Vierhundertdreiundsiebzig

Etliche Bewerber für die vakante CIO-Stelle haben wir jetzt schon in einem Verstellungsgespräch erlebt.
Leider war bisher keiner dabei, den wir als wirklich passend und gut geeignet wahrgenommen hätten. Bei einigen konnte ich zwar in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine ausschlaggebenden fachlichen Schwächen feststellen, dafür passten sie von ihrem ganzen Gehabe nicht in das Umfeld hier.
Einige andere waren eindeutig fachliche Nieten.
Die Schnittmenge aus beiden Gruppen war gar nicht mal so klein.
Obwohl es keinen wirklich überzeugenden Kandidaten gegeben hatte, gab es denn doch ein oder zwei, die bei sehr wohlwollender Betrachtungsweise vielleicht nicht völlig ungeeignet wären.

Weshalb sich jetzt die Frage stellt: Weiterhin abwarten und nach einem besseren Kandidaten suchen? Oder sich mit zweiter Wahl begnügen?
In jedem Fall kommt wohl auch noch eine längere Wartephase hinzu. Denn solche Bewerber in ungekündigter Position haben normalerweise mindestens ein Vierteljahr, häufiger sogar ein halbes Jahr Kündigungsfrist. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich diese Zeitdauer noch überbrücken muss.

Bei einer begrenzten, festen Anzahl von Bewerbern gibt es sogar eine mathematische Lösung für unser Dilemma:
Die ersten etwa 40 Prozent (also ein e-tel) der Bewerber abwarten, und danach den ersten, der besser ist als alle vorhergehenden, nehmen.
Aber die Anzahl ist bei diesem Problem ja unbeschränkt. Die Agentur schickt uns immer wieder neue Kandidaten, solange wir das wollen.

Carsten sieht noch eine dritte Option: Wir geben die Suche auf, und ich übernehme die Position auf Dauer.
Aber erstens habe ich keine Lust dazu. Und zweitens bezweifle ich, dass wir uns bei den finanziellen Aspekten einigen könnten.
Nee, mir macht es keinen Spaß, mich darum zu kümmern, dass eine dreistellige Anzahl von Rechnern, einschließlich Betriebssystemen und Anwendungen stets betriebsbereit sind, dass alle Server ordnungsgemäß laufen, dass das Netzwerk passt, uns so weiter. Zwar mache ich all das normalerweise nicht selber, sondern delegiere geeignete Mitarbeiter, aber ich bin dafür verantwortlich, dass alles glatt läuft.
Einige Software-Upgrades sind allmählich dringend fällig, und auch die Umstellung auf IPv6 kann ich nicht ewig hinausschieben. Das soll das erste größere Projekt sein, das ich dem zukünftigen CIO überlasse (natürlich kriegt er vorher Zeit, sich hier einzuarbeiten).
Und Themen wie Urlaubsplanung oder Mitarbeiterfortbildung sind jetzt auch nicht so toll. Da gehe ich wirklich lieber auf Käferjagd.

Wenigstens habe ich meine eigenen Kundenaufträge bereits weitestgehend abgeschlossen, so dass ich mich in den nächsten Tagen darum kaum kümmern muss, und mich auf andere Aufgaben und Erledigungen konzentrieren kann.
Ich hoffe mal, dass in den zwei Wochen meiner Abwesenheit nichts wirklich dringendes und wichtiges in der Firma aufläuft. Viele Mitarbeiter sind dann ebenfalls in Urlaub, und es sollte schon ruhiger zugehen. Einen meiner Mitarbeiter habe ich mit meiner Vertretung betraut, was darauf hinausläuft, dass er mir falls nötig eine Mail schickt. Einmal täglich werde ich nach Mails schauen, und mich ggf. darum kümmern.

Carsten wird das ganz genau so halten. Er verlässt sich darauf, dass sein Assistent – nach nur zwei Monaten Betriebszugehörigkeit – den Laden dann zusammen mit dem kaufmännischen Leiter (Carsten’s offizieller Stellvertreter) schmeißt, bzw. ihn von wichtigen Vorgängen per Mail informiert, so dass er nötigenfalls eingreifen kann.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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21 Antworten zu Vierhundertdreiundsiebzig

  1. Delicatus schreibt:

    Wenn Du keine Lust hast den Job zu machen, dann lass es. Ich wollte auch nicht mit meiner Frau zusammen arbeiten.

