Achthundertfünfundsechzig

Vielleicht erinnert sich noch der eine oder andere von euch an den Consultant, den wir letztes Jahr hier hatten. Sein einziger konkreter Vorschlag war es, die Entwicklung teilweise nach Osteuropa oder Indien outzusourcen (Tja, typisch Unternehmensberater .. keine Ahnung von Technik im Allgemeinen und Entwicklung im Besonderen, aber vorschlagen, die Softwareentwicklung nach draußen zu geben!).
Dafür verführte er die Bürohilfe und strich ein fürstliches Honorar ein.

Vor kurzem hatte Carsten noch einmal einen engagiert. Die Gründe dafür kann ich nicht völlig nachvollziehen. Naja, Carsten selbst kommt ja auch aus der Technikecke, und sein kaufmännischer Vize, der mittelfristig in Rente geht, will sich allmählich ausphasen. Da wollte Carsten wohl einfach mal eine zweite Meinung hören, gerade auch im Hinblick auf die Expansion.
Auch dieser Unternehmensberater versuchte solange mit mir zu flirten, bis ihm unmissverständlich klar gemacht wurde, dass ich die Frau des Firmenchefs bin.

Seine Vorschläge zielten hauptsächlich darauf ab, die Arbeitnehmerschaft zu straffen (IMHO lediglich beim Marketing durchaus sinnvoll). Aber da ist er wohl bei Carsten an den falschen geraten. Wenn es diesem in erster Linie um Gewinnmaximierung ginge, hätte er seine Firma ganz anders aufgezogen. Er ist sich seiner Verantwortung gegenüber der Belegschaft sehr bewusst, und versucht Entscheidungen zu vermeiden, die Arbeitsplätze gefährden. Im Gegenteil, er will sein Unternehmen ja lieber weiter ausbauen (was dann natürlich noch mehr Zeit beansprucht .. grrrr).
Diesen Unternehmensberatern dagegen geht es nur um den kurzfristigen Profit, damit sie eine möglichst hohe Provision für sich selbst herausschlagen. Ob das Unternehmen auch in zehn Jahren noch läuft und floriert, interessiert sie nicht.
Überhaupt sind ihre Honorare unverschämt. Ich habe ja auch einige Erfahrung als Beraterin, und gebe zu, dass man dabei neiderregend gut verdienen kann. Aber was diese Unternehmensberater fordern, ist einfach nur völlig daneben. Dabei gibt es Unternehmensberater wie Sand am Meer. Mein Beratungsgebiet beherrschen dagegen nur wenige, und ich könnte sicherlich damit auch absahnen, wenn mir das wichtig wäre.

Berater werden engagiert,weil sich Unternehmer davon unvoreingenommene, objektive Informationen aus einer neutralen Perspektive erhoffen. Gerade aber Unternehmensberater (und nach meiner Erfahrung scheint es, dass dies weitverbreitet ist unter denen, die irgendwie wirtschaftlich vorbelastet sind – aber da mögen meine empirischen Daten nicht repräsentativ und statistisch nicht belastbar sein) können diese Informationen nicht von ihrer persönlichen Meinung trennen, und mischen möglicherweise auch noch ihre moralischen Vorstellungen mithinein.
Ein guter Berater muss sich zuerst über die Ziele des Unternehmens klar werden, und gibt dann konkrete, realisierbare Empfehlungen, wie diese Ziele zu erreichen sind. So habe ich das zumindest immer gehandhabt. Und meine Empfehlungen wurden auch immer im Wesentlichen umgesetzt. Das war zwar in einem sehr speziellen IT-Bereich, aber weshalb sollte es in der Unternehmensberatung viel anders sein?

Ich fürchte, ich muss mich wirklich mehr in Betriebswirtschaft einarbeiten, damit ich da besser mitreden kann. Sonst bin ich irgendwann doch noch auf solche Unternehmensberater angewiesen. Dem kann ich nur entgegenwirken, wenn ich mich selbst auskenne. Wenn die Kaufleute nur nicht so eine widersinnige Mathematik benutzen würden!

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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39 Antworten zu Achthundertfünfundsechzig

  1. aliasnimue schreibt:


    Unbedingt anschauen! 🙂

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  2. Molly schreibt:

    Wie schön, liebe Breakpoint, dass Du so darüber denkst! 🙂
    Unterschreibe ich sofort, guck mal: *kritzelkrakelkritzel*
    Und wieder bekommst Du von mir einen Symphatiepunkt mehr! *Strahl*

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  3. ednong schreibt:

    „Wenn die Kaufleute nur nicht so eine widersinnige Mathematik benutzen würden!“
    LOL – ACK!

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  4. idgie13 schreibt:

    Von Unternehmensberatern halt ich auch nix.

    Da werden bevorzugt geschniegelte Typen genommen, die grad einen Doktortitel sich erschleimt haben, keinerlei Berufserfahrung in der Praxis haben und wollen dann gestandenen langjährigen Firmenmitarbeitern erzählen, wo der Hase lang läuft.

    Ich hab die Typen bei kleinen, mittelständischen und grossen Firmen erlebt. Ausser Spesen nix gewesen. Meist war es danach schlechter als vorher – aber verantwortlich kann man die Heinis ja nicht machen.

    Der grösste Abschuss war mal, als eine Firma aufgrund der tollen Beratung total umorganisiert wurde und nichts mehr funktionierte. Das Konzept eines anderen Beraters ergab dann, dass die vorherige Organisation doch viel besser war. Es wurde re-re-organisiert mit dem Ergebnis „Keine Änderung für sauviel Geld“. Dass jeder Mitarbeiter genau DAS vor der 1. Änderung schon sagte, hat die Herren vom Management 🙄 natürlich nicht interessiert.

