Siebenhundertfünfundzwanzig

Nein, ich kann’s selbst nicht richtig glauben, was mir da vorhin passiert ist.
Wie doof muss man eigentlich sein, um die Frau des Großvaters seiner Tochter anzubaggern? (Nein, weder Mutter noch Stiefmutter noch Schwiegermutter, die Sache ist noch um einiges komplizierter.)
Ich fasse es ja immer noch nicht! Hat Patrick tatsächlich versucht, mir zu nahe zu treten. Ich hatte ihn nicht einmal ermutigt. Das beweist einfach nur pure Dummheit, und dumme Männer habe ich noch nie gemocht (auch wenn ich sonst über temporäre Demenz hinwegsehe, wenn der Blutfluß das Gehirn gerade unterversorgt).
Wenn ihm sein Harem mit Verena und Nathalie nicht ausreicht, soll er sich anderswo umschauen. Aber nicht bei mir. Ich lasse mich da nicht eingliedern.

Es hatte sich so ergeben, dass Patrick und ich am oberen Flur aneinander vorbei mussten. Verena war mit Sophie draußen im Garten, während Carsten kurz weggefahren war, um etwas zu erledigen.
Da dort im Flur gerade eine Engstelle ist, hätte jemand ausweichen müssen. Ich verminderte meine Geschwindigkeit. Hätte er etwas beschleunigt, wäre er leicht vorher durchgekommen. Stattdessen wartete er ab, bis ich gerade an der Engstelle war. Ich konnte nicht mehr ausweichen, und er stand plötzlich sehr nah vor mir. Ehe ich noch eine Bemerkung machen konnte, hatte er bereits seine Hand zwischen meinen Beinen und flüsterte mir ins Ohr: „Ich sehe doch, dass du heiß bist. So wie du immer zu mir schaust.“ (Keine Ahnung, was der sich da eingebidet hat, wahrscheinlich einfach zu sehr von sich selbst überzeugt.)

Ich habe durchaus einiges an Erfahrung, einen Mann abzuwehren (auch wenn ich das normalerweise gar nicht ernsthaft will und meine Erfolge deshalb sonst sehr gering sind), und so schätzte ich blitzschnell meine Chancen ab. Patrick ist ein bisschen größer als ich, schätzungsweise etwa 1.90 Meter, und zwar schlank, aber trotzdem einiges schwerer als ich. Aber meine Fingernägel sind schön spitz und effektiv, und meine Hand inzwischen wieder voll einsatzfähig. Ich erwog auch kurz, mein Knie in seinen Schritt zu rammen. Aber ich hatte einen engen Rock an, der die Wucht gebremst hätte, und vermutlich danach hin gewesen wäre. Außerdem will ich ja auch nicht überreagieren.
So versuchte ich es erst einmal rein verbal: „Ich habe kein Interesse“, sagte ich kalt, „lass mich in Ruh!“
„Du hast es doch nötig“, murmelte er heiser, und rückte noch näher und seine Hand noch ein Stück höher, so dass er bemerkt haben musste, dass ich keinen Slip trug.
OK, er wollte es nicht anders. Mit weitausholender Bewegung zog ich ihm meine Fingernägel quer über das Gesicht.
„Au! Verdammt!“ (plus ein Ausdruck, den ich hier nicht wiedergeben möchte), er hielt sich die Backe, wich dabei aber so weit zurück, dass ich an ihm vorbei schlüpfen konnte.

Es ist nicht so, dass ich jetzt moralisch entrüstet wäre.
Eigentlich belegt ein Mann dadurch guten Geschmack und Courage, was ihn schon teilweise qualifiziert.
Wäre ich nicht exklusiv gebunden, wäre ich vermutlich auf seine Annäherung eingegangen, nach einer längeren CUV-Phase sogar ganz bestimmt.
Was mich aber so verwundert – und abstößt – ist, dass er genau wusste, dass ich mit dem Vater der Mutter seiner jüngsten Tochter zusammen bin, und trotzdem einen Versuch gestartet hat (zumal er selbst doppelt gebunden ist).

Ich glaube, ich komme nicht darum herum, Carsten davon zu erzählen, obwohl ich am liebsten gar kein Aufhebens darum machen würde.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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23 Antworten zu Siebenhundertfünfundzwanzig

  1. idgie13 schreibt:

    Was für ein Idiot.

    Es würde mich wundern, wenn Carsten ihm kein Hausverbot erteilt.

    Die Art der Anmache würde mich abstossen. Ich mag nicht so plump angefasst werden. Schon gar nicht, nachdem das verbal mitgeteilt wurde.

    Für mich könnte kein Mann der Welt so toll sein, dass ich bereit wäre, ihn zu teilen.

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  2. aliasnimue schreibt:

    Oh, sehr cool reagiert.
    Übrigens, ist die Reihenfolge so wohl am besten:
    mit der Faust (Daumen draussen lassen) voll auf den Kehlkopf oder die Nase, damit rechnen Männer bei Frauen nicht, dann das Knie in den Schritt und auf jeden Fall nochmal, wenn er am Boden liegt. Dann wegrennen.
    Hab ich so von einem Kampfsportler gelernt.
    Was auch funktioniert ist den Daumen mit den Fingern umschließen und zum Handrücken drücken. Türsteherkniff 😉

    Das ist eine ganz blöde Situation. Er wird es abstreiten, Verena ihm glauben und Dich dafür hassen. Ich hoffe man sieht die Kratzer deutlich. Bin mal gespannt wie er das erklären will.

