Elfhundertachtzig

Von Fiona’s und Corinna’s kürzlichem Besuch habe ich noch einen Nachtrag (den ich euch fast vorenthalten hätte), nämlich ein Gespräch zwischen Carsten und Fiona, so wie er es mir erst später erzählt hat, und das ich versuche, so akurat wie möglich zu rekonstruieren. Wo mir das nicht gelingen will, hoffe ich, zumindest die wesentlichen Aussagen einzufangen.

„Ich bin recht überrascht über deine Begleitung.“
„Sie ist toll! Nicht wahr?“
„Deiner Begeisterung kann ich mich nicht anschließen.“
„Nur, weil du sie nicht näher kennst.“
„Ich gehe davon aus, dass es dazu auch nicht kommen wird.“
„Ich habe jetzt endlich den Menschen gefunden, mit dem ich mich wirklich supergut verstehe.“
„Das hast du damals bei Sven auch gesagt.“
„Das ist so lange her, und das zählt längst nicht mehr.“
„Und was ist mit Raphael?“
„Gar nichts. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder eine körperliches Beziehung eingehen möchte. Liebe hängt nicht vom Geschlecht ab. Es kommt doch nur auf das Gefühl an, und die Romantik, die man zusammen mit einem Menschen erlebt und empfindet.“
„Fiona, wie kommst du nur auf so einen sentimentalen Unsinn?“
„Das ist kein Unsinn, aber alles, was man nicht in Zahlen fassen kann, verstehst du nicht.“
„Ich verstehe genug, um zu erkennen, dass eine Beziehung – gleich welcher Art – nur dann dauerhaft funktionieren kann, wenn sie das auch unabhängig von irgendwelchen romantischen Gefühlen tut.“
„Was weißt denn du schon? Mama hat oft geweint. .. Und deine Anne ist noch kälter als du selbst.“
„Es tut mir leid, dass deine Mutter unglücklich war. Was Anne betrifft, so führe ich mit ihr schon seit mehreren Jahren eine stabile und ausgesprochen glückliche Beziehung, gerade weil wir beide dies sachlich und unemotional sehen.“
„Ich will aber nicht so leben, und es ist mir egal, was du dazu sagst. Corinna versteht mich, und wir lieben uns.“
„Jetzt schalt‘ endlich deinen Verstand ein, Fiona! Du kennst sie gerade mal ein paar Wochen. Du kannst überhaupt nicht beurteilen, ob du sie in einigen Monaten noch genauso gut findest.“
„Ich finde sie immer gut, und das lass‘ ich mir von dir nicht ausreden. Von niemandem lass‘ ich das.“

An dieser Stelle sah Carsten wohl ein, dass er bei ihr mit Vernunftargumenten nicht weiter kam, und brach das Gespräch ab.
Als er später mit mir darüber sprach, stimmte ich ihm zu, dass ich ebenfalls froh bin, dass unsere Beziehung nicht auf einem unzuverlässigen Gefühlswirrwarr beruht, sondern auf einer tiefen, auf ähnlichen Interessen und Ansichten basierenden Freundschaft, sowie wunderbarem Sex. Und dass wir uns keine scheinbare romantische Liebe, die uns mit nicht-linearen elektrochemischen Gehirnreaktionen unvorhersehbar beeinflusst, einbilden müssen, um zusammenzugehören.
Gefühle sind irrelevant, und kein Ersatz für objektive Argumente und Tatsachen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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37 Antworten zu Elfhundertachtzig

  1. Gr3if schreibt:

    Man könnte sich jetzt kalt nennen…

    Und das Menschen am Anfang einrr Beziehung meistens in der sprichwörtlichen Rosa Brille gefangen sind und wenig für Vernunft über haben verwundert mich jetzt eher weniger.

    Ich würde mich eher freuen das sie aktuell glücklich ist. Das Thema spült sich von alleine wieder an die Oberfläche.

    Bzw. Kalt ist vllt. doof, da soll keine Wertung drin sein. War mehr die Bezeichnung des Zustandes.

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  2. aliasnimue schreibt:

    Es ist schon erschreckend, wie sie ihren Vater und Eure Beziehung sieht. Das zeigt aber auch, dass sie sich als Kind ungeliebt fühlt. Weswegen sie sich in solche Dinge verrennt.

