Dreihundertsechzig

Unser Verhältnis ist noch etwas fragil, aber ich kann kaum in Worte fassen, wie erleichtert und froh ich bin, dass wir doch wieder zusammengefunden haben.

Rückblickend waren diese zweieinhalb Monate der Trennung die traurigste Zeit in meinem Leben. OK, es gab früher schon mal die eine oder andere Flaute, hin und wieder einen Tag voller Pech, aber niemals vorher gab es eine derart lange Zeitspanne, die einfach nur leer und freudlos war.
Ich wollte mir das nicht so recht eingestehen, und es wurmte mich auch, dass er sich die ganze Zeit nie gemeldet hat. Wenn ich damals die Dezemberrechnung wie gewohnt erst Anfang Januar verschickt, und nicht schon wenige Tage später, wäre er wahrscheinlich wieder früher zu mir zurück gekommen. Aber so lieferte diese Rechnung für ihn die letzte Bestätigung, dass ich mit ihm abgeschlossen hätte und jeder Versuch zwecklos wäre.

Nach unserer Trennung damals war ich ja die ersten paar Tage nur sauer auf ihn gewesen, aber nach und nach vermisste ich ihn immer mehr. Der Eintrag, in dem ich unsere Trennung begründete, entstand aus dem Ärger heraus, und ist alles andere als objektiv. Deshalb ist er viel zu negativ geraten, obwohl alles stimmt!
Es stimmt, dass Carsten immer alles bestimmen wollte, und versuchte, mich zu kommandieren und zu kontrollieren. Aber es machte mir Spaß, Schlupflöcher zu finden, um das zu umgehen. Und wenn mir dies – meistens – gelang, war niemand darüber mehr amüsiert als Carsten selbst.
Er hat, denke ich, jetzt eingesehen, dass er mich nicht so behandeln kann, als wäre ich sein Eigentum.
Es stimmt, dass er viel zu viel arbeitete. Ich kann nur hoffen, dass er das wirklich in Zukunft einschränken will. Ich glaube ihm jetzt, dass er es damit ernst meint, und ich werde ihn dahingehend nach besten Kräften unterstützen.
Es stimmt, dass er mich mit seinem Geld bedrängte. Aber vielleicht habe ich das auch ein bisschen zu eng gesehen. Er wollte mir ja eigentlich nur Gutes damit tun. Und es ist auch sein eigenes, selbst erarbeitetes Geld. Er ist sonst niemandem verpflichtet und muss keine Rechenschaft ablegen, sondern kann damit machen, was immer er will – z.B. auch für mich ausgeben. Ich werde mich bemühen, da in Zukunft etwas entspannter zu sein.
Es stimmt, dass er mich mit dem Thema Nachwuchs nervte. Er wird einsehen müssen, dass ich dafür nicht zur Verfügung stehe. Da bin ich kompromisslos.
Ich habe ihn als „eiskalten und skrupellosen Geschäftsmann“ bezeichnet. Es stimmt auch, dass er das ist, auch wenn die Formulierung schon recht hart und überspitzt war.
Aber er muss mit harten Bandagen kämpfen, um geschäftlichen Erfolg zu haben. Und außerdem haben wir gerade deshalb so gut zusammengepasst.
Dass wir phänomenalen Sex zusammen hatten, stimmt auch. Kein anderer Mann passt so perfekt zu mir.
Wer hier regelmäßig liest, weiß, dass ich mich sehr mit Superlativen und Übertreibungen zurückhalte.
Aber mit Carsten war jedes Mal ein tolles Erlebnis, ganz egal, ob es nur ein Quickie war, oder wir uns mehr Zeit ließen.

Anderen Männern gegenüber sollte ich mich zukünftig vielleicht wirklich etwas mehr zurückhalten, zumal ich kein ernsthaftes Interesse mehr an ihnen habe.
Carsten muss aber auch erkennen, dass ein kleiner, harmloser Flirt für ihn keine Bedrohung darstellt.