    Was hasse ich solche Typen abgrundtief.
    Ich verliere selten meine Contenance. Aber bei so etwas sehe ich nur noch rot.

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  3. gammler67 schreibt:

    was du so alles erlebst…

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  4. Uschi-DWT schreibt:

    Da bin ich richtig Sprachlos… innerhalb der Familie egal wie weitläufig ist das doch wohl ein No go und durch nichts entschuldbar.

    Ich würde es an deiner Stelle auf jeden Fall deinem Mann erzählen.

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  5. Lehrerin schreibt:

    Wenn ich mich bemühe, in Patricks Haut zu schlüpfen, dann sieht es ein wenig so aus:
    Entgegen der gesellschaftlichen Akzeptanz, Dreiecksbeziehungen möglichst zu vermeiden und falls sie doch passieren, schnell zu klären, gerät er jetzt in eine Familie, die ihm andere Werte vermittelt.
    Auch in seiner Frau-Frau-Kinder- Mann -Konstellation wurde er von euch aufgenommen.
    Du und dein Mann seid ein ungewöhnliches Paar, was den Altersunterschied und die Finanzen betrifft.
    Also sieht er folgende Signale:
    – du hast dich aufgrund deines Alters und Schönheit für Geld an einen wesentlich älteren Mann gebunden.
    – so richtig etwas gegen seine Mehrfachbeziehungen hat von euch auch niemand.
    – ältere Männer können nicht so oft und deshalb lässt sich ein gewisses Defizit deinerseits vermuten
    – in einem von 100 Fällen klappt seine Masche. Also heißt „Dranbleiben“ seine Devise.

    Wenn er schon in deinen „Blick“ hineininterpretiert hat, dass du scharf auf ihn bist, dann wird er deine Kratzer erregend und total süß finden. Und somit eine Aufforderung für ihn, genauso weiter zu machen.

    Und ja, seine Tochter wird dich hassen. Erstens mag sie es sowieso nicht, dass dein Mann eine neue Partnerin hat (unabhängig von dir)
    Außerdem mag sie es nicht, dass dein Mann sich keinen besorgten Muttertyp mit Käsekuchenvarianten ausgesucht hat.
    Und der wichtigste Grund ist: sie kann Patrick gar nicht die Schuld geben. Sonst hätte sie niemals sein Verhältnis mit einer anderen Frau geduldet.

    Der Typ versteht nur eine klare Ansage: nicht hier, nicht in meinem Haus, nicht mit meiner Frau und auch nicht mit meiner Tochter. Eine friedliche Lösung gibt es meines Erachtens nicht.

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    • breakpoint schreibt:

      Danke für deine ausführliche Analyse.
      Da waren noch einigfe Aspekte dabei, die mir zumindest nicht richtig bewusst waren.

      Carsten war natürlich alles andere als erfreut, als sich Verena von einem Familienvater hat schwängern lassen.
      Aber was hätte er machen können? Sie ist volljährig.
      Wir sind auch keine Moralapostel. Jeder muss das mit sich selbst ausmachen.
      Deshalb hat er Patrick’s Anwesenheit halt toleriert.

      Meine Blicke (wenn überhaupt) auf Patrick waren völlig neutral.
      Ich habe ja kaum mal ein Wort mit ihm gewechselt, und wenn, dann waren Carsten oder Verena dabei.

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  6. Leser schreibt:

    Wow, das ist krass. Ich bin gespannt, wie Carsten darauf reagiert. Und irgendwie sollte sich das doch auch so klarstellen lassen, dass seine Tochter sieht, was sie sich da für einen widerlichen Typen aufgehalst hat. Fände ich jedenfalls die beste Lösung, auch wenn es sicherlich schwierig wird, schon weil Du solche Konfrontationen nicht magst, aber eine „Szene“ gegen Patrick in Anwesenheit von Verena wäre halt wohl das, was dem Kriegsschauplatz bzw. Deinen Interessen in diesem Familienkrieg am zuträglichsten wäre.

    Pazifistische Grüße!

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  7. breakpoint schreibt:

    Diese Konfrontation ließ sich nicht vermeiden.

    „widerlichen Typen“
    Patrick scheint es gewohnt zu sein, dass er gut bei Frauen ankommt.
    Sonst könnte er nicht sowohl Nathalie als auch Verena halten.

    Aber ich habe an ihm keinen Bedarf.

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  8. ednong schreibt:

    Ob der Konstellation – was für ein Idiot.

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  9. breakpoint schreibt:

    SiebenhundertdreiundachtzigIch war nicht gerade erfreut, als mich Sonja anrief, um sich mit mir für ein paar Tage später zu verabreden, hatte aber auch keine ernsthaften Einwände.
    Also traf ich sie gestern in einem Café. Carsten hatte die Verabredung nur stirnrunzelnd zur Kennt…

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  10. breakpoint schreibt:

    NeunhunderteinundvierzigHm, ich weiß gar nicht, wie ich beginnen soll ..
    Vor einigen Wochen hatte ich Nathalie’s Anruf bei mir erwähnt, mit dem ich nichts anfangen konnte.
    Kürzlich hat sie Carsten telefonisch erreicht, und offenbar konnte sie sich diesmal verständlicher aus…

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