Progesteronabfall Macht Streitlustig //1693

Zwei Feiertage hintereinander unter der Woche sind schon ungewöhnlich. Da ich am Montag einen wichtigen Termin hatte, und Carsten am Donnerstag, kam ein Kurzurlaub nicht in Frage. Stattdessen diskutierten wir, ob wir die zwei Feiertage auf dem Lande oder in der Stadt verbringen sollten, und entschieden uns schließlich dafür, in der Stadt zu bleiben.

Ich nutzte die Zeit u.a. dafür, mal wieder in meinem Kleiderschrank aufzuräumen. Dazu hatte ich einige Kleider und Wäsche zeitweise in den Waschkorb ausgelagert. Zwischendurch musste ich aber auch etwas anderes erledigen, so dass ich erst später dazukam, damit weiterzumachen.
Inzwischen hatte Carsten ein benutztes Handtuch in den Waschkorb geschmissen.

Ich rastete aus. Schrie ihn an, warum er schon wieder sein Dreckzeug auf meine sauberen Sachen geschmissen hätte. Und in der Tat hat er schon öfter benutzte Kleidung auf die frisch gewaschene oder gar zusammengelegte Wäsche gelegt.
Aber ich stand auch mich selbst beobachtend daneben, und fragte mich, was mit mir los sei, dermaßen überzureagieren. Klar ist es ärgerlich, wenn die saubere Wäsche durch Dreckwäsche kontaminiert und verschmutzt wird, so dass ich sie zumindest teilweise noch mal waschen muss. Allerdings schreie ich sonst wegen so etwas nicht herum. Carsten ist meistens gar nicht anwesend, wenn ich es bemerke, und später habe ich die Sache schon meistens wieder vergessen, bzw. ich weise ihn darauf hin, dass er in Zukunft schmutzige Sachen nicht auf saubere legen soll.
Der aufgestaute Ärger darüber entlud sich in mir, und ich kannte mich selbst nicht mehr.

Carsten versuchte mich zu beschwichtigen, erklärte, dass das Handtuch gar nicht so dreckig sei, so dass ich die Wäsche darunter nicht noch einmal waschen müsste, oder ich sie ja am Wochenende der Haushälterin bringen könne, die sich dann darum kümmern würde, aber ich ließ mich nicht beruhigen.
Einerseits wunderte ich mich insgeheim über mich selbst, andererseits dachte ich, dass er es jetzt wenigstens endlich lernen müsse, seine Sachen nicht auf saubere Wäsche zu schmeißen, wenn ich ihm das einmal so richtig deutlich und unmissverständlich klar mache, so dass er dies nie mehr wiederholt.
„Komm, wir legen uns noch mal ins Bett“, schlug er schließlich vor.
„Ich will aber jetzt nicht ins Bett“, rief ich, während mein innerer Beobachter verwundert den Kopf schüttelte. So einen Vorschlag hatte ich noch nie ernsthaft abgelehnt, und eigentlich wollte ich ihn auch jetzt nicht ablehnen. Aber meine innere Zicke war weiter auf Konfrontationskurs und zeterte herum, ohne dass ich das ändern konnte (und mein innerer Rekursionscallback sinnierte, ob meine Gedanken noch unter Selbstreflektion fallen, oder schon unter Schizophrenie).
Carsten zog sich schließlich verärgert an sein Notebook zurück.

Ich kam etwas zur Ruhe, atmete tief durch, und konnte mich plötzlich selbst nicht mehr leiden, wegen solch einer Kleinigkeit einen dermaßenen Aufstand gemacht zu haben. Mir kam zu Bewusstsein, dass Tante Irmas allmonatlicher Besuch bevorstand, und mir wurde klar, dass mich die Hormone hatten durchdrehen lassen.
Ich weiß schon, dass mich PMS manchmal (durchaus nicht jedesmal) reizbar und empfindlich machen kann, aber so schlimm war es bei weitem noch nie. Das war nicht mehr ich selbst. Das war die Macht der Hormone, die mich vorrübergend zu einer keifenden Erinnye mutieren ließ.

Nachdem ich das eingesehen hatte, holte ich in der Küche eine Nascherei, die Carsten gerne mag, ging zu ihm und setzte mich neben ihn. Ich legte die Nascherei auf den Tisch und meine Hand auf seinen Oberschenkel. „Ich hab‘ wohl überreagiert“, erklärte ich ruhig, „aber pass‘ in Zukunft bitte besser auf, wohin du deine gebrauchten Sachen legst.“
„Hm“, brummte er.
Während ich meine Hand weiter nach oben wandern ließ, meinte ich: „Wir könnten uns doch jetzt noch mal hinlegen ..“
..
Nichts entspannt besser und bereinigt Unstimmigkeiten.

Da Tante Irma inzwischen eingetroffen ist, ist erst mal Enthaltsamkeit angesagt. Aber auch wenn ich jetzt körperlich eingeschränkt bin, bin ich wenigstens psychisch wieder stabil und gelassen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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27 Antworten zu Progesteronabfall Macht Streitlustig //1693

  1. blindfoldedwoman schreibt:

    Ich glaube, ich hätte an Carstens Stelle angefangen zu lachen. Wegen einem Handtuch…LOL
    Aber im Ernst: schreien geht gar nicht.

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  2. keloph schreibt:

    die analytikerin mit emotionen……das hatte ich so nicht erwartet, aber es ist gnadenlos ehrlich. gut so.
    im übrigen halte ich es so, dass ich versuche private (da kann jeder sein „reich“ versaubeuteln) und „öffentliche“ (da gibt es grundregeln, die allen genüge tun) bereiche zu unterscheiden und mich auf diejenigen dinge mit kritik konzentriere, die öffentlich sind. insofern fanden deine erlebnisse wohl im öffentlichen bereich statt, insofern ist kritik angebracht. aber wohl in anderer tonlage 😉

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  3. Plietsche Jung schreibt:

    Ich finde, du machst es dir ein bißchen einfach, indem du es auf deine Hormone schiebst. Auch dann sollte man sich unter Kontrolle haben und nicht so platzen, auch wenn es nagt und schwerfällt.

    Immerhin hast du aber die Kurve bekommen und durch ehelichen Beischlaf den Konflikt aus der Szene genommen. Aber ob das immer gut geht ….

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  4. ednong schreibt:

    Ja,
    manchmal drehen die Frauen durch … 😉
    Ich finde solche Situationen als Mann immer verstörend – denn egal was man macht, es ist das Falsche. Und einfach ignorieren ist wohl das Beste – aber beileibe nicht das Einfachste. Vermutlich ist es Carsten schon gewohnt.

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  5. ednong schreibt:

    Und ich denk noch so: Beginnt Sie Jetzt Im Titel Alle Worte Mit Großbuchstaben? 🙂

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  6. Engywuck schreibt:

    Sicher, dass Du wirklich zur Erinnye (also einer Rachegöttin, i.W.S. also personifizerte Gewissensbisse) wurdest und nicht zur Xanthippe?

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