Inzwischen sind die Ankündigungen für den Schüler-Zukunftstag Ende April raus.
Von letztem Jahr habe ich gelernt, dass ich die Anzahl der Plätze nicht von vornherein limitieren werde, da es immer einen gewissen Schwund gibt. Deshalb gibt es jetzt keine Obergrenze dafür. Ich behalte mir aber vor, die Bremse reinzuhauen, falls es wider Erwarten zu viele Anmeldungen gibt, als wir voraussichtlich bewältigen können.
Wenn es ein paar mehr Schüler werden als letztes Jahr, ist es nicht schlimm. Zum einen habe ich jetzt noch mehr Abteilungen eingebunden, auf die ich die Schüler verteilen kann, zum anderen hätte ich auch letztes Jahr noch mehr Luft gehabt, wollte aber erst einmal abwarten, wie das Ganze überhaupt läuft.
Da mehr Abteilungen mitmachen, ist es mir gelungen, einen typischen Frauenberuf mit aufzunehmen, den ich beim Flyer für die Schulen groß herausstelle. Das reicht hoffentlich, damit die Jungen eine Schulfreistellung bekommen. Inwieweit dieser Beruf dann beim Zukunftstag tatsächlich vorgestellt wird, liegt an der Anzahl der Schüler, und ob sie daran Interesse haben.
Sofern die Gesamtzahl nicht überhand nimmt, werde ich auch interessierte Mädchen einladen. Allerdings wäre es für diese gar kein Problem, einen anderen Platz beim Girls‘ Day zu bekommen. Hier in der Gegend gibt es Unmengen davon, während Plätze für den Boys‘ Day rar sind (und eh völlig unattraktiv).
Verena hatte mir geholfen, die Mails und Briefe für den Schüler-Zukunftstag zu verschicken.
Dabei erzählte sie mir: „Früher, als ich noch in der Schule war, gab es hier schon mal so was. Das war aber damals nur für Mädchen.“
„Ja, das ist allgemein so. Der Girls‘ Day soll technische Berufe vorstellen, der Boys‘ Day soziale“, antwortete ich ausführlich, aber zurückhaltend.
„Aber hier sprichst du doch ausdrücklich Jungen an.“
„Meine Zielgruppe sind interessierte Schüler. Und das werden rein statistisch eben hauptsächlich Jungen sein.“
„War das nicht gedacht, um Berufe vorzustellen, die die Schüler sonst gar nicht in Erwägung ziehen würden, weil die sonst eher vom anderen Geschlecht ausgeübt werden?“
„Schon. Aber darin sehe ich keinen großen Sinn. Ich will interessierte Schüler nicht aussschließen, nur aufgrund ihres Geschlechts. Was würdest du denn Niklas sagen, wenn er dich später einmal fragt, warum die Mädchen in seiner Klasse am Girls‘ Day interessante Berufe kennenlernen dürfen, er aber höchstens einen Platz in einem Kindergarten oder Altersheim bekommt?“
Sie schwieg, bis ich fragte: „Wie lief das denn früher hier? Wie viele Mädchen waren da, und was haben sie erlebt?“
„Fiona und ich haben jeweils zwei oder drei Freundinnen mitgebracht, und dann sind wir halt in der Firma herumgeführt worden, und Papa hat für uns Pizza bestellt.“ (Kurz flackerte die Erinnerung an Nina auf.)
„Weißt du, ob irgendeine deiner Freundinnen daraufhin einen technischen Beruf gewählt hat?“
„Ich glaube nicht, habe aber mit den meisten keinen Kontakt mehr.“
„Hat dir – oder deinen Freundinnen – die Veranstaltung denn irgendetwas gebracht?“
„War ganz nett, und wir mussten mal nicht in die Schule. Aber ich wollte ja sowieso lieber ‚was mit Menschen machen, als so ‚was Technisches.“
Wir waren inzwischen mit dem Stapel Briefe fertig, so dass ich auf den Hinweis verzichtete, dass sie ja jetzt doch hier arbeiten müsse, wenngleich nur als Übergangslösung, und nur mit wenig Technik.
Verstehen könnte ich eine sowohl als auch Lösung.
In der Form Mädchen Technik – Jungs sozial ist es genauso stereotyp und kann nur das zementieren, was doch aufgelöst werden soll.
Die meisten haben mittlerweile einen Computer, ein Smartphone, … Da könnte sich so viel technisches mit machen lassen. All zu oft wird dann doch auf den einen Bekannten zurückgegriffen. Ich denke nicht, dass da ein Tag im Betrieb die nötige Begeisterung wecken kann.
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Eben.
Meine Zielgruppe sind Jugendliche, die bereits erwägen, einen technischen Beruf zu ergreifen, und davon einen praktischen Eindruck bekommen möchten.
Und das ohne ideologische Beschränkung auf nur ein Geschlecht.
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Mir geht’s ähnlich wie netsmurf. Ich versteh nicht was das bringen soll. Genauso wie die eine Woche „Schülerpraktikum“, die zum Glück erst nach meiner Schulzeit eingeführt wurde. Ich frag mich immer was die in einer Woche (oder einem Tag) lernen sollen.
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Um etwas zu lernen, ist dieser eine Tag (oder auch eine Woche) wirklich zu kurz.
Aber die Zeit reicht, um einen Eindruck zu gewinnen, ob solch ein Beruf grundsätzlich in Frage kommt, oder absolut nicht.
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Findest du? Wenn ich an meinen Beruf denke (Softwareentwickler) eher nicht. Da sieht man jemand vor dem Monitor sitzen, reinstarren, und ab und zu was tippen. Und Kaffee trinken.
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Letztes Jahr habe ich den Schülern gezeigt, wie man ein kleines Progrämmchen schreibt, und ein bisschen drin rum gedebuggt.
