Entfernte Ferne liegt so fern //1567

Eine kürzliche Diskussion brachte mich auf die Idee, einmal etwas über Teleworking bzw. Homeoffice zu schreiben.

Nicht jede Stelle ist für Teleworking geeignet. Insbesondere Jobs, bei denen der Einsatz beim Kunden unvermeidbar ist, oder die Produktionsmittel benötigen, die nur im Betrieb vorhanden sind (und auch nicht schnell ins Homeoffice portiert werden können), können nicht im Heim des Mitarbeiters ausgeführt werden.
Wenn ich es recht bedenke, gibt es bei uns nur sehr wenige Stellen, bei denen regelmäßige Abwesenheit von der Arbeitsstätte möglich wäre, und die ebenso gut (oder auch nur mit vernünftigen Abstrichen) zu Hause ausgeführt werden könnten.
Ich rede jetzt gar nicht davon, dass dann keine persönliche Kommunikation zu anderen Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Suppliern möglich wäre. Dies wäre bei etlichen Stellen noch in den Griff zu kriegen.

In meiner Zeit als IT-Chefin habe ich damals die Entscheidung getroffen, dass Mitarbeiter nicht von ihrem privaten Computer aus auf Firmencomputer zugreifen dürfen. Dies hat unter anderem datenschutzrechtliche Gründe, die auch den Mitarbeiter schützen. Dass die Geschäftsleitung trotzdem per VPN auf die interne IT-Struktur zugreift, verantwortet sie selbst (eine gelegentliche Sicherheitsbelehrung beim Chef wäre wohl mal wieder fällig).
Denkbar wäre es, Firmenrechner in die private Wohnung der Mitarbeiter zu stellen, aber dies dürfte sich – aufgrund einiger Einschränkungen, die trotzdem gelten – höchstens mal in Ausnahmefällen lohnen.

Bevor jetzt wieder jemand herumschreit, dass wir unseren Angestellten kein Teleworking gönnen – der Benefit für die Mitarbeiter ist, dass wir auch nicht erwarten, dass sie am Feierabend, am Wochenende, im Urlaub ihre Mails checken und darauf reagieren. Sie haben dann wirklich frei, und können, dürfen, und sollen sogar abschalten und entspannen (gilt natürlich wieder mal nicht für die Geschäftsleitung).
In den wenigen Fällen, in denen eine Bereitschaft unumgänglich ist, entlohnen wir die betroffenen Mitarbeiter auch zusätzlich.

Mit meinen Software-Entwicklern handle ich das Thema so, dass – sofern aktuell nichts dagegen spricht – jeder einmal im Monat ohne Formalitäten und nähere Begründung Teleworking machen darf. Offiziell dient dieser Tag der Weiterbildung, Literaturrecherche und ähnlichem – also Tätigkeiten, für die man keinen Zugriff auf das Firmennetz benötigt. Mir ist durchaus klar, dass dieser Tag eher ein halber Urlaubstag ist – aber was soll’s. Das tut dem Betriebsklima und der Mitarbeiterzufriedenheit gut, und keiner meiner Jungs nutzt diesen einen Tag wirklich regelmäßig aus.

Kleiner Themenwechsel ..
Die Reaktionen auf den oben verlinkten Eintrag zur Elternzeit fielen zu meinem großen Erstaunen überwiegend negativ aus, was mich zum Nachdenken anregte.
Meines Erachtens hatte der betreffende Mitarbeiter das Gespräch durchaus gut aufgenommen. Aber natürlich kann ich nicht in seinen Kopf hineinsehen, und ich kann auch nicht ausschließen, dass es noch im Nachhinein einen schlechten Nachgeschmack hinterließ.

Inzwischen glaube ich, dass es sich bei der Rezeption durch einige Kommentatoren um ein interkulturelles Missverständnis handelt.
Hier in der Region ist man bei solchen Themen sehr deutlich und direkt. Das kann z.B. in Norddeutschland schon leicht als offensiv wahrgenommen werden, ist aber hier der ganz normale, berufliche Umgangston, bei dem sich niemand etwas schlimmes denkt.
Wenn die Botschaft des Senders lautet „Wir wollen Sie nicht entlassen“, aber beim Empfänger kommt nur an „.. entlassen“, dann geht die wesentliche Information verloren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies in diesem Fall nicht so war.

Ach .. ich wollte doch nie ‚was mit Menschen machen, sondern rechnen und programmieren. Immerhin ist es gut, dass ich mich vorläufig in meinem Wirkungskreis innerhalb der Firma nur auf die technischen Abteilungen beschränke. Und selbst da scheint das Peter-Prinzip zu lauern.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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29 Antworten zu Entfernte Ferne liegt so fern //1567

  1. Plietsche Jung schreibt:

    Also, dass ein Home Office Tag ein halber Urlaubstag ist, halte ich für ein Gerücht. Jedenfalls in meinem Fall.

