Achthundertneunundvierzig

Meine ganze Projektplanung muss ich umstoßen.

Einer meiner Mitarbeiter (gerade der, der für die zentralen Module zuständig ist) ist leider erkrankt (AFAIK nichts ernstes und natürlich wünsche ich ihm eine gute Genesung), und ist für mindestens vier Wochen krank geschrieben.
Und dann ist eh schon gleich Weihnachten.

Selbstverständlich hatte ich es so gemanaget, dass für jedes Thema mindestens noch ein anderer Mitarbeiter sich auskennen soll. Aber der Ersatzmann hat natürlich auch seine Aufgaben, mit denen er bereits größtenteils ausgelastet ist.
Ich habe nicht so viele Mitarbeiter, dass da genügend Redundanz wäre, um den Ausfall völlig abzufangen. Ich kann ihn höchstens mindern.

Jetzt muss ich erst mal überlegen, wie ich die Aufgaben am besten neu verteile, dass wir mit dem Projekt einigermaßen gleichmäßig vorankommen, und nicht nur festhängen, weil wir genau auf den Fortschritt warten, den eigentlich der erkrankte Mitarbeiter hätte leisten sollen.

Und weil wir schon beim Thema sind:
Ich habe vor einiger Zeit anderswo einiges an Kritik einstecken müssen, weil ich sagte, dass es umso schwieriger ist, einen Mitarbeiter zu ersetzen, je spezialisierter seine Arbeit ist (eigentlich eine Binsenweisheit). Wenn die Ausfallahrscheinlichkeit einer Gruppe von Bewerbern deutlich größer ist, als die Ausfallwahrscheinlichkeit einer anderen Gruppe, ist es deshalb sinnvoll und vernünftig, Bewerbern aus der zweiten Gruppe den Vorzug zu geben, insbesondere wenn es sich um eine hochspezielle Arbeit handelt.
Da gab es dann Behauptungen wie „bei Großunternehmen gibt es genügend Ersatzleute“ und „bei Klitschen spricht man sich leichter ab“.
Mit Verlaub – das waren Leute, die offenbar überhaupt keine Ahnung hatten, wovon sie sprachen, und die niemals die Verantwortung für ein größeres Projekt hatten, bei dem sie auf die Mitarbeit anderer Personen angewiesen waren.
Es ist ja auch so einfach, sich moralisch zu entrüsten, wenn andere Leute das Problem haben, und man selbst es nicht lösen muss.
Hoffen wir also zum Wohle der potentiell Beschäftigten, dass diese weiterhin niemals der Personalverantwortung solcher Leute unterstellt werden.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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12 Antworten zu Achthundertneunundvierzig

  1. DerMaskierte schreibt:

    Zur moralischen Entrüstung: Die Leute hatten eben nie ausreichend Verantwortung. Man muss nicht selber Unternehmer sein, um nachvollziehen zu können, dass genug kritische Personalausfälle dafür sorgen können, dass eine Schieflage eintritt.

    Und wenn zum dritten Mal für Arbeitsplatz X, der eine Einarbeitungsphase von über 12 Monaten hat, eine Frau schwanger wird, dann ist es nur allzu verständlich, wenn dann Wunschkandidat Nr. 4 männlichen Geschlechts ist und der Auswahlprozess intern so gestaltet wird. Denn es ist für alle Beteiligten unbefriedigend, wenn man auf die Arbeit dieser Personen angewiesen ist, aber ständig jemand neu eingelernt werden muss und Dinge somit länger dauern und Prozesse enorm verzögern, dass es sich sogar im Unternehmensergebnis deutlich sichtbar niederschlägt.

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    • breakpoint schreibt:

      Du verstehst mich!

      Wenn man Risiken vermeiden kann, weil auch andere, mindestens gleichwertige Optionen vorhanden sind, dann sollte man diese Risiken eben auch nicht ohne vernünftigen Grund eingehen.

      Gerade bei langen Einarbeitungszeiten (mir sind Zeiträume bis zu zwei Jahren bekannt, auch wenn das natürlich die Ausahme ist) ist es extrem problematisch, dafür auch noch einen _befristeten_ Ersatz zu finden.

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  2. plietschejung schreibt:

    „Da gab es dann Behauptungen wie „bei Großunternehmen gibt es genügend Ersatzleute“ und „bei Klitschen spricht man sich leichter ab“.“

    Selten so einen Mumpitz gelesen. Diese Leute haben wirklich keine Ahnung.

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  3. ednong schreibt:

    Spezialisten sind nun mal Spezialisten. Sonst wären sie es nicht. Und somit hat nun nicht jeder das Wissen und die entsprechende Erfahrung.

