dieser Republik hängen.
Einen Kalender mit Firmenstandorten ? Ist jetzt nicht dein Ernst, oder ? Einen Kalender mit euren Produkten vielleicht, den kann man Kunden schenken, aber nicht so einen mit Standorten.
Dann lieber einen Kalender für Bademode oder den Angelkalender 2018
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Der Wandkalender war nicht an einer Computerhaube angebracht, sondern schon an prominenter Stelle an der Wand, und somit kaum zu übersehen.
Die Motive des Firmenkalenders sollten schon irgendeinen Bezug zur Firma haben, sonst kann ich gleich irgendeinen 08/15-Standardkalender kaufen.
Angeln hat keinen Bezug zur Firma.
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Ich glaube nicht an den Sinn eines Firmenkalenders. Wer soll sich dazu inspiriert fühlen oder daran Gefallen finden ?
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Sorgt für eine Corporate Identity, stärkt die Mitarbeiterbindung und kann zumindest nicht schaden.
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Dann viel Erfolg damit !
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Ein Kalendar über ‚bedeutende‘ Frauen in der Informatik.
12e werden sich schon finden?
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Unter dem gestrengen Blick von Grace Hopper geht die Produktivität dann nach unten.
Von Hedy Lamarr würden sich dagegen vielleicht sogar ein paar Fotos finden, die der Mitarbeitermotivation zuträglich wären.
Wenn mir außer Ada Lovelace sonst keine mehr einfällt, müssten die Motive halt quartalsweise wiederholt werden.
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