Elfhundertzweiunddreißig

Triggerwarnung: Es wird blutig (nein – kein Rindfleisch!).
Vor ein paar Monaten habe ich mir eine Mondtasse gekauft. Inzwischen habe ich einige Erfahrungen damit gemacht, die ich hier beschreiben möchte.
Nochmal Warnung an alle Zartbesaiteten: Wer nicht selbst den Einsatz einer Mondtasse erwägt, und noch unschlüssig ist, sollte hier vielleicht lieber aufhören zu lesen.

Ich hatte mir die große Variante des Silikongefäßes bestellt, aber als ich sie dann auspackte, kam sie mir doch recht klein vor. Insbesondere hat der Kelch nur ein Fassungsvermögen von etwa einem Schnapsglas, was besonders an den ersten Tagen der Blutung dazu führt, dass man die Mondtasse dauernd leeren muss, damit sie nicht überläuft. Überhaupt habe ich vor allem an den ersten Tagen damit Dichtigkeitsprobleme (bei einem Tampon dagegen – solange er noch nicht vollgesogen ist – aufgrund der Kapillarität nicht), so dass trotzdem ein zusätzlicher Schutz nötig ist, insbesondere nachts, wenn man nicht dauernd aufstehen will.
Das Einsetzen verläuft ähnlich wie bei einem Tampon. Man muss den Kelch etwas zusammendrücken, damit die Öffnung schmaler wird, und dann einfach reinstopfen. In der Beschreibung stand, die Tasse braucht nicht so tief wie ein Tampon eingeführt werden, aber dann piekst der Stiel unangenehm. Mit etwas Übung schafft man das Einsetzen mit nur einer Hand.
Das Herausnehmen ist bei Tampons mit dem Rückholbändchen besser gelöst. Um die Mondtasse wiederzufinden, muss ich erst in der Tiefe danach tasten. Manchmal ist der Stiel schwer zu greifen, und es kann problematisch werden, die Tasse zu entfernen.
Wenn man sie dann herausgezogen hat, kippt man den Inhalt einfach ins Klo.

Und jetzt komme ich bereits zum großen Nachteil:
Man kann die Mondtasse nur wechseln, wenn man direkt ein Waschbecken daneben hat, denn man muss sie unter fließendem Wasser auswaschen, bevor man sie – aus hygienischen Gründen – wieder neu einsetzt. Dies ist also auf öffentlichen Toiletten nicht möglich, und lässt sich i.A. nur zu Hause durchführen.
Ich habe auch schon überlegt, ob es in solchen Fällen sinnvoll wäre, eine zweite Mondtasse zum Wechseln dabei zu haben. Das Problem ist, dass man auf öffentlichen Toiletten ja keine Ablagefläche hat. Da ist zum einen die saubere, die möglichst steril bleiben sollte, und zum anderen die gebrauchte, die nun mal blutig ist, und überall Flecken hinterlassen würde. Das Handling ist einfach unpraktikabel.
Schon bei Tampons holt man sich blutige Finger, aber die kann man notfalls noch mit Klopapier grob säubern. Bei der Mondtasse ist eine unmittelbare Waschgelegenheit unabdingbar.
Eventuell kann man auf Behindertentoiletten ausweichen, aber das ist nicht immer eine Option.

[Exkurs:
Überhaupt ist es in öffenliche Toiletten oft schwierig, Binden zu entsorgen.
Als Extrembeispiel nenne ich mein altes Gymnasium. In den Kabinen gab es keine Hygienebeutel. Es gab nur einen einzigen Eimer, aber der war im Vorraum, und zumindest in den Pausen war der Vorraum von Raucherinnen okkupiert. Es blieb einem kaum etwas anderes übrig, als selbst alte Tüten o.ä. mitzubringen, um die gebrauchten Binden diskret anderswo wegzuwerfen. Und wenn man nicht daran gedacht hatte .. tja .. es hatte wohl Gründe, warum die Toiletten dort immer wieder verstopft waren.]

Während am Anfang das Blut noch viel, aber relativ klar ist, wird es nach einigen Tagen zwar weniger, aber es kommen vermehrt Blutgerinsel vor, und zum Ende zu wird es ein undefinierbares, bräunliches Sekret. Mit anderen Monatshygieneprodukten sieht man dies nicht so direkt, bei der Mondtasse wird es unübersehbar. Und es ist alles andere als appetitlich, klebrige Koagel aus der Mondtasse herauszuwaschen.

Immerhin ermöglicht die Mondtasse eine Volumenabschätzung. An den ersten zwei Tagen sind das locker jeweils 70 bis 80 Milliliter (für alle, die Liter und Milliliter nicht auseinanderhalten können: ein Milliliter ist das gleiche wie ein Kubikzentimeter oder ein Mikrokubikmeter). Insgesamt kommt wohl etwa ein Viertelliter Blut zusammen. Kein Wunder, dass ich immer wieder Eisenmangelerscheinungen habe.

