Auf dem heißen Strich //1585

Über meine Abneigung zu telefonieren, hatte ich bereits einmal gebloggt.
Nun hat meine Aversion dagegen neuen Auftrieb bekommen.

Jeder kennt Telefon-Hotlines, bei denen man erst mal mehr oder weniger lange in einer Warteschleife verbringt, und irgendwelche blöde Musik über sich ergehen lassen muss.
Ich musste eine – eigentlich harmlose – Formalität mit einer Versicherung klären. Nachdem ich dies schon einige Wochen vor mir hergeschoben hatte, griff ich doch zum Telefonhörer.
Zunächst geriet ich an den Sprachcomputer, bei dem ich einige Angaben machen musste, teilweise längere Nummern eingeben, eine davon doppelt, und – schwupps! – beendete der Computer den Anruf mit der lapitaren Nachricht, es später noch einmal zu versuchen.

Nächster Versuch, bei dem ich im Laufe des Menüs eine andere Taste drückte, weil mein Ansinnen sich nicht ganz eindeutig den Vorschlägen des Sprachcomputers zuordnen ließ. Irgendwann geriet ich dann in die Warteschleife.
Wenn man nicht vorher aus irgendwelchen Gründen rausgeworfen wird, oder selbst aufgibt, hat man irgendwann einen Sachbearbeiter am Apparat, und dann sollte es eigentlich zügig weitergehen.
Dachte ich. Nachdem ich mein Anliegen ausführlich erklärt hatte, ließ der Sachbearbeiter sich nochmal einige Daten durchgeben, suchte in seiner Datenbank, wurde endlich fündig .. „Hm, .. ach ja, .. da ..“
Ich stellte eine einfache Frage.
„Da muss ich Sie mit einem Kollegen weiterverbinden.“ Schwupps – ohne meine Erwiderung abzuwarten, war ich wieder in der Warteschleife.

Als ich nach geraumer Zeit einen weiteren Call(center)boy in der Leitung (ich nutze noch leitungsgebundene Telefone) hatte, wusste ich nicht, welche Informationen er über mein Anliegen bereits hatte. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als alles noch mal zu erklären.
Er fragte mich noch mal nach einigen Daten, ließ seinen Computer in der Datenbank suchen, in aller Ruhe. Fand dann nicht den richtigen Datensatz, worauf ich ihn noch mal auf eine Zusatzinformation hinwies. Schließlich fand er doch, worum es ging, grummelte irgendwie herum – alles sehr freundlich, aber so lahmarsc?ig, dass ich völlig vergaß, dass ich eigentlich noch eine andere Frage hatte stellen wollen.
Im Nachhinein wurde mir dann klar, was die Ansage in der Warteschleife „Wir nehmen uns Zeit für Ihre Fragen“ zu bedeuten hatte. Sie nahmen sich Zeit, viel Zeit – meine Zeit.

Ich bin es gewohnt, flott und effektiv zu arbeiten. Dieser Trantütenstil bremst mich aus. Das ist mir zuwider, und verdirbt mir den ganzen Tag! (Dies ist übrigens auch ein Grund, warum ich nie „‚was mit Menschen“ arbeiten wollte. Viele Menschen sind oft langsam und begriffsstutzig, argumentieren umständlich und verworren. Dazu fehlen mir einfach Geduld und Nerven.)
Und das kommt davon, wenn man Mitarbeiter rein nach Zeit bezahlt. Die machen es sich gemütlich und reißen ihre Arbeitszeit einfach runter. Ob sie dabei wirklich etwas leisten und bewirken, ist ihnen egal. Und anscheinend auch ihrem Arbeitgeber, wenn er schon gleich kommuniziert sich „Zeit zu nehmen“. Das ist genauso unprofessionell wie eine Verkäuferin oder ein Arzt, die mich einfach mit irgendwelchen Nebensächlichkeiten volllabern, anstatt gleich auf den Punkt zu kommen.