    Rechtlich ist es wohl möglich, für max. 2 Jahre jemanden befristet zu bekommen. Schwierig dürfte es dennoch sein. Und teuer. Andererseits: ich kann die Leute schon verstehen, die Elternzeit nehmen. Wobei ich allerdings denke, dass man es bei vernünftiger finanzieller Förderung und entsprechenden Arbeitsplätzen in beiden Firmen, die Teilzeit bieten, auch möglich sein dürfte, so einen Ausfall abzuschwächen.

    Viel dürfte auch damit zusammenhängen, dass man sich gerne unersetzbar macht. Und dann mit Weitergabe von Wissen zaudert und andere auch gar nicht erst die entsprechenden Fähigkeiten entwickeln läßt. Ist halt alles auch ein bißchen egoistisch. Und dann wäre es natürlich schön, hatte man für jeden Spezialisten eine Redundanz 😉

    So wie ich dich und das Unternehmen einschätze, wird es dir schon gelingen, die Arbeit umzuverteilen und gleichmäßig voranzubringen.

    Captcha paßt wieder: one day more

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    • breakpoint schreibt:

      Es ging mir hier nicht um finanzielle oder juristische Aspekte – das wäre wieder ein Thema für sich – sondern um den planererisch-organisatorischen Aufwand.

      Ja, Spezialisten sind Spezialisten, und lassen sich nicht ohne mehr oder weniger aufwändige und langwierige Einarbeitung austauschen.
      Auch wird wohl jemand, der hochqualifiziert und gut in seinem Metier ist, keinen befristeten Job annehmen, weil er sicher etwas besseres findet.

      „Und dann wäre es natürlich schön, hatte man für jeden Spezialisten eine Redundanz ;)“
      Sicher wäre das schön, aber unbezahlbar.

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  4. Molly schreibt:

    „Wenn die Ausfallahrscheinlichkeit einer Gruppe von Bewerbern deutlich größer ist, als die Ausfallwahrscheinlichkeit einer anderen Gruppe, ist es deshalb sinnvoll und vernünftig, Bewerbern aus der zweiten Gruppe den Vorzug zu geben, insbesondere wenn es sich um eine hochspezielle Arbeit handelt.“

    Jo. So habe ich mal eine Stelle nicht bekommen, wie mir (selbstverständlich inoffiziell!) mitgeteilt wurde: 2 Bewerber waren in der engsten Auswahl: Ein Mann, etwa in meinem Alter, und ich, damals bereits Mutter eines kleinen Kindes. Von den Qualifikationen her waren wior auf ungefähr selb er Höhe. Mal ehrlich: Wenn was mit den Kindern wäre – und da könnte die Fremd- oder Verwandtschaftsbetreuung noch so gut sein! – dann wäre ich weg, würde also ausfallen. Aus meiner Sicht also völlig nachvollziehbar, dass die sich damals nicht für mich entschieden haben.
    Ich mag viele Kompetenzen haben (bzw. habe viele 😉 ), die ich nicht mit einem Zeugnis nachweisen kann, und auch nicht in einem Bewerbungsgespröch; das würde erst die Zeit zeigen. Folglich kann ein Arbeitgeber erstmal nur nach dem entschieden, was sie wissen bzw. aufgrund des Bewerbungsgespräches vermuten können.
    Völlig logisch, völlig nachvollziehbar. Für mich als Mutter noch kleiner Kinder aber auch völlig sch**ße! Mann, was würd ich mich bei einer tollen Stelle reinhängen! Und die Zeit, die ich wahrscheinlich mehr fehlen würde als zB Kinderlose oder ein Mann mit Hausfrau ztu Hause würde ich mehr als wett machen. Das kann aber keiner vorher wissen, die kennen mich ja nicht. *traurigdieSchulternzuck*

    Captcha sagt: „No dice“. Passt. 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Ja, es ist schon so, wie du sagst.

      Am Anfang weiß man nicht viel über den Bewerber, nur die schriftlichen Unterlagen und das Bewerbungsgespräch.
      Dies reicht nicht aus, um den Bewerber als Individuum zu beurteilen. Dazu hat man schlicht zu wenig Informationen.
      Also greift man auf seine Erfahrung zurück und auf Wahrscheinlichkeiten.
      Dass man dabei nicht immer die optimale Entscheidung trifft, ist unvermeidlich. Mais c’est la vie. Schließlich kann niemand in die Zukunft sehen (außer vielleicht ednong mit seiner Kristallkugel).

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