Bei der Benutzung von Binden lassen sich nach einigen Tagen (unter Inkaufnahme von Flecken) geschlechtliche Beziehungen wieder aufnehmen. Bei der Mondtasse dagegen nicht, weil die einfach im Weg ist, der Stiel ihn pieksen würde, und ihre Lage und Ausrichtung undefiniert verändert würde (BTW haben sich auch Softtampons nicht bewährt).

Theoretisch müsste es möglich sein, mit der Mondtasse Sauna, FKK-Strand oder Schwimmbad zu besuchen. Das habe ich aber bislang noch nicht ausprobiert.

Es bleibt als Vorteil, dass man durch die Verwendung einer Mondtasse einige andere Einmal-Monatshygieneprodukte einspart. Die große Befreiung, die ich mir durch die Mondtasse erhofft hatte, ist sie nicht. Obwohl mich das Produkt nicht wirklich begeistert, ist es als zeitweise (zusätzliche) Alternative durchaus brauchbar, und nach einiger Eingewöhnung auch angenehm zu tragen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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32 Antworten zu Elfhundertzweiunddreißig

  1. Molly L. schreibt:

    WTF ist eine Mondtasse und: Warum die „Vorsicht: Blutig!“-Warnung?,
    so dachte ich, als ich den ersten Satz las und an eine komische Ökotasse für Kaffee dachte.
    Was soll ich sagen? Wieder was gelernt.
    Was es alles gibt … Wahnsinn.
    Kannte ich echt noch nicht und finde ich auch eher *grusel*.
    Besonders nett der Am.azon-Hinweis: „Jetzt auch in Größe 2 für Frauen über 30 oder Frauen, die bereits ein Kind zur Welt gebracht haben.“
    😀 😀 😀
    -> Was brauche ich dann, Größe 6? Fühle mich, äh, diskriminiert, jawollja, und denke ernsthaft über Klageschrift nach.
    Für alle Unwissenden sei noch vermerkt, dass „oder Frauen, die bereits ein Kind zur Welt gebracht haben“ die Kaiserschnitten schonmal definitiv ausklammert.
    Ansonsten vertraue ich meiner Hebamme und ihrer Rückbildungsgymnastik. Größe 2, pah! *Empörtschnaub*

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  2. verbalkanone schreibt:

    Na DAS ist mal ein blutig-informativer Eintrag. Ich bin jetzt biblische 48 Jahre alt und musste erstmal googeln, was ich mir genau unter dem Begriff „Mondtasse“ vorstellen muss. Holla, die Waldfee, – was bin ich froh, dass ich mich mit diesem Thema schon seit Jahren nicht mehr beschäftigen muss. Ehrlich gesagt würde ich Tampons der Mondtasse tausendmal lieber vorziehen. Das Konzept der Mondtasse finde ich ehrlich gesagt abstossend. 😉

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    • Mit Tampons konnte ich mich auch nie so ganz anfreunden. Deshalb habe ich halt mal etwas anderes ausprobiert.
      Alles hat Vor- und Nachteile.
      Da ich mich voraussichtlich schon noch einige Jahre mit dem Thema auseinandersetzen muss (frei bluten lassen ist keine Alternative), habe ich jetzt eine Zusatzoption.

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      • verbalkanone schreibt:

        Die Vor- und Nachteile der Mondtasse kommen in deinem Eintrag sehr gut heraus. Ich muss gestehen, dass mir allein schon das ständige Auswaschen der benutzten Mondtasse zu aufwendig und – in meiner Vorstellung – vor allem zu unhygienisch wäre. Das wäre nicht meins und der Hauptgrund dafür, Einmal-Tampons bei Menstuationsblutungen zu benutzen. Zum Glück bin ich ja – wie bereits erwähnt – mit diesem Thema schon seit Jahren durch. 🙂

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  3. ednong schreibt:

    „Man muss den Kelch etwas zusammendrücken, damit die Öffnung schmaler wird, und dann einfach reinstopfen. “
    Reinstopfen. Klingt ja fast so, als würde ich eine Pfeife stopfen … 😉

    „… frei bluten lassen ist keine Alternative …“ – oh yeah. So im Bus. Blutflecken all überall, Blutspuren – oh yeah. Zum Abgewöhnen 😉

    Hach, aber immerhin – ich mußte nicht googlen. Ich kannte den Begriff. Und warum nun waren Softtampons nicht das Wahre?

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    • Da ich noch nie eine Pfeife gestopft habe, kann ich nicht beurteilen, ob es vergleichbar ist.