Tja .. warum hatte ich nicht einfach eine Mail geschrieben? Das hätte mich weniger Zeit (und Nerven) gekostet.
Vor längerer Zeit hatte ich das dort schon einmal gemacht. Daraufhin erhielt ich eine Eingangsbetätigung und nach einigen Wochen schließlich einen Brief, in dem stand, dass sie per Mail keine Daten herausgeben, aber sonst kaum auf mein Anliegen eingingen, ich solle sie bei Fragen oder Problemen per Brief oder Telefon kontaktieren.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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18 Antworten zu Auf dem heißen Strich //1585

  1. Plietsche Jung schreibt:

    Der Mechanismus der Callcenter ist inzwischen bei allen großen Unternehmungen anzutreffen. Die, die hier ein gutes Qualitätsmanagement inne haben, machen die Sache auch gut. Nur leider sind das die wenigsten.

    Zeit- und Gelddruck herrscht vor, das Outsourcing macht den Rest des Chaos‘ aus. Kaum eine Versicherung oder Bank macht das noch selbst.

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    • Das ist dort so nervig!
      Wenn man wenigstens kompetent bedient würde, wäre die Trödelei noch erträglich.
      Aber diese Kombination von schneckenhafter Langsamkeit und Inkompetenz ist einfach schauderhaft. Dazu kommt noch, dass es praktisch keine andere Kommunikationsoption gibt, als das Telefon. 🙄

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      • Plietsche Jung schreibt:

        Das war einer der Gründe, warum ich von O2 weg bin. Bis ich bei technischen Problemen im second Level angekommen war, vergingen TAGE.

        Unhaltbar und unakzeptabel.

        Den Vogel schießt EON ab. Dort schimpft ein Agent gegen den andere „der hat keine Ahnung“ und hilft dann auch nicht wirklich oder verspricht Dinge, die nie eintreten.

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  2. Broken Spirits schreibt:

    Dieser Trantütenstil bremst mich aus. Das ist mir zuwider, und verdirbt mir den ganzen Tag! (Dies ist übrigens auch ein Grund, warum ich nie „‚was mit Menschen“ arbeiten wollte. Viele Menschen sind oft langsam und begriffsstutzig, argumentieren umständlich und verworren. Dazu fehlen mir einfach Geduld und Nerven.)

    Den Teil unterschreibe ich sofort…!
    Geht aber nicht nur im CallCenter so… hatte mal einen Kollegen, der einen 30 Seiten VBA-Code dokumentiert hat.
    Aus dem VBA-Editor in Word kopiert – das war natürlich schwarze Schrift, es sollte aber so Aussehen, wie im VBA-Editor. Also ist er zwischen dem Wort-Dokument und dem VBA-.Editor hin und her gewechselt und hat die Farben wortwweise (!!!) angepaßt, anstatt das ganze Gelerrsch einfach in Notepad++ zu kopieren und über ein Standard-Plugin den Code mit Formaten in Word rüberzukopieren. Ist ja nur ne Zeitersparnis von drei Tagen… 😦

    Nach erledigter Arbeit anstatt nach Zeit bezahlt zu werden, wäre echt mal ein Fortschritt. Letztlich werden die Effektiven durch das derzeitige System auch noch bestraft.

    Ich weiß nicht – ist das eine positive Eigenschaft, wenn ich bei einem Vorstellungsgespräch sagen würde, ich sei faul, wenn ich nach meinen Stärken gefragt werde? Ich wäre nämlich für die oben beschriebene Variante tatsächlich zu faul… *grübel*

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    • Ach, du liebe Güte! Manuelles Syntax-Highlightning!
      Aber ja, solche Leute gibt es überall, und man muss froh sein, wenn man nicht auf sie angewiesen ist.

