Dreihundertvierundvierzig

Natürlich ist Kathrin neugierig und ließ es nicht auf sich beruhen, sondern rief mich gestern noch an.
Ich erzählte ihr also, dass ich am Vortag zwar noch mit Olli gegessen hatte, dass wir aber danach getrennt gegangen seien.

„Und, trefft ihr euch wieder?“
„Höchstens per Zufall, geplant zumindest nicht.“
„Aber warum nicht? Er würde doch so gut zu dir passen!“
„Da bin ich anderer Ansicht.“ So was von anderer Ansicht!
„Willst du es nicht noch mal versuchen? Ich könnte noch ein Treffen arrangieren.“
„Nein danke. Du hast schon ein Treffen zu viel arrangiert.“
„Vielleicht mit einem anderen Mann? Ich muss mal überlegen, wer da noch in Frage käme.“
„Nein, bestimmt nicht Kathrin. Lass es einfach!“
„Ach, jeder Mann wäre besser als dein letzter Freund! Weißt du was er letzte Woche gemacht hat ..“

Es folgte eine ausführliche Schilderung ihrer Probleme mit ihrem Chef. Das hatte sie mir am Samstag alles schon mindestens dreimal erzählt, und jetzt blogge ich zumindest eine Kurzfassung. Dass er sie immer mit ihrem Ehenamen anspricht (sie hat aus ihrer Ehe einen Doppelnamen, lebt aber jetzt getrennt), obwohl sie ihn wiederholt gebeten hatte, ihren Geburtsnamen zu benutzen. Ich enthielt mich zum soundsovielten Mal eines Kommentars.
Und dass er nicht begeistert ist, wenn sie zum wiederholten Mal Kundendaten verwechselt, wundert mich nicht.

Ich sagte ihr, dass er wohl schon seine Gründe haben wird, und ich nie mehr über ihn sprechen möchte.
„Ach, entschuldige! Ich vergesse immer wieder, was er dir alles angetan hat.“
„Was hat er mir denn angetan?“, fragte ich etwas perplex zurück.
„Naja, so wie du Angst vor ihm hattest, als ich ihm gesagt hatte, dass die IT-Mitarbeiter dich immer belästigen ..“

Ihre Wahrnehmung war dermaßen verzerrt, dass es wohl sinnlos gewesen wäre, das klarzustellen. Sie hätte mir eh nicht geglaubt.
Stattdessen versuchte ich das Gespräch zu beenden, oder zumindest das Thema zu wechseln: „Tut mir leid, ich muss auflegen. Ich habe noch viel zu arbeiten.“
„Heute am Sonntag?“
„Das ist das Los der Selbständigen. Und schließlich hatte ich erst gestern einen unproduktiven Tag.“
„Ach, du Arme. Such dir am besten einen netten Mann und heirate. Dann brauchst du nicht mehr zu arbeiten.“
Ich knallte den Hörer auf das Telefon. Auch meine Geduld hat ihre Grenzen.

Über Anne Nühm (breakpoint)

Die Programmierschlampe.
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21 Antworten zu Dreihundertvierundvierzig

  1. Magnolia14 schreibt:

    Netter Tipp am Ende *grins*

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  2. gelöschter User schreibt:

    Naja, ich glaube, du kannst sicher am besten
    entscheiden, wer zu dir passt, und wer nicht!!

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  3. ednong schreibt:

    Oh man,
    sie dehnt das Gummiband der Toleranz ja schon ganz schön …

    Ich glaube, bei mir wäre es da wohl schon am reißen.

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  4. Baerlinerin schreibt:

    Ui, ui, ui. Stress, den frau nicht braucht! Nicht das Shoppen. Ich liiiebe Shoppen. Aber ich habe zum Glück alle Kathrins aus meinem Leben verbannt. 😉 Waren mir zu nervig und zu zeitintensiv. Und ich wiederhole mich auch so ungern… *hihi* Ach ja, und nochmal zum Tag zuvor: Du hast nicht ernsthaft in Betracht gezogen, mit einem Mann einen ONS zu haben, der dir seine DVD-Sammlung zeigen will?!?! Sei bloß froh, dass du DEN los bist. 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Früher war Kathrin ja nicht so nervig. Aber derzeit .. 😦

      Die DVD-Sammlung alleine war nicht das Killerargument. Bei einem reinen ONS (ohne Option auf Wiederholung) wäre mir das ziemlich egal gewesen.
      Der Typ war einfach von vornherein nicht mein Fall.

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  5. House-of-mystery schreibt:

    Na ja, schlechter Tip, schlechte Einstellung ! Nur wenn man frei ist, kann man unabhängig lieben ! 🙂

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  6. engywuck schreibt:

    „Such dir am besten einen netten Mann und heirate. Dann brauchst du nicht mehr zu arbeiten.“

    sagt ausgerechnet eine Frau, die selber arbeitet. Sollte wohl ihre eigenen Ratschläge befolgen.

    Wobei… ist hier eigentlich sexistischer, dass frau nach der Heirat nicht arbeiten soll oder dass nur Männer „nett“ sein können, bei denen frau es sich leisten kann, nach der Hochzeit nicht mehr zu arbeiten?

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    • breakpoint schreibt:

      Die Ironie geht noch ein bisschen weiter.
      Kathrin arbeitet ja nur, weil sie von ihrem Mann getrennt lebt. Vor der Trennung hatte sie das nicht nötig.

      PS: Dein Kommentar war übrigens der 1000. dieses Blogs.
      Ich proste dir virtuell zu! 😀

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  7. Verbalkanone schreibt:

    Also, wie man so wenig Feingefühl haben kann, das schockiert mich wirklich tief. Meiner Meinung nach sagt keine wirklich enge Freundin so etwas. :no:

    Okay, dein Eintrag ist schon aus dem Februar diesen Jahres, dennoch kann ich dir nur raten, erst einmal zur Ruhe zu kommen, dich selbst zu finden. Und dann kannst du auch über eine neue Beziehung nachdenken, wenn du das überhaupt willst …

    Lass es ruhig angehen, aber ich denke, das hast du eh vor, oder? 😉

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    • breakpoint schreibt:

      Wie du selbst festgestellt hast, liegt dieser Eintrag schon eine Weile zurück. Mit diesem zeitlichen Abstand kann ich ja (fast) über Kathrin’s Bewerkung schmunzeln.

      Mittlerweile bin ich mit ihrem Chef verheiratet, und sie hat gerade angefangen, dies einigermaßen zu akzeptieren.

      Ihre Prognose „nicht mehr arbeiten“ wurde überhaupt nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil.

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      • Verbalkanone schreibt:

        Manchmal hilft zeitlicher Abstand, um eine Situation klarer zu sehen … und emotional bist du jetzt natürlich auch nicht mehr so involviert.

        Sorry, … aber was diese Frau von sich gegeben hat, ist wirklich strunzdumm.

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