      Das mit dem Free Bleeding war leider kein Scherz. Solche Forderungen gibt es in gewissen Kreisen durchaus, und es ist bei einigen öffentlichen Ereignissen bereits umgesetzt worden.

      Softtampons stören. Die verschieben sich, angeblich kratzen sie, und ganz dicht halten sie auch nicht. Keine Ahnung, wie sich deren Ruf als „Nuttenschwämmchen“ durchgesetzt hat.

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  4. yacurama schreibt:

    Das ist ja mal ein sehr anschaulicher Bericht über Mondtassen 😀 Es gibt da ja mittlerweile sehr viele Anbieter die verschiedenste Größen und Formen anbieten. Gibt auch welche die haben statt einem Stiel ne Kugel und welche aus softem Material und welche mit Glitzer 😀 Ich komme damit ziemlich gut klar, verwende aber in den ersten Tagen waschbare Binden zusätzlich als Backup. Genau für solche Gelegenheiten, wenn man kein Waschbecken neben der Toilette hat und das Teil am überlaufen ist. Auf die Idee einen zweiten mitzunehmen bin ich noch nicht gekommen, könnte man ja mit einem wasserdichten Zip-Lock Beutel realisieren, dann muss man den Cup auch nirgens ablegen, sondern einfach raus, auskippen und gleich in den Beutel. Und dann noch feutchte Tücher bereit halten zum Hände reinigen und desinifizieren. Ich will eigentlich nicht mit der Hand die vorher an verseuchten Türklinken von öffentlichen Toiletten war, in mich fassen :S
    Liebe Grüße,
    yacurama

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    • Schön wenn das bei dir mit Mondtasse und waschbaren Binden so gut klappt.

      Man kann es drehen, wie man will, selbst mit einer zweiten Mondtasse in verschließbarem Beutel, feuchten Tüchern etc. wird das doch ein ziemliches Gefrickel, das ich mir in fremden Toiletten nicht antun will.

      lg Anne

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      • Irenicus schreibt:

        Das mit dem waschen könnte man auch mit einer Flasche Wasser erledigen (zum. in den ersten Tagen der Blutung, wo es kaum die festeren Bestandteile gibt).
        Meine Freundin benutzt so ein Ding seit Jahren, und ist auch ständig beruflich in ganz Deutschland mit dem Auto unterwegs. Ich frag sie mal wie sie das handhabt..
        Was den Sex angeht: Bei „geplantem“ Sex, lässt man sie halt weg und legt ein handtuch unter, bzw. erledigt es in der Dusche 😉 Bei“ ungeplanten“ Sex ist das in der Regel, ohnehin immer ein Blutbad 😉

        Was die Hygienebeutel/Mülleimer angeht. Ist Frauen das wirklich peinlich, dass eine andere Frau das sehen könnte? Mir wäre das ja total egal. Haben doch alle dieses Problem..Genauso wenig Hemmungen hätte ich das Ding im
        Vorraum einer Toilette auszuwaschen (und ein zweites dabei haben – die Dinger sind ja nicht so teuer und halten ewig)

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        • Eine Flasche mit Wasser wäre durchaus eine zu überdenkende Möglichkeit.
          Allerdings macht sie die Vorbereitung und das Handling noch komplizierter. Eine dritte Hand wäre da schon praktisch.

          Ganz egal, wie man es im Detail angeht, beim Sex gibt es Nachteile *seufz*.

          Auch wenn ich inzwischen da gelassener bin als in meiner Jugend, wäre es mir dennoch unangenehm, wenn andere Frauen meine gebrauchten Hygieneprodukte zu Gesicht kriegen würden. Und erst recht, wenn ich die Dinger von anderen Frauen sehen müsste. Das ist einfach ein Anblick, den man einander gerne erspart, sofern es irgend möglich ist.
          Außerdem waren das damals keine erwachsenen, verständige Frauen, sondern alberne, unvernünftige Schulmädchen.

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  5. Pingback: Dreizehnhundertsiebenunddreißig | breakpoint

  6. wollesgeraffel schreibt:

    Liebe Anne,
    Seit ich Deinen Blog lese habe ich mehr über Menstruation gelernt, als in meinen 61 Lebensjahren zuvor. Das trotz des Intensivkurses während meiner Ehe. :$

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  7. Pingback: Ist Tante Irma Feministin? //1583 | breakpoint

  8. einfarbig schreibt:

    Das mit den Menstruationstassen ist wirklich eine Sache für sich. Bei Facebook (ich weiß, dass du das nicht nutzt) gibt es sogar ganze Gruppen zu dem Thema. Dort gibt es ganze Fragenkataloge, die man beantworten kann, damit man zur perfekt sitzenden Tasse beraten wird…. 😉
    Ich hab das Ganze bisher noch nicht getestet und hab es auch nicht vor.

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