      Bei einem Vorstellungsgespräch würde ich mir die Aussage mit der Faulheit näher begründen lassen.
      Wenn dabei etwas fundiertes herauskommt, z.B. dass die Faulheit Kreativität und Effektivität erhöht, ist das meiner Ansicht nach ein Pluspunkt.
      Abrechnung nach Zeit ist zwar am einfachsten zu praktizieren, aber fördert nur Trödelei und Ineffizienz. Wer zügig und geschickt arbeitet, hat das Nachsehen.
      Das Arbeitspensum muss erledigt werden. Wie lange ein Mitarbeiter dafür braucht, sollte eigentlich egal sein, wenn die Bezahlung nach Leistung statt Zeit ginge.

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      • Broken Spirits schreibt:

        Na, ich sach man „danke“ für Deine Einschätzung bzgl. der Faulheit. :o) Wenn ich mal demnächst in die Verlegenheit kommen sollte, solch eine Frage zu beantworten, probiere ich das aus. Es ist ja nicht eilig und zu verlieren habe ich gerade nix 😛

        Tatsächlich hatte ich mal einen sehr konservativen Geschäftsführer, der auf einer BV die Belegschaft ermutigte, faul zu sein. Offene Münder und große Augen überall. Dann kam der Spruch: „Faulheit ist Grundlage für eine effiziente und effektive Arbeitsweise“ (O-Ton!!). Acht Stunden hat man zwar trotzdem da sein müssen, aber irgendwas ist ja immer. Das ändert nichts an der Tatsache, daß der Spruch klasse war bzw. ist.

        Zu dem „auf-die-Leute-angewiesen-sein“: irgendwo bin ich es nicht, fände es aber besser, wenn es so wäre. Eine fundierte Infragestellung meiner Denke wäre manchmal schon sinnvoll…. stattdessen verkommt alles zu einer kompletten Farce. Unschön.
        Gerade heute wieder erlebt:
        • Ich so: teste mal wild… laß Dir irgendeinen unsinnigen Quatsch einfallen und mach es kaputt. Spiel mal den DAU. (Anm.: der letzte Satz war im Nachhinein betrachtet vielleicht ein Fehler)
        • Tester so: Du bist viel erfahrener als ich, Deine Testfälle kann ich mir gar nicht ausdenken.
        • Kollege so (aus dem Off – er kommt eher nach mir und hat das zufällig mitgehört): Dann streng Dich mehr an!
        • Tester so: Da müßte ich ja sooo viel lernen…
        • Kollege und ich: „……“
        • Ich so: gerade unerfahrene Leute machen Fehler, von denen man als „Erfahrener“ lernen kann.
        • Tester so: Naja, dir werde ich eh nicht das Wasser reichen können.

        Wer stellt sowas ein?!

        Ist ja ok, wenn man Zeit zum Lernen braucht (geht wohl nicht nur mir so und alles andere wäre unheimlich) und wenn dann noch Zeit dafür da ist (plus meine Bereitschaft, mir auch noch dafür Zeit zu nehmen)… naja, das ist destruktive Faulheit. Kein Mut zur Lücke. Schade. Das Berufsleben fördert aber sowas auch: Die schnelle Kohle zählt und langfristig ist alles egal.
        In solchen Momenten denke ich dann, daß sich mein mittlerweile alter Kater mehr freuen würde, wenn ich diese verplemperte Zeit mit ihm verbringe…
        Doppelt schade. 😦

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      • Engywuck schreibt:

        Abrechnung nach Arbeitspensum statt nach Zeit? Würde ich nie (oder nur SEHR ungern) eingehen.
        Das Problem daran: ich muss ja vorher abschätzen können, wie lange ein Arbeitsschritt dauert und was realistisch von einem durchschnittlichen Menschen zu erledigen ist. Realiter halst man sich dann zuviel auf (hast Du sicher auch schon) – oder hat den Eindruck, dass der Arbeitgeber Geld spart, indem er einem immer mehr Arbeiten aufhalst, um niemand weiteren einstellen zu müssen. So nach dem Motto: „Sie betreuen doch schon 20 Kunden, da sind 25 doch sicher auch drin, Sie müssen sich die Zeit nur besser einteilen“ – und im Jahr drauf dann 30.