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  2. Murgs schreibt:

    Leider allzu bekannte Probleme.
    Da ich durch meinen Urlaub und einige familienbedingte Zusatzarbeiten kaum Zeit habe schnell die Grobanalyse:
    – Weitersuchen, denn eine schlechte Lösung ist gar keine.
    – Jemand der 2. Wahl und nicht entwicklungsfähig ist, geht wieder. Damit startet ihr wieder mit der Suche UND der Mist muss hinter ihm aufgeräumt werden – von DIR!
    – Carstens Idee: Es läuft doch darauf hinaus, dass Du in den Betrieb hineinwächst. De facto wirst Du Back-Up-Geschäftsführerin, das ist schließlich ein inhabergeführtes (=Familien-) Unternehmen. Die Führung einer Abteilung ist da recht zweischneidig – zumal es Dir keinen Spass macht – also auch nur Verlängerung der Zwischenlösung.

    Atme kurz durch und stürze Dich erst noch in die Arbeit – im Urlaub ist eine Notfall-Telefonnummer und ansonsten Email-Kontakt mehr als ausreichend.
    Ich habe da schon Erfahrung.

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    • breakpoint schreibt:

      Danke für deine Einschätzung.

      Du hast wohl recht, dass ein Zweite-Wahl-Kandidat keine Dauerlösung wäre. Also weitersuchen. Das kann dauern.
      Nächste Woche haben wir noch mal einen Bewerber. Mal schauen. Dann muss die Suche erst mal pausiert werden.

      Als Backup mag ich mich eigentlich nicht sehen. Aber es wird langfristig vermutlich darauf hinauslaufen.

      Eine Telefonnummer werden wir nicht herausgeben. Wir wollen ungestört sein.
      So dringend kann praktisch nichts sein, als dass es nicht genügt, wenn wir einmal am Tag Mails checken und ggf. reagieren.

      Bei deiner Suche gibt es wohl auch keine Fortschritte?

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      • Murgs schreibt:

        Zweite Wahl-Kandidaten sind nur akzeptabel, wenn sie entwicklungsfähig sind, aber die Einarbeitung kostet dann Energie.

        Wie war das: Hinter jedem großen Mann steht eine starke Frau?

        Meine Angestellten wagen es nicht uns anzurufen. 😉

        Bei uns hat die nächste Kandidatin sich nicht gemeldet 😦

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        • breakpoint schreibt:

          Also, Ambitionen „hinter“ ihm zu stehen, habe ich eigentlich nicht. 😉

          Die Mitarbeiter hier würden sich wohl auch nicht trauen, anzurufen.
          Allerdings könnte es ein paar skrupellose Kunden geben. Man weiß ja nie.
          So sind wir einfach telefonisch nicht erreichbar.

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  3. ednong schreibt:

    Zweite Wahl halte ich auch für ungeeignet bei dieser Stelle. Der Kandidat sollte schon drauf passen. Sonst habt ihr, wie schon beschrieben, doppelten Ärger. Also bleibt nur weitersuchen – vielleicht auf anderen Wegen oder mit anderen Mitteln.

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    • breakpoint schreibt:

      Und welche „anderen Wege“ oder „andere Mittel“ schlägst du vor?

      Sonst haben wir die Suche über Zeitungs- und Onlineanzeigen betrieben.
      Aber das impliziert, dass jemand viel Zeit mit Aufsetzen der Anzeigen, Durchsicht der Bewerbungen, etc. aufbringen muss.
      Wer sollte das machen?
      * Carsten – keine Zeit.
      * Personalabteilung – laut Chef „keine fachliche Kompetenz“.
      * Ich – äh .. darf ja nicht mehr.

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      • ednong schreibt:

        Man bekommt immer das, was man bezahlt. Oder auch soviel, wie man hineininvestiert.

        Habt ihr keine Zeit dafür, muß es jemand anderes aufbringen. Und ob die fachlich besser geeignet sind, wage ich zu bezweifeln.

        Und „keine Zeit“ ist ein schlechtes Argument.

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        • breakpoint schreibt:

          Na, die Zeit bringt die beauftragte Agentur auf. Die sind schon geeignet, und BTW nicht gerade billig.

          „Keine Zeit“ ist durchaus ein Argument.
          Schließlich opfere ich meine Unabhängigkeit, damit der Chef weniger arbeitet.

          „Andere Mittel oder Wege“ hast du mir jetzt auch nicht vorgeschlagen.

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  4. DerMaskierte schreibt:

    Für 250k p.a. arrangiere ich eine Mitarbeiterüberlassung meiner Person und ihr könnt dann so lange suchen bis ihr den Traumkandidaten habt.

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    • breakpoint schreibt:

      Bist du dir ganz sicher?
      Bei diesem großzügigen Angebot müsstest du ja vier Jahre lang warten, bis du die Million brutto zusammen hättest.

