Vierzehnhundertsechsundfünfzig

Inzwischen sind die Ankündigungen für den Schüler-Zukunftstag Ende April raus.
Von letztem Jahr habe ich gelernt, dass ich die Anzahl der Plätze nicht von vornherein limitieren werde, da es immer einen gewissen Schwund gibt. Deshalb gibt es jetzt keine Obergrenze dafür. Ich behalte mir aber vor, die Bremse reinzuhauen, falls es wider Erwarten zu viele Anmeldungen gibt, als wir voraussichtlich bewältigen können.
Wenn es ein paar mehr Schüler werden als letztes Jahr, ist es nicht schlimm. Zum einen habe ich jetzt noch mehr Abteilungen eingebunden, auf die ich die Schüler verteilen kann, zum anderen hätte ich auch letztes Jahr noch mehr Luft gehabt, wollte aber erst einmal abwarten, wie das Ganze überhaupt läuft.
Da mehr Abteilungen mitmachen, ist es mir gelungen, einen typischen Frauenberuf mit aufzunehmen, den ich beim Flyer für die Schulen groß herausstelle. Das reicht hoffentlich, damit die Jungen eine Schulfreistellung bekommen. Inwieweit dieser Beruf dann beim Zukunftstag tatsächlich vorgestellt wird, liegt an der Anzahl der Schüler, und ob sie daran Interesse haben.
Sofern die Gesamtzahl nicht überhand nimmt, werde ich auch interessierte Mädchen einladen. Allerdings wäre es für diese gar kein Problem, einen anderen Platz beim Girls‘ Day zu bekommen. Hier in der Gegend gibt es Unmengen davon, während Plätze für den Boys‘ Day rar sind (und eh völlig unattraktiv).

Verena hatte mir geholfen, die Mails und Briefe für den Schüler-Zukunftstag zu verschicken.
Dabei erzählte sie mir: „Früher, als ich noch in der Schule war, gab es hier schon mal so was. Das war aber damals nur für Mädchen.“
„Ja, das ist allgemein so. Der Girls‘ Day soll technische Berufe vorstellen, der Boys‘ Day soziale“, antwortete ich ausführlich, aber zurückhaltend.
„Aber hier sprichst du doch ausdrücklich Jungen an.“
„Meine Zielgruppe sind interessierte Schüler. Und das werden rein statistisch eben hauptsächlich Jungen sein.“
„War das nicht gedacht, um Berufe vorzustellen, die die Schüler sonst gar nicht in Erwägung ziehen würden, weil die sonst eher vom anderen Geschlecht ausgeübt werden?“
„Schon. Aber darin sehe ich keinen großen Sinn. Ich will interessierte Schüler nicht aussschließen, nur aufgrund ihres Geschlechts. Was würdest du denn Niklas sagen, wenn er dich später einmal fragt, warum die Mädchen in seiner Klasse am Girls‘ Day interessante Berufe kennenlernen dürfen, er aber höchstens einen Platz in einem Kindergarten oder Altersheim bekommt?“
Sie schwieg, bis ich fragte: „Wie lief das denn früher hier? Wie viele Mädchen waren da, und was haben sie erlebt?“
„Fiona und ich haben jeweils zwei oder drei Freundinnen mitgebracht, und dann sind wir halt in der Firma herumgeführt worden, und Papa hat für uns Pizza bestellt.“ (Kurz flackerte die Erinnerung an Nina auf.)
„Weißt du, ob irgendeine deiner Freundinnen daraufhin einen technischen Beruf gewählt hat?“
„Ich glaube nicht, habe aber mit den meisten keinen Kontakt mehr.“
„Hat dir – oder deinen Freundinnen – die Veranstaltung denn irgendetwas gebracht?“
„War ganz nett, und wir mussten mal nicht in die Schule. Aber ich wollte ja sowieso lieber ‚was mit Menschen machen, als so ‚was Technisches.“
Wir waren inzwischen mit dem Stapel Briefe fertig, so dass ich auf den Hinweis verzichtete, dass sie ja jetzt doch hier arbeiten müsse, wenngleich nur als Übergangslösung, und nur mit wenig Technik.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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32 Antworten zu Vierzehnhundertsechsundfünfzig

  1. netsmurf schreibt:

    Verstehen könnte ich eine sowohl als auch Lösung.

    In der Form Mädchen Technik – Jungs sozial ist es genauso stereotyp und kann nur das zementieren, was doch aufgelöst werden soll.

    Die meisten haben mittlerweile einen Computer, ein Smartphone, … Da könnte sich so viel technisches mit machen lassen. All zu oft wird dann doch auf den einen Bekannten zurückgegriffen. Ich denke nicht, dass da ein Tag im Betrieb die nötige Begeisterung wecken kann.

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  2. MartinTriker schreibt:

    Mir geht’s ähnlich wie netsmurf. Ich versteh nicht was das bringen soll. Genauso wie die eine Woche „Schülerpraktikum“, die zum Glück erst nach meiner Schulzeit eingeführt wurde. Ich frag mich immer was die in einer Woche (oder einem Tag) lernen sollen.

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    • Um etwas zu lernen, ist dieser eine Tag (oder auch eine Woche) wirklich zu kurz.
      Aber die Zeit reicht, um einen Eindruck zu gewinnen, ob solch ein Beruf grundsätzlich in Frage kommt, oder absolut nicht.

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    • Leser schreibt:

      Ich hatte damals 2 Wochen Schülerpraktikum, und dies in einem örtlichen Computergeschäft absolviert. Das war gerade so die Zeit der Umstellung von AT auf ATX Motherboards und Gehäuse, über 20 Jahre her also. Und da kann ich schon sagen, dass ich in Grundzügen gelernt habe, PCs zu bauen, und das auch einige male dort machen durfte (ist ja im Grunde nichts weiter als ein einfaches „Steckkastenprinzip“), natürlich unter Anleitung. Ich fand das damals interessant, und es hat mir Wissen vermittelt, was ich später noch häufiger angewendet habe.

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      • So ein Praktikum ist, denke ich, am wertvollsten für Schüler, die schon einigermaßen konkrete Vorstellungen davon haben, was sie später machen wollen.
        Dann kann das einiges bringen. Manchmal – aber das hängt wohl sehr davon ab, was man genau macht – auch für’s Leben.

        Wir nehmen Schüler nur in Ausnahmefällen als Praktikanten (z.B. Kinder von Mitarbeitern), da wir meist zu wenige geeignete Aufgaben für sie haben, und der Betreuungsaufwand hoch ist.

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        • Irenicus schreibt:

          Mein Schülerpraktikum in einem behindertenheim hat mir damals gezeigt, dass der beruf nichts für mich ist, während ich ihn vorher durchaus ins Auge gefasst hatte. Waren allerdings zwei Wochen, aber eine hätte wohl auch gereicht.

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  3. Der Maskierte schreibt:

    Warum muss ich bei „Was mit Menschen“ jedesmal an Bestatter denken? Wollen übrigens die meisten Mädels auch nicht machen.

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  4. Plietsche Jung schreibt:

    Was spricht gegen einen Filter in den MINT orientierten Fächern ?
    Dann bist du bei der Zielgruppe.

    Die anderen können Häkeln gehen 🙂

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