Dreizehnhunderteins

Eigentlich passte es uns zeitlich gar nicht in den Kram, aber da wir zugesagt hatten, zur Taufe von Sabine’s Baby zu kommen, fuhren wir halt hin.

Die Taufzeremonie in der Kirche war – wie immer – langweilig. Einem Kind, das sich nicht wehren kann, eine Religion aufzuzwingen, halte ich für verfehlt. Aber da gibt es weit schlimmeres als das bisschen Wasser.

Anschließend gab es Kaffee und Kuchen – das Highlight des Tages.
Carsten war mit den Gedanken weitgehend woanders, und nicht sehr gesellig. Probleme mit einer Behörde verzögern die Einführung einer neuen Produktlinie. Das beschäftigte ihn ziemlich, obwohl er während des Wochenendes eh nichts dagegen ausrichten konnte. Außerdem hatte er wohl auch noch mit dem Jetlag zu kämpfen.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr gestillte Säuglinge ihre Mütter auf ihre Brüste reduzieren, und diese Brüste objektifizieren.
Heidi erzählte vom Gymnasium, wo sie jetzt schon bald ein ganzes Schuljahr herumgebracht hat. Da wurden Erinnerungen wach, obwohl sich die Lehrerschaft inzwischen vollständig geändert hat.
Meine Mutter erinnerte sich daran, wie ich im Kinderwagen fasziniert mit meinen eigenen Fingern gespielt hätte, was so aussah, als wolle ich sie zählen. Hm, bin wohl doch ein Digital Native.

Ich hatte mir vorgenommen, meine alte Brunsviga mit heim zu nehmen. Die befand sich bislang in meinem Elternhaus. Also fragte ich meine Mutter (auf die Gefahr hin, dass unliebsame Themen angesprochen werden könnten), ob wir schnell auf einen Sprung hinkönnen, damit ich dies Kleinod und noch einige Bücher holen kann.
Sie meinte, das sei kein Problem. Sie würde mitkommen, weil sie ebenfalls etwas von dort benötigte.
Carsten wurde gerade von Robin und Heidi belagert, gab mir aber den Autoschlüssel. Von der Entfernung her lohnte sich die Autofahrt zwar ganz und gar nicht, aber die schwere Brunsviga und Bücherkisten herzuschleppen, wäre erst recht doof gewesen.

Kaum saßen wir im Auto, begann meine Mutter: „Ich würde mir das aber nicht so gefallen lassen, wie grob dein Mann mit dir umgeht.“
„Häh? Inwiefern?“, fragte ich perplex.
„Na, so wie er dich zum Beispiel vorhin angeschnauzt hat, als du geholfen hast, den Tisch abzuräumen.“
Ich überlegte. Da war irgendeine Banalität gewesen mit der Tischdekoration (warum hat man auch so etwas unnötiges?). Carsten hatte unwirsch reagiert, das stimmt. Aber er war wegen dieser Behördenangelegenheit schlechter Laune, und ich hatte ihm seine Äußerung (trotz PMS) nicht übel genommen.
„Das war doch nichts von Bedeutung“, meinte ich achselzuckend.
„Das habe ich aber schon öfter bei ihm bemerkt, dass er so unfreundlich zu dir ist.“
Gerade meine Mutter muss so etwas sagen, die sich immer wieder von meinem Vater herumscheuchen lässt!
„Er meint das nicht böse“, erklärte ich also, „das passt schon.“
Schließlich habe ich auch nicht immer gute Laune, und die Auswirkungen kriegt dann Carsten ab (bei allen anderen reiße ich mich zusammen), der das eben auch gelassen nimmt. Deshalb sind wir ja zusammen, weil wir nicht jedes Wort immer auf die Goldwaage legen müssen, wenn wir miteinander reden.

Inzwischen waren wir ausgestiegen, und im Begriff das Haus zu betreten.
„Du kannst jederzeit wieder heim kommen, wenn du Probleme hast“, bot meine Mutter an, und fügte hinzu: „Ach, Annele, vielleicht doch gut, dass es bei euch nicht mit Kindern geklappt hat.“
„Ich habe keine Probleme. Wirklich, es geht mir gut“, bekräftigte ich, die letzte Bemerkung ignorierend, und allmählich genervt. Besorgnis ist ja schön und gut, aber man darf sie auch nicht übertreiben.
Schnell ging ich die Treppe hinauf, um die Brunsviga und die Bücher zu suchen, und herunterzubringen. Ich verstaute alles, was ich mitnehmen wollte, im Kofferraum.

Nach etwas hin und her, das zu beschreiben aber nicht lohnt, fuhren Carsten und ich schließlich mit einer Ladung Kuchen wieder nach Hause.
Ihm ging diese ganze Behördengeschichte offenbar ziemlich nach, denn er schaltete unkonzentriert.
Zuhause zog er sich dann für den Rest des Abends in sein Arbeitszimmer zurück, und konnte erst später im Bett richtig abschalten. Dafür aber umso intensiver.


Foto von meiner BrunsvigaMeine Brunsviga. Etwas verstaubt, aber voll funktionsfähig.
Wer sonst würde Leet mit der Antwort multiplizieren?

Das Foto wird nur dann angezeigt, wenn der Zugang zu meinem Boudoir-Blog freigeschaltet ist, was einen WordPress-Account voraussetzt.

FYI: Wer eine Freischaltung möchte, soll mir das kurz mitteilen.
Personen, von denen ich noch nie gehört habe, werde ich nicht freischalten, es sei denn, sie stellen sich mir z.B. über mein Kontaktformular vor.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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75 Antworten zu Dreizehnhunderteins

  1. verbalkanone schreibt:

    Was für ein Tolles Foto. Ich bin total begeistert von dieser alten schwarzen Registrierkasse!

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  2. aliasnimue schreibt:

    Zu Deiner Mutter:
    Da gebe ich ihr recht, vor anderen Leuten kann man sich durchaus zusammenreißen.
    Immerhin gibt sein Verhalten Dir gegenüber, innerhalb dieses Zeitfensters, wo man euch zusammen erlebt, Deiner Familie Grund zur Sorge.

    So eine Rechenmaschine habe ich noch nie gesehen. Ist das der Vorläufer des Taschenrechners?

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  3. claudius2016 schreibt:

    Sieht gut aus… Kenne ich noch aus meiner Kindheit in Nutzung…

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  4. Molly L. schreibt:

    Heißt das, Deine Rechenmaschine ist unkeusch abgelichtet? O.O

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  5. ednong schreibt:

    Da hat sie also tatsächlich eine – wow.
    Jaja, ohne Strom. Fehlt nur noch der PC, der ohne Strom auskommt …

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  6. sevens2 schreibt:

    „Besorgnis ist ja schön und gut, aber man darf sie auch nicht übertreiben.“

    Stimmt. Und Fürsorge ist besser.

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  7. Leser schreibt:

    Schöne alte Maschine. Funktioniert die noch einwandfrei? Meine Walther leider nicht mehr – manchmal ist die Walze blockiert, und diverse Federn im Innern haben wohl auch über die Jahrzehnte an Spannung verloren. Dafür sieht sie äußerlich noch wie neu aus – nicht so „abgeschabt“, wie die Brunsviga 🙂

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