        Ein anderer Punkt: Akkordarbeit (Bezahlung pro Stück) führt nicht unbedingt zu sauberer Arbeit sondern zu schnellschnell.
        Das geht vom Sachbearbeiter, der nur mit Textbausteinen antwortet anstatt auf das Anliegen einzugehen (er muss ja pro Tag X Fälle abarbeiten und will auch irgendwann mal gehen) bis hin zu Arbeitern am Fließband, die Sicherheitsmaßnahmen an der Stanze ausbauen, um während die Stanze sich noch bewegt das nächste Blech einlegen zu können. Was dann eben zu erhöhten Arbeitsunfällen und fehlenden Fingern führt – aber man wird ja auch dumm angesehen (auch vom Schichtleiter!) wenn man weniger als die anderen „leistet“. (Ich kenne das aus der enfternteren Verwandtschaft)

        Kurz: es wäre schön, wenn sowas umsetzbar wäre – ich kenne aber keinen Fall, wo „Arbeitspensum muss erledigt werden, Überstunden gibt’s aber nicht“ zu zufriedenen Mitarbeitern *und* zu gut erledigter Arbeit geführt hat. Meist nichtmal eines von beidem.

        Nicht zu vergessen: es gibt sowas wie Arbeitszeitgesetze. Egal ob die Person wegen Trödelei oder wegen wirklich zu viel Aufgaben länger im Betrieb bleibt: bestimmte Grenzen müssen(!) eingehalten werden. Das kann bei einer Prüfung (die z.B. nach einem Wegeunfall von der Arbeit heim kommen kann, nicht nur bei klassischen Arbeitsunfällen) schnell ganz schön teuer werden. Zu recht natürlich.

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        • Aus all diesen Gründen ist ja die Bezahlung von Arbeitnehmern nach Zeit der Default. Lässt sich eindeutig und einfach abrechnen, was durchaus von Vorteil ist.
          Dennoch ist der geschickte und tüchtige Arbeitnehmer im Vergleich zu einem schusseligen Trödler, der offiziell die „gleiche“ Arbeit macht (aber viel länger für das gleiche Pensum braucht) im Nachteil.

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  3. vagina > logic schreibt:

    Bestimmt mal „Arbeitsfrei“ von Constanze Kurz und Dingsbums gelesen.
    Die Sachbearbeiter sind in zehn Jahren weg.
    Die Datenkrake wird dann ganz freundlich mit einem über die eigenen Hobbies und Vorliebe sprechen, einen um den Finger wickeln, wie es ein Mensch niemals könnte „Hat der Verein nicht toll gespielt am Wochenende? Ja, ich finde auch Hatespeak ist ein Unding! Blah & Blub“.
    Und die TelefonistInnen sind sich ihrer Situation nicht einmal bewusst, während sie gleichzeitig in der Mittagspause schon seit Jahren mit Siri und vermutlich zu Hause ganz begeistert mit Alexa quasseln.
    Daher auch Quasselstrippe.
    Und wir sollten uns mal Gedanken über Pi machen. Tupel. Tüddeln. Plätschern. Vorhersehbares/Berechenbares Gequassel.

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    • vagina > logic schreibt:

      Zum Glück bin ich nur ein Hans.
      Kann aber anraten, sich mal Gedanken zu machen, was wohl Schaffen, Werken, Arbeiten voneinander unterscheidet und warum dieser Unterschied gerade den Deutschen wichtig sein sollte und wer uns die Schaffe und die Arbeit aufhalste und wie.
      Unser Wortschatz ist ein Glück, lasst es euch von einem Hans sagen und schenken, das nicht zuneige gehen kann, und welches man teilen soll.

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    • Smalltalk mit einem Bot fehlt mir noch.
      Wobei ich solche Angelegenheiten eigentlich durchaus lieber mit einem Computer kommunizieren würde, als mit einem Menschen. Aber das dann hoffentlich ohne gesprochenes Wort über ein Webinterface.

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