Dreizehnhundertfünfundsechzig

Am späten Samstag Vormittag hatte Carsten Fiona vom Bahnhof abgeholt.
Mittags aßen wir nur einen Imbiss, abends dann in einem Restaurant.
Es ist nicht so, dass ich mich mit Fiona unterhalten könnte. Sie antwortet mir nur recht einsilbig, und zeigt selbst keinerlei Interesse. Das ist so ermüdend.

Immer wieder fing sie damit an, dass Verena schon zwei Kinder hätte, aber sie selbst noch gar keines. Bis Carsten irgendwann herausrutschte: „Ohne einen Mann wird das mit der Empfängnis schwierig werden.“
Ich weiß, dass er das nicht ernst meinte, denn er legt nun wirklich keinen Wert auf weitere Enkel.

Fiona’s Studium schleppt sich auch recht zäh hin. Streng genommen könnte sie schon fertig sein. Carsten fragte sie also nach ihren Fortschritten. Immerhin will sie demnächst mit ihrer Master-Arbeit beginnen.
„Streng‘ dich mal an“, forderte Carsten sie auf, „sonst hat Anne noch früher ihren Doktorgrad, als du deinen Master.“
Ich wollte fast protestieren. Das ginge nur, wenn ich alle anderen Arbeiten aussetzen würde, und mich nur noch auf die Dissertation konzentrieren würde. Aber ich habe mich ja nur auf die Promotion eingelassen, unter der Bedingung, dass mir das eben keinen Zeitdruck macht, und deshalb lasse ich mir auch Zeit damit.

Das Wochenende zog sich ziemlich zäh hin. An Sonntag aßen wir mittags gemeinsam mit Sonja in einem Restaurant, abends traf sich Fiona mit einer Freundin in der Stadt, so dass Carsten sie spät in der Nacht abholen musste.

Am Montag war geplant, dass Carsten sie nach dem Mittagessen wieder zum Bahnhof bringt. Aber schon nach zehn klingelte es am Eingang, und Fiona eilte freudestrahlend, um Corinna hereinzulassen.
Da Carsten gerade in seinem Arbeitszimmer beschäftigt war, konnte er nicht schnell genug reagieren, um Corinna’s Eintritt zu verhindern. Ich war auch erst mal zu perplex, um etwas zu unternehmen.
Na ja, wir wollten nicht mehr Aufhebens um die Angelegenheit machen, als sie wert war. So duldete Carsten, dass Corinna, obwohl nicht eingeladen und unwillkommen, mit uns aß, machte aber unmissverständlich klar, dass sie sich das nächste Mal vorher gefälligst anzumelden hat.
Es schien ihr überhaupt nichts auszumachen, dass ihre Anwesenheit nicht erwünscht war, denn sie plauderte munter vor sich hin. Dass sie zwar immer noch keinen Job habe, aber dafür andere Pläne (die sie aber nicht näher beschrieb). Zwischendurch machte sie immer wieder unvermittelte Bemerkungen über die Firma, und wann sie endlich Einblick in die Bilanzen bekommen würde. Dann schlug sie vor, gemeinsam Fotos von Fiona als Kind und von deren Mutter anzuschauen. Carsten lehnte all das kategorisch ab.
Irgendwann war mir blitzartig die Eingebung gekommen, wie Corinna wohl reagieren würde, wenn ich ihr ein paar Assembler Sourcen vorführen würde. Aber ich verwarf diese Idee wieder so schnell, wie sie gekommen war.

Als sich Fiona und Corinna nach dem Essen schließlich doch verabschiedet hatten, konnten Carsten und ich uns endlich, endlich ungestört und ausgiebig der Wiedervereinigung widmen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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30 Antworten zu Dreizehnhundertfünfundsechzig

  1. aliasnimue schreibt:

    Habt ihr diese impertinente Person nicht einmal darauf hingewiesen, dass sie nie auch nur einen Schritt in die Firma setzen wird?
    Im übrigen würde den Empfang vorsorglich informieren, falls sie mal überraschend dort auftaucht.

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  2. idgie13 schreibt:

    Irgendwie tönt das nach einem mühsamen Wochenende….

    Dass diese Corinna uneingeladen kommt, scheint auch zur Gewohnheit zu werden. Das finde ich höchst unsympathisch.

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  3. Athropos schreibt:

    Sollten nicht (abhängig von der Rechtsform) ohnehin einige Zahlen / Abschlüsse der Firma öffentlich einsehbar sein?
    Und würde es sich nicht um einen guten Blog sondern einen schlechten Roman handeln, würde ich ja schön langsam irgendeine überraschende Entwicklung in Richtung Kuckuckskind / Kindstausch / Verwechslung et al erwarten 😉

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  4. ednong schreibt:

    LOL.
    *Glaskugel-vorsichtig-putz*

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  5. Plietsche Jung schreibt:

    Es kommt mir ein Satz aus „Der Pate“ in den Sinn:
    „Guiseppe, lass es wie einen Unfall aussehen ….“

    Problem gelöst.

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  6. Pendolino70 schreibt:

    Wenn Carsten sich einer einigermassen guten Gesundheit erfreut und wohl eine familienexterne Nachfolgeregelung finden wird, sieht Fiona wann etwa einen Anteil als Erbe? In 40 Jahren, wenn sie selbst langsam in Rente geht 😂. Der durschnittliche Erbe ist weit über 50 heutzutage…

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  7. Pingback: Ein Füllhorn voller Tweets //1555 | breakpoint

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