Da konnten sie durchaus erleben, ob so eine Aufgabe für sie eventuell reizvoll ist, oder völlig abstoßend.
Tja, wer keinen Kaffee mag, sollte allerdings besser nach einem anderen Beruf weitersuchen.
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Hey,
es gibt auch noch Cappuccino …
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Keine Option, wenn man ein Kaffeeholic ist.
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Ich hatte damals 2 Wochen Schülerpraktikum, und dies in einem örtlichen Computergeschäft absolviert. Das war gerade so die Zeit der Umstellung von AT auf ATX Motherboards und Gehäuse, über 20 Jahre her also. Und da kann ich schon sagen, dass ich in Grundzügen gelernt habe, PCs zu bauen, und das auch einige male dort machen durfte (ist ja im Grunde nichts weiter als ein einfaches „Steckkastenprinzip“), natürlich unter Anleitung. Ich fand das damals interessant, und es hat mir Wissen vermittelt, was ich später noch häufiger angewendet habe.
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So ein Praktikum ist, denke ich, am wertvollsten für Schüler, die schon einigermaßen konkrete Vorstellungen davon haben, was sie später machen wollen.
Dann kann das einiges bringen. Manchmal – aber das hängt wohl sehr davon ab, was man genau macht – auch für’s Leben.
Wir nehmen Schüler nur in Ausnahmefällen als Praktikanten (z.B. Kinder von Mitarbeitern), da wir meist zu wenige geeignete Aufgaben für sie haben, und der Betreuungsaufwand hoch ist.
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Mein Schülerpraktikum in einem behindertenheim hat mir damals gezeigt, dass der beruf nichts für mich ist, während ich ihn vorher durchaus ins Auge gefasst hatte. Waren allerdings zwei Wochen, aber eine hätte wohl auch gereicht.
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Wenn ein Praktikum dazu führt, einen Beruf auszuschließen, hat es ja auch schon etwas gebracht.
Zwei vertane Wochen sind besser als jahrelang in einem Beruf arbeiten zu müssen, den man nicht mag.
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Warum muss ich bei „Was mit Menschen“ jedesmal an Bestatter denken? Wollen übrigens die meisten Mädels auch nicht machen.
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😯 Nuja, es gibt auch Tierpräparatoren oder Abdecker .. wohl auch kein Traumberuf.
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Was mit Menschen umfasst wohl auch Softwareentwicklung, man sitzt ja nicht im Kämmerlein und entscheidet selbst, was man für sich programmieren möchte.
Man kann auch mit Menschen arbeiten ohne dabei gleich sozial tätig zu werden 😁
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Sicher. Um Kunden, Vorgesetzte, Kollegen, Mitarbeiter, etc. kommt man wohl in keinem Beruf herum.
Aber bei sozialen Berufen steht die Interaktion mit anderen Menschen im Vordergrund, während das bei technischen Berufen eher (lästiges) Beiwerk ist.
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Dann habe ich einen sozialen Beruf. Die Diskrepanz zum Arzt oder Krankenpfleger ist aber trotzdem gleich gross wie von einem Programmierer zu jenen.
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Letztendlich profitieren doch immer wieder Menschen von Produkten oder Dienstleistungen.
Bei sozialen Berufen halt unmittelbar, bei anderen Berufen indirekter.
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Du bist zu liberal. Es profitiert immer nur DER Unternehmer und DIE Aktionäre, währen Angestellte, Arbeiter und Konsumenten (WIR) ausgebeutet werden. 😉
Deswegen verhungern in Westeuropa auch schon seit 70 Jahren die Menschen am laufenden Band *kopfschüttel über Linke und Rechte*
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Oh ja! Und die Fabrikanten der Mitarbeiterpeitschen verdienen am allermeisten damit.
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ich denke hier sind wohl eher Plastinatoren gemeint!
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Hui .. die wohl auch.
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Zumindest in einigen Teilen Deutschlands ist die Frauenquote bei den Bestattern uebererfuellt, guckst Du hier: http://www.danisch.de/blog/2016/11/13/frauen-und-leichen/
Und bringt natuerlich Probleme mit sich, da auch harte koerperliche Arbeit verlangt wird.
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Es ist sicher nicht einfach, leblose, starre Körper herumzuwuchten, und sie anzuziehen.
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Was spricht gegen einen Filter in den MINT orientierten Fächern ?
Dann bist du bei der Zielgruppe.
Die anderen können Häkeln gehen 🙂
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Was meinst du mit „Filter“?
Ich möchte ja nur MINT-interessierte Schüler einladen.
Dies aber in den offiziellen Ankündigungen deutlich zu sagen, ist politisch unerwünscht (worüber ich mich nicht hinwegsetzen kann, weil Jungen sonst evtll. keine Schulbefreiung bekommen).
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Kannst du nicht vorgeben, dass Mathe, Chemie, Physik, (Informatik) über überdurchschnittliche Noten verfügbar sein muss ?
Eine Gender-Vorwahl würde ich auch nicht machen wollen. Damit wärst du ja auch durch’s Raster gefallen, oder nicht ?
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Wie stellst du dir das vor?
Mir die Zwischenzeugnisse vorlegen lassen? Nee, ist unpraktikabel, und möchte ich nicht. Vom Datenschutz mal ganz zu schweigen.
Ich mache keine Gendervorauswahl (im Gegensatz zu den offiziellen Stellen), sondern gehe davon aus, dass Interesse zu ca. 80 bis 95 Prozent von Jungen kommt.
Bei den wenigen Mädchen, die sich vielleicht melden, gehe ich von tatsächlichem Interesse aus.
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Na gut. War nur ne Idee.
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