Wenn ich bedenke, wieviel Zeit wir verschwendet haben!
Welchen Aufwand ich zwischenzeitlich für ein paar unbedeutende Treffen hatte, die dann doch höchstens zu enttäuschendem bis mittelmäßigem Sex führten!
Nein, ich habe nicht die Absicht, Carsten wieder gehen zu lassen! Selbst wenn ich ihn nicht wirklich brauche, ist es doch schöner, ihn in meinem Leben zu haben.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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17 Antworten zu Dreihundertsechzig

  1. Betriebswirt ZRH schreibt:

    … ui ui ui…
    Die Lady, nun ist die Welt rosa… , ich hoffe von Herzen es bleibt so und ein „aber“ schreibe ich schon gar nicht…

    Erfreue uns weiterhin mit dem Blog und die Welt ist dann auch rosa für uns 🙂

    LG

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  2. Moody schreibt:

    Also Du musst Dich ja nicht vor uns rechtfertigen. Ich weiß selbst, in welchen Extremen man bei solchen Trennungen legt und reagiert, daher überrascht es mich nicht wirklich, dass Du ihn wieder zueinander gefunden habt, obwohl es damals so unvorstellbar war.

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  3. idgie13 schreibt:

    *schluchz* … 😉

    Ich freue mich sehr mit Dir!

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  4. ednong schreibt:

    Irgendwie freut es mich, richtig gedacht und abgeschätzt zu haben. Obwohl: dass es sich so schnell wieder einrenkt, hätte ich dann doch nicht gedacht.

    Wenn du auf der HMI (Hannover-Messe) sein solltest, würd ich mich freuen 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Naja, so schnell war’s auch wieder nicht. Hättest du erwartet, dass sich das wochen- oder monatelang hinzieht?

      Ich habe erst mal geschaut, wann die Hannover Messe genau ist.
      Das Leitthema „Integrated Industry“ reizt mich eigentlich gar nicht.

      Mit deinem anderen Kommentar hast du natürlich schlicht und einfach recht. Man sollte nichts, das einem etwas bedeutet, für selbstverständlich halten.

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  5. ednong schreibt:

    Und ein alter Spruch fällt mir auch noch ein:
    Wie wertvoll manches Ding ist, merkt man erst, wenn es fehlt.

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  6. Murgs schreibt:

    Erst am Ende der Krise merkt man, daß am Anfang viel mehr Substanz vorhanden war, als man dachte.
    „Wenn ich bedenke, wieviel Zeit wir verschwendet haben!“
    Im Rückblick ist das klar, aber einmal lernt man schneller, ein anderes Mal langsamer: Entscheidend ist, daß man dazulernt.
    Ich hoffe Ihr lernt für beide Seiten tragbare Kompromisse zu schließen und das braucht teilweise auch viel Zeit und funktioniert nur mit Einsicht in die Gefühlswelt des anderen.

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  7. Murgs schreibt:

    Hoppla, das Thema hätte ich beinahe übersehen, obwohl ich es indirekt schon angesprochen habe.
    „Es stimmt, dass er mich mit dem Thema Nachwuchs nervte. Er wird einsehen müssen, dass ich dafür nicht zur Verfügung stehe. Da bin ich kompromisslos.“
    Bitte glaub mir, daß Du auch da mit ihm einen Weg finden mußt. Ich verstehe, daß es für Dich für einen Kompromiss noch zu früh ist. Bremse meinetwegen das Thema aus – es braucht Zeit, aber schlag keine Pflöcke ein, die bei Carsten ein Gefühl der Bitterkeit hinterlassen werden.
    Sollte er sich vorerst doch geschlagen geben, es ist kein Sieg, es ist vielmehr der erste Schritt zu einem schweren Verlust an emotionaler Nähe.

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  8. Pingback: breakpoint’s Wayback Archive #1C //1750 | breakpoint

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