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  3. idgie13 schreibt:

    Die rosa Brille wird irgendwann schon verschwinden und wenn dann keine gesunde Basis da ist, ist die Beziehung auch zum Scheitern verurteilt.
    Ist ihr nicht aufgefallen, dass ihre neue Errungenschaft ihren eigenen Vater massiv angegriffen hat?

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  4. Molly L. schreibt:

    „Fiona’s und Corinna’s“ – Anne: Wiesoooooooo???? *HEUL*

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  5. ednong schreibt:

    „Gefühle sind irrelevant …“ – das ist jetzt aber schon sehr pauschal.

    Und Fiona wirkt auf mich wie ein trotziger Teenager – jawollja, so ist das (wie ich das will), also wird es so sein und bleiben. Da hilft keine vernunftbasierte Diskussion. Und in ein paar Monaten steht sie wieder heulend vor der Tür. Und auch dann seid ihr natürlich Schuld dran.

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  6. Irenicus schreibt:

    Hm, wir haben ja jetzt leider nur deine Wiedergabe von Carstens Wiedergabe seines Gesprächs.
    Aber wenn es tatsächlich so gelaufen ist, dann war der Einstieg schon recht suboptimal.

    “Ich bin recht überrascht über deine Begleitung.”
    “Sie ist toll! Nicht wahr?”
    “Deiner Begeisterung kann ich mich nicht anschließen.”
    “Nur, weil du sie nicht näher kennst.”
    “Ich gehe davon aus, dass es dazu auch nicht kommen wird.”

    Das ist schon eine sehr deutliche Abneigungserklärung (auch wenn man die schon vorher in den Gesprächen feststellen konnte :D) Da würde ich auch sofort auf Abwehr umschalten, wenn meine Eltern so mit mir über meine Beziehung reden wollen würden.

    Ansonsten ist mir schleierhaft wie man eine platonsiche Beziehung führen kann. Das ist dann am Ende nichts anderes als eine Freundschaft. Aber ich hab keine Ahnung welche Erfahrungen Fiona mit Sex hat. Offensichtlich nicht nur gute. Und gerade im Süden von Deutschland habe ich oft die Erfahrung gemacht, dass Frauen entweder sehr erfahren sind, oder völlig hmm nennen wir es naiv, sind. Ich glaube ja, dass liegt an der katholischen Kirche und ihren bescheuerten Moralvorstellungen. naja ein Thema für sich, lassen wir das.

    Die rosarote Brille wird Fiona schon irgendwann absetzen. Hoffentlich ist sie bis dahin nicht völlig „feministisch gehirngewaschen“.

    Trotzdem ist mir deine „kalte“ Definition auch zu nüchtern. Ich finde Gefühle gehören schon zu einer Beziehung dazu. Natürlich ist ein tiefes Fundament basierend auf ähnlichen Interessen und intellektueller Herausforderung unbedingt nötig, aber sexuelle Anziehung und Zuneigung/Liebe gehören auch dazu. Ohne ist es einfach nur eine sehr gute Freundschaft.

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    • Inwieweit Fiona Sex hat oder nicht, und mit wem, oder wie auch immer, das ist mir sowas von egal. Das ist ihre eigene Sache, und geht mich nichts an.

      Viele Beziehungen basieren nur auf vermeintlichen „Gefühlen“. Wenn die dann – früher oder später – wegbrechen, bleibt nichts mehr übrig, was eine Bindung ausmachen könnte.
      Da ziehe ich doch eine enge Freundschaft vor. Kombiniert mit Sex ist eine Freundschaft um einiges stabiler und robuster als so eine romantische Liebelei.

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  7. Plietsche Jung schreibt:

    Einfaches Prinzessinnen-Gehabe.
    Eifersucht auf Dich und das Leben, das ihr führt.

    Lasst sie ihre Erfahrungen machen, in 3-6 Monaten wisst ihr mehr.

    BTW: Dose auf Dose klappert …. 😉

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  8. Pingback: Dreizehnhundertsechsundneunzig | breakpoint

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