    Und wir Norddeutschen sind nicht offensiv aufnehmend, sondern tiefenentspannt. Bis auf wenige Ausnahmen natürlich 😉

    Hurra hurra !

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  2. claudius2016 schreibt:

    Homeoffice halte ich für mich nicht für soo praktikabel. Ich habe zwar einen Zugang zur Bank, der ist auch so gekapselt, dass ein Kopieren von dort auf mein Netz nicht möglich ist, auch Drucken o.ä. ist zuhause nicht möglich. Also sicherheitstechnisch ok. Aber mir fehlt die Kommunikation und der Smalltalk. Andere sehen das anders und lieben ihr Homeoffice…

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  3. heubergen schreibt:

    Ich persönliche sehe Home-Office inzwischen negativ, sehe aber in Coworking spaces eine interessante Alternative welche meine Motivation aufgrund geringerer Anfahrtsweg und interessanten Begegnungen und Arbeitsorte erhöhen würde.
    Leider sehen viele Chefs noch immer mehr die Risiken von Daten ausserhalb dem Firmennetzwerk als die Chancen die durch solche Arten des Arbeiten sich auftun.. Ich möchte aber niemandem ein Vorwurf machen, aus IT Security Sicht ist dies verständlich.

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    • Es kommt sehr auf die Art der Tätigkeit an, ob Homeoffice grundsätzlich ganz oder teilweise möglich ist.
      Wir lehnen es ja nicht pauschal ab, wenn jemand daheim arbeiten will. Es ist einfach in den meisten Fällen nicht praktikabel.

      Coworking Spaces sind OK. Ich kenne Kollegen, die diese nutzen.

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  4. idgie13 schreibt:

    Als Selbständige arbeite ich relativ viel daheim. Allerdings bin ich zu den gewöhnlichen Bürozeiten eigentlich immer im Geschäft.

    Als Angestellte hatte ich fast gar nicht im Homeoffice gearbeitet. Spinnmaschinen und Turbinen lassen sich nicht so gut unter den Arm klemmen 😉

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  5. netsmurf schreibt:

    Ein Podcast zu Homeoffice Content Moderation.

    Die Leute die FB, YT, Twitter sauberhalten, indem sie Inhalten Klassifizieren, blocken, …

    Arbeit von zu Hause, zu geringen Preisen, wenig Unterstützung und hoher psychologischer Last, weil Du eben nicht weißt, was das nächste Bild zeigt.

    ———————————–

    Und viele Plattformen verlassen sich auch auf ihre „Community“, die gegen Prestige freiwillig Verwaltungsaufgaben übernimmt.

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  6. Broken Spirits schreibt:

    Homeoffice würde bei meiner Tätigkeit ja gehen…
    aber: ich habe zwei Katzen, die – genau wie ich – sehr gerne ganz tolle VBA-Makros schreiben. Allerdings beherrschen die kein 10 Finger-System und aus Effizienzgründen schreiben die die Makros und die zugehörige Doku gleich mit dem A…llerwertesten. Sowas geht einfach schneller, wenn katze sich auf die Tatsatur setzt 😉
    Leider scheidet das Homeoffice daher komplett aus.

    Außerdem ist doch der Arbeitgeber auch beim Homeoffice verpflichtet, für den Arbeitsschutz zu sorgen? Bei uns wurde regelmäßiges Homeoffice vor einiger Zeit (etwa 1- 1,5 Jahre) ganz hinfällig, da eben nicht immer durchführbar (Begehungen, Ausstattung usw…)

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    • Dass eine Katze nicht auf die Tastatur oder einen Esstisch darf, lernt sie recht schnell, wenn man da konsequent ist.

      Ja, stimmt. Für einen Arbeitsplatz gelten bestimmte Vorschriften, um ein ergonomisches Arbeiten zu ermöglichen.
      Die lassen sich innerbetrieblich viel leichter umsetzen und kontrollieren, als in den Privaträumen von Mitarbeitern.

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      • ednong schreibt:

        „Dass eine Katze nicht auf die Tastatur oder einen Esstisch darf, lernt sie recht schnell, wenn man da konsequent ist.“
        Dass sie das lernt, glaube ich schon. Allerdings wird sie sich nicht drum scheren – und es weiterhin so machen, wenn sie es will. 😉

        Die Tiere sind ja nicht dumm. Es hilft also nur, ihr das Wollen abzugewöhnen. Und das ist äußerst schwierig.

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