      Du kannst deine Bewerbungsunterlagen ja mal an die Nomen-Non-Nominandum GmbH schicken.

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      • DerMaskierte schreibt:

        Ich mich bewerben? Bin ich gar nicht mehr gewöhnt. Üblicherweise ruft man mich an und fragt mich, ob ich den Job machen will. 😉

        Und der günstige Preis kommt daher, dass ich dort hoffentlich keine Kunden mehr am Ohr habe. Könnte mal für paar Monate echt Abstand zu denen gebrauchen und einfach gemütlich Projekte durchziehen.

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        • breakpoint schreibt:

          Da sehe ich – unter anderem – das Problem, dass ich dich zu absolutem Stillschweigen verpflichten müsste, über das, was du in diesem Job erlebst.
          Du dürftest also eventuelle Erlebnisse nicht in deinem Blog verwerten.
          Nein – das kann ich nicht verantworten und deinen Lesern antun.

          Ruhig ist der Job auch nicht immer.
          Wenn mir das nicht sofort wieder anders ausgelegt würde, würde ich sagen, dass es zu gewissen Stoßzeiten schon recht hektisch und turbulent werden kann.

          Tatsächlich hättest du zwar nur wenig mit Kunden zu tun, würdest allerdings auch nicht zum Steakessen eingeladen. 😦
          Das würde dir auf Dauer nicht gefallen.

          Letztendlich habe ich das auch gar nicht zu bestimmen.

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          • DerMaskierte schreibt:

            Was das Stillschweigen angeht, da brauchst dir keine Gedanken machen. Ich habe es schon geschafft, dass meine Kollegen eine meiner Beiträge gelesen haben, in denen ich etwas berichtet habe, was mit ihnen vorgefallen ist, und sie sich nicht wiedererkannt haben. Ich nehme ja jegliche Anlässe nur zur Inspiration und lasse auch genug künstlerische Freiheit walten.

            Und ruhig wird der Job sein, auf jeden Fall ruhiger als mein jetziger. Im Moment beginne ich meine Wohnung wie ein Hotelzimmer einzurichten, weil ich mehr in Hotels übernachte als Zuhause. Und Steak kann ich mir auch selber fabrizieren oder mich selbst ins Restaurant einladen. Ist ja nicht so, dass ich der Brötchensponsor GmbH auf ewig den Rücken zukehren will. Aber so 12-24 Monate „Projekt kommissarischer CIO“ käme ich sehr gut mit klar.

            Außerdem war ich jetzt schon mindestens ein Jahr nicht mehr in eurer Nähe und hab dort zufälligerweise einige Bekanntschaften und Freunde rumspringen. 😀

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            • breakpoint schreibt:

              1. suchen wir keinen CIO auf begrenzte Zeit, sondern langfristig (dass das trotzdem schiefgehen kann, hat man ja gesehen :/ ). Eine Interims-Lösung haben wir nämlich schon (mich).

              2. sind meine Möglichkeiten, eine Einstellung zu beeinflussen, begrenzt (in diesem Fall sogar sehr).

              3. – und das solltest du als Stammleser bereits früher mitgekriegt haben – lehne ich es ab, Leser dieses Blogs in meinem persönlichen oder beruflichen Umfeld einzubinden.

              4. würdest du sicherlich den Häuptling etc. vermissen. Und er dich ganz bestimmt.

              5. müsste die Lücke, die du bei der Brötchensponsor GmbH hinterlässt, auch gestopft werden (aber das ist nicht mein Problem).

              6. sind deine Gehaltsvorstellungen nicht innerhalb des akzeptablen Bereichs.

              7. gibt es hier zwar Wohnungen und Hotelzimmer, es ist aber schon eine Herausforderung, eine adäquate zu finden.

              Falls dich das alles nicht überzeugt, kannst du dir ja mal ein Konzept überlegen, wie du dir das Vorgehen bei der Portierung auf IPv6 vorstellen würdest, und mir das Ergebnis deiner Überlegungen schriftlich zukommen lassen.
              Ich bin gespannt.

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            • DerMaskierte schreibt:

              Meine Absichten waren nie wirklich ernsthaft. Bin sehr zufrieden dort, wo ich gerade bin. Auch wenn ich im Moment nix gegen einen 10-wöchigen Urlaub einzuwenden hätte. 😀

              Auf das Konzept von mir wirst du also leider ewig warten müssen.

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            • breakpoint schreibt:

              Das habe ich mir doch gedacht. 😀
              Aber du warst schon sehr hartnäckig.
              Vielleicht hätte ich dich einfach zu einem Vorstellungsgespräch einladen sollen. Nächsten Mittwoch. :))

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