    BTW: die Art wie Kaufleute denken, erschliesst sich mir auch nicht. Das gilt allerdings auch für die Adobe-Hirne … B)

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  5. plietschejung schreibt:

    Was spricht dagegen, einen neuen kaufmännischen Leiter einzustellen ?

    Unternehmensberater braucht man nicht wirklich dabei, um ein Unternehmen zu verändern, sondern eher, um sich als GL zu legitimieren.

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  6. DerMaskierte schreibt:

    Wenn ich bedenke, wie viele meine Kommilitonen direkt nach Abschluss zu einer Unternehmensberatung gewechselt sind, dann wird mir schlecht.

    Das ist ja so, als wolle der Papst einem erklären, wie guter Sex funktioniert.

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    • breakpoint schreibt:

      Tja, ohne Praxis nützt die beste Theorie nicht viel.

      Gilt der Papst nicht als unfehlbar? :crazy:

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      • engywuck schreibt:

        der Papst ist (sogar wenn man an sowas glaubt) nur dann unfehlbar, wenn er „ex cathedra“ spricht – also nur in ganz extrem seltenen Fällen, die auch extra so angekündigt werden. Bei Dingen wie „morgen wird’s regnen“ ist er’s (logischerweise) nicht. Aber auch in den allermeisten theologischen Aussagen die er trifft ist er nicht „unfehlbar“.

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        • breakpoint schreibt:

          AFAIK wird der Papst als unfehlbar in Glaubens- und Sittenfragen gehalten.
          Inwieweit jetzt Sex als Sittenthema zählt, will ich gar nicht wissen.

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          • engywuck schreibt:

            genauer: er kann nur dort „ex cathedra“ etwas verkünden („mit höchster Lehrgewalt“). Das heißt aber nicht, dass alles was er in diese Richtung sagt automatisch unfehlbar wäre. Quasi eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.

            Effektiv wird das Instrument kaum eingesetzt und letztlich war deshalb der Streit darüber beim ersten vatikanischen Konzil idiotisch.

            Und dann gibts da noch die „Unfehlbarkeit der Kirche“ der Orthodoxen – nach deren Verständnis sind Einzelpersonen fehlbar, aber Gott lässt nicht zu, dass die ganze Kirche (=also alle zusammen) irrt. Auch nicht notwendigerweise besser…

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  7. mannmitbruesten schreibt:

    Unternehmensberater sind nicht von Natur aus schlecht. Das Problem ist einfach einen Guten zu finden. Leider gibt es kein Prüfsiegel und es sind zu viele Pfeifen unterwegs.
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man die Mitarbeiter motivieren muss immer kritisch zu denken und als Chef muss man konstruktive Kritik annehmen, dann kann man schon viel optimieren im eigenen Betrieb. Wenn schon ein externer Berater tätig werden soll, dann nur mit einem eng umgrenzten Auftrag, damit er nicht mit den üblichen Standards arbeiten kann.

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    • breakpoint schreibt:

      Wir haben ja nur selten einen Berater da. Ich weiß auch gar nicht, wie wir speziell auf diesen gekommen sind.
      Eigentlich läuft das Unternehmen auch gut, ohne dass man viel optimieren könnte – aber das ist nur meine persönliche Meinung als betriebswirtschaftlicher Laie.

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  8. petr schreibt:

    Servus Breakpoint, ich lese seit längerem wieder einmal mit. Meiner Ansicht nach sind Unternehmensberater überflüssig, denn die meisten von denen haben nie ein Unternehmen in der Gesamtheit geführt.

    Bestimmte technische Beratungen (wie du sie ja auch ab und an durchführst, wenn ich mich nicht verlesen habe) mögen hingegen Sinn machen.

    Wenn es eine Frage zur Ausrichtung des Unternehmens an sich gibt bzw. für kaufmännische Entscheidungen glaube ich es ist besser, sich bei anderen (befreundeten) Unternehmern umzuhören.

    Viele Grüsse und angenehme Weihnachtstage.

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    • breakpoint schreibt:

      Hi Petr,
      schön mal wieder von dir zu hören.
      Ich muss gestehen, dass ich selbst nur Laienkenntnisse von BWL habe. Deshalb halte ich mich noch mit dem Lästern zurück.
      Aber ich gehe schon davon aus, dass gerade in der Unternehmensführung Erfahrung ein ganz wesentlicher, unverzichtbarer Aspekt ist.

      Auch dir schöne Feiertage und lg
      Anne

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  9. Petr schreibt:

    Hallo Anne,

    ins Thema BWL kannst du Dich problemlos nebenbei einlesen.

    Die meisten Professoren, die das unterrichten, kennen das Fach nur aus der Theorie, die meisten Konsultanten haben nie eine Firma geführt.

    Jeder Betreiber eines Würstlstandes versteht mehr davon.

    Ergo: Ich glaube es wäre das beste, wenn du deinem Mann dabei zuhörst und ihn zu bestimmten geschäftlichen Entscheidungen befragst.

    Schöne Weihnachtstage abermals.

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    • breakpoint schreibt:

      Naja, ich versuche schon, mich für die Geschäfte zu interessieren – allerdings nicht allzu engagiert. 🙄
      Jetzt steht der Urlaub bevor, was mir erst mal einen Grund zur Prokrastination gibt.